Vom Etui zum Walk-in-Humidor – eine Orientierungshilfe durch die gängigen Humidorkonzepte. Hier beleuchten wir das Konzept des Schrankhumidors.
Recht beliebt und verbreitet sind kleine Schränkchen mit drei bis sieben Schüben. Leider sind diese bis auf wenige Ausnahmen nicht geeignet, eine gleichmäßige Luftfeuchte zu erreichen. Die Schubladen sind meist so tief wie der Humidor selbst. Oft sind in den Bodenplatten der Schübe nur wenige Langlöcher, die von den Zigarren vollkommen abgedeckt werden. Aufgrund dieser Bauweise kann die Luft nicht zirkulieren.
Um einen Humidor dieser Bauart zu befeuchten, müsste man in jede Schublade einen stabförmigen Befeuchter einsetzen.
Wer glaubt, derlei konstruktive Missgriffe nur bei billigen Importhumidoren aus Asien zu finden, der irrt, wie dieses wunderschöne Schweizer Humidormöbel zeigt.
Öffnet man die Türen, erblickt man Schubladen, die ohne Abstand aufeinandergesetzt sind, in den Böden je drei Mini-Löcher.
Das Befeuchtungssystem ist so groß wie die gesamte Grundfläche und sitzt unterhalb der untersten Lade. Das Ergebnis: Die Zigarren in der untersten Schublade sind zum Auswringen nass, die Zigarren in der obersten Lade knistern vor Trockenheit. In solch einem Konstrukt kann man Schmuck lagern, aber nicht Zigarren.
Verbesserungsmöglichkeit für Schubladenschränke
Wenn Sie den Kauf eines Schubladenschränkchens in Erwägung ziehen, so achten Sie darauf, dass möglichst viel Raum zwischen Schublade und Rückwand verbleibt. Dann kann die befeuchtete Luft von hinten in die einzelnen Schubladen ziehen. Eine Ersatzlösung ist das Entfernen von Schubladen im unteren Bereich. Der Humidor kann von einem Befeuchter an der Rückwand versorgt werden. Lediglich in den obersten Fächern muss mit einem Kleinbefeuchter nachgeholfen werden. Dieses Prinzip ermöglicht ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis.
Eine Sonderform des Kleinschrankes ist der Klappenhumidor. Neben einem Tablett für etwa 50 bis 80 Einzelzigarren im oberen Bereich bietet er genügend Platz für bis zu 12 Kisten. Das große, zusammenhängende Luftvolumen kann gleichmäßig befeuchtet werden und durch die Löcher im Boden des Tabletts kann die Luftfeuchte problemlos nach oben gelangen.
Großvolumige Humidorschränke
Egal wie groß der Humidor auch ist, er wird immer zu klein. Der vorausdenkende Passionado sorgt vor und legt sich gleich einen Schrank zu, also ein auf dem Boden stehendes Möbelstück. Wir wollen diesem Beitrag besondere Aufmerksamkeit widmen, weil hier große Werte auf dem Spiel stehen.
Das eigentliche Problem solcher Modelle besteht darin, dass häufig falsche Materialien verbaut werden und die Schränke so konstruiert sind, dass keine Luftzirkulation möglich ist.
Meist bestehen die Regalböden aus Mitteldichter Faserplatte (MDF), einer Mischung aus Holz- und Kunststoffstaub, die mit Klebstoffen aus Harnstoff-Formaldehyd oder Phenol-Formaldehyd verpresst wird. Die Ober- und Unterseite der Platten wird mit Zedernfurnier beklebt, und zur „Luftzirkulation“ werden dann einige Langlöcher eingefräst. Voilà – ein katastrophal gebauter Regalboden ist fertig.
An den Außenkanten und in den Flächen der Luftschlitze ist das rohe MDF sichtbar. Dieses Material riecht schon unangenehm wenn es trocken ist. Wird es aber einer erhöhten Luftfeuchte ausgesetzt, dann dünstet das Formaldehyd aus und erzeugt einen muffig-modrigen Geruch, der sich natürlich auf die Zigarren überträgt.
Untauglich ist die Befeuchtung mittels Plastikschalen mit Schwämmen! Diese Art der passiven Verdunstungsbefeuchtung kann in einem so großen Volumen rein physikalisch nicht funktionieren. Außerdem: eine Luftfeuchte von über 90 Prozent in der Nähe des Schwamms führt zu einem Aufquellen des MDF. Und die Zigarrenkisten darüber beginnen unweigerlich zu schimmeln.
Selbst wenn man diese Art der Befeuchtung entsorgt und ein elektronisch geregeltes Befeuchtungssystem einsetzt, sind die Probleme nicht gleich beseitigt. Zum Beispiel massive Regalböden, die von der Frontkante des Humidors bis zur Rückwand reichen, Zigarrenkisten, die die Luftschlitze gänzlich abdecken, etc. Besitzt man einen derartigen Schrank, kann nur eine Radikalkur zu einem vernünftigen Ergebnis führen: Das gesamte Innenleben restlos entfernen; verbleibende blanke MDF-Flächen mit Spanischer Zeder oder Mahagoni verkleiden; durchlässig konstruierte Roste aus Massivholz einsetzen und im unteren Bereich einen Befeuchter installieren, der an der Rückwand des Humidors nach oben bläst.
Zigarrenkisten sollten dann frontbündig in den Schrank eingelagert werden, so dass der hintere Humidorbereich für die Luftzirkulation reserviert bleibt. Bei besseren Konstruktionen bestehen die Regalböden nicht aus rohem MDF, sondern wenigstens aus Sperrholz (überkreuz verleimte Furniere). Meist ist aber auch dieses nicht wasserfest, was bei anhaltend hoher Luftfeuchte zur Schimmelbildung an den Unterseiten führen kann. Ebenfalls eine Fehlkonstruktion ist die Kombination aus Regalboden und darauf stehendem Tablett.
Da werden zur besseren Luftzirkulation Langlöcher längs in den Bodenrost gefräst (meist viel zu schmal – aber es möge der Gedanke zählen), und dann wird auf diesen Bodenrost ein Tablett gestellt mit quer in den Bodenrost gefrästen Langlöchern. Mit dem Ergebnis, dass die Schlitze des Regalbodens von den massiven Stellen des Tabletts abgedeckt werden.
Die richtige Befeuchtung des Schrankhumidors
Da es vollkommen indiskutabel ist, einen Schrank ab einem Volumen von 80 Litern (Größe eines kleinen Kühlschranks) passiv zu befeuchten, wollen wir uns diesem Thema nicht weiter widmen und beleuchten nur aktive Luftbefeuchter. Bei der Auswahl eines elektronischen Luftbefeuchters ist auf folgende, grundlegende Anforderungen zu achten:
- Dediziertes Luftleitsystem für gezielte Luftführung im Humidor.
- Extrem schnell ansprechender, langzeitstabiler Sensor.
- Hohe Befeuchtungsleistung, um nach dem Öffnen des Humidors möglichst schnell wieder die Zielfeuchtigkeit zu erreichen.
- Integrierte Umluftfunktion (ohne Befeuchtung).
Wenn der Befeuchter unten im Schrank steht und die feuchte Luft direkt gegen den darüber eingebauten Regalboden bläst (auf dem Zigarrenkisten stehen), dann wird die Luftfeuchtigkeit unten im Schrank extrem hoch sein und nach oben hin sukzessive abnehmen. Die Schwankungsbreite der relativen Luftfeuchte beträgt bis zu 18 Prozent! Der Einsatz eines handelsüblichen Raumluftbefeuchters (mit einem trägen Hygrostaten) ist eine lausige Kombination nicht aufeinander abgestimmter Produkte.
Man müsste die Zigarren in regelmäßigen Abständen im Schrank rotieren – nicht gerade komfortabel. Am besten ist es, wenn der Befeuchter die Luft frei an der Rückwand des Humidors nach oben bläst und der Luftstrom nicht durch Zigarrenkisten oder Trays behindert wird. Alternativ bietet sich die Installation einer doppelten Rückwand als dediziertes Luftleitsystem an.
Die Tücken der Physik
Feuchte Luft ist leichter als trockene und steigt folglich nach oben. Müsste also müsste in einem Schrankhumidor die Luftfeuchte oben höher sein als unten? Das ist nicht der Fall. Es bildet sich immer unten eine höhere Luftfeuchte als oben. Kann ein Humidor die Physik außer Kraft setzen? Natürlich nicht.
Dieser zunächst widersinnige Effekt lässt sich durch die Temperaturdifferenz im Humidor erklären. Bei einem mannshohen Humidorschrank ist die Temperatur oben um ca. 1° C höher als unten. Emittiert eine installierte Beleuchtung auch noch Abwärme, wird die Temperaturdifferenz noch höher. Da warme Luft mehr Wasser speichern kann als kalte, wird sich dort, wo es wärmer ist, eine niedrigere Luftfeuchtigkeit einstellen als dort, wo es kälter ist.
Solange die Befeuchtungslüfter laufen und eine Konvektion der Luft stattfindet, wird sich diese Feuchtedifferenz nivellieren. Wenn aber die Zielfeuchte erreicht ist, der Humidor nicht geöffnet wird und damit auch keine Feuchtigkeit verloren geht, dann erfolgt auch keine Konvektion. Dann kommt es zu dem beschriebenen Gefälle der Luftfeuchte von oben nach unten. Dem kann entgegengewirkt werden, indem der Befeuchter zusätzlich einen intervallgesteuerten Umluftlüfter eingebaut hat, der in bestimmten Zeitabständen unabhängig von der Befeuchtung eine Konvektion der Luft bewirkt.
Ein Humidor muss dicht sein
Das ist die landläufige Meinung. Je dichter der Humidor schließt, desto konstanter die relative Luftfeuchte. So der einhellige Tenor. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.
Ein guter Schrankhumidor ist so gebaut, dass er stets etwas Luftfeuchtigkeit verliert. Entweder durch die Fugen der Türe oder durch eigens dafür angebrachte Auslassöffnungen im oberen Bereich.
Dies ist aus zwei Gründen sinnvoll: Erstens wird dadurch die Temperaturdifferenz reduziert und zweitens kann es nicht zur Überfeuchtung kommen. Jetzt werden Sie fragen: Wie soll es zu einer Überfeuchtung kommen, wenn ein präzises Befeuchtungssystem eingesetzt wird?
Wieder ist es die Physik, die uns einen Strich durch unser Zigarrenlagerungs-Weltbild macht. Sinkt die Temperatur in einem Humidor, dann steigt die relative Luftfeuchte an. Erwärmt sich die Luft, so sollte man davon ausgehen, dass die relative Luftfeuchte sinkt. Tut sie aber nicht. Im Gegenteil – sie steigt an. Der Grund liegt darin, dass im Humidor organische Substanzen (Holz, Zigarren) Wasser speichern.
Steigt die Temperatur, so sinkt die Bindungsenergie der Moleküle und das Wasser beginnt zunehmend aus der organischen Substanz zu verdampfen. Das erzeugt den Anstieg der relativen Luftfeuchte im Humidor auch bei steigenden Temperaturen.
Für die Praxis bedeutet das: In der warmen Jahreszeit sollte man die relative Luftfeuchte im Humidor auf etwa 68% reduzieren. Wärmt sich in der Sommerzeit der Humidor dann im Durchschnitt um etwa 3–5°C auf, dann wird das aus dem Holz und den Zigarren verdunstende Wasser die Luftfeuchte im Humidor erhöhen. Wurde zuvor die Luftfeuchte auf 68% rF reduziert, so wird sich eine Luftfeuchte von etwa 72% rF einstellen. Haben Sie die Luftfeuchte nicht reduziert, so werden Sie Werte um die 76–78% rF erreichen.
Es gibt zwar noch einige weitere Kriterien, die für einen guten Humidorschrank von Bedeutung sind – die wichtigsten haben wir hier besprochen und Sie sind nun in der Lage, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Sommer-Ausgabe 2012 veröffentlicht. Mehr