1 Vitola, 3 Lagerungsarten

Der Habanos-Day 2016 in Deutschland bot die Möglichkeit eines unkonventionellen Tastings. Über zwei Jahre lang wurden 150 Stück der Partagás Serie D No. 4 mit Boxingdate 2013 unter verschiedenen Bedingungen gelagert. Die Zigarren wurden zunächst einzeln gewogen, zu schwere und zu leichte Exemplare wurden aussortiert. Im Januar 2014 wurden je 50 Stück in grundverschiedenen Umgebungen gelagert. Vier Wochen vor dem Tasting wurden alle Zigarren in einem professionellen, elektronisch gesteuerten Schrankhumidor wieder auf gleiche Feuchte (70 Prozent) gebracht. 45 Testpersonen beurteilten die nummerierten Zigarren nach Bouquet, Zugwiderstand, optischem Eindruck, Aroma, Stärke, Geschmack sowie Geschmacksentwicklung im Rauchverlauf. Die finale Abschlussfrage: „Welche Zigarre würden Sie zu Ende rauchen?“

Ergebnis „Bouquet“ (kalt): Satte 90 Prozent der Teilnehmer attestierten der Zigarre, die im Kühlschrank gelagert worden war, ein verhaltenes bzw. kein Eigenaroma. Das ist auch nicht verwunderlich, da die Zigarre bei geringen Temperaturen austrocknet und die ätherischen Öle nahezu gänzlich verloren gehen. Den im Weinkeller gelagerten Zigarren attestierten 80 Prozent der Tester „typischen“ bzw. „intensiven Tabakduft“. Bei den professionell gelagerten Zigarren kamen alle Testpersonen zu diesem Urteil.

Ergebnis „Zugwiderstand“: Für 88 Prozent wies die Zigarre aus dem Humidor einen leichten bis mittleren Zugwiderstand auf. Die Kühlschrank-Zigarre kam auf 64 Prozent und die Weinkeller-Zigarre auf 68 Prozent.

Ergebnis „Optischer Eindruck“: Den wünschenswerten Zustand eines seidig-öligen Deckblatts konnte die Kühlschrank-Zigarre mit 18 Prozent definitiv nicht für sich entscheiden. Die Zigarre aus dem Humidor punktete mit 63 Prozent vor der Weinkeller-Zigarre, der immerhin noch 35 Prozent der Befragten dieses Ergebnis zuschrieben. Stark schwankende Luftfeuchte und niedrige Temperaturen führen zu einem schnellen Abbau der Öle im Tabak und sind verantwortlich für stumpf und staubig anmutende Deckblätter.

Ergebnis „Aroma“ (während des Rauchens): 54 Prozent beurteilten das Aroma der Kühlschrank-Zigarre als weniger gut bis schlecht. Die Weinkeller-Zigarre konnte mit 30 Prozent Zustimmung für gutes bis sehr gutes Aroma punkten, aber auch hier gewann die korrekt gelagerte Zigarre mit 55 Prozent eindeutig.

Ergebnis „Stärke“: Die Beurteilung der Stärke einer Zigarre ist schwieriger, als es auf den ersten Blick scheint. Wie auch immer man sich diesem Thema nähert – es ist nicht ganz einfach. Aus diesem Grund ist das Vergleichsrauchen so interessant, weil man hier nicht absolut, sondern relativ zueinander verkostet und bewertet. Als mäßig stark bis stark haben 59 Prozent der Teilnehmer die Kühlschrank-Zigarre bewertet. Die Zigarre aus dem Humidor wurde von 67 und die aus dem Weinkeller ebenfalls von 59 Prozent als mäßig stark bis stark bewertet. Offensichtlich hat die Lagerung bei niedriger Temperatur auf die Stärke keine allzu große Auswirkungen. Ergebnis „Geschmack“: Gewiss ist die Beurteilung des Geschmacks immer subjektiv, doch bei dieser Art Tasting, bei dem die Zigarren relativ zueinander bewertet werden, sind die Ergebnisse doch recht verlässlich. Weniger gut bis schlecht empfanden 58 Prozent der Tester die Kühlschrank-Zigarre, wobei 25 Prozent die Zigarre explizit als schlecht bezeichneten. Das ist schon bemerkenswert. Die Zigarre aus dem Humidor wurde gerade mit 4 Prozent als weniger gut bis schlecht bezeichnet. 63 Prozent hielten diese Zigarre für gut bis sehr gut und immerhin noch ein Drittel der Teilnehmer für zufriedenstellend. Das ist doch mehr als eindeutig. Dass die Weinkeller-Zigarre mit 43 Prozent der Stimmen als weniger gut bis schlecht bewertet wurde, ist im Grunde der Spiegel zu unserem letzten Vergleichsrauchen aus dem Jahr 2012 (siehe Cigar Journal, Winter 2012). Auch hier hatte die Zigarre, die schwankender Luftfeuchte ausgesetzt war, recht schlecht abgeschnitten.

 

Ergebnis „Geschmacksentwicklung im Rauchverlauf “: Bei dieser Beurteilung waren Mehrfachnennungen möglich. Interessant waren vor allem die Bewertungen, welche eine deutlich wahrnehmbare Geschmacksentwicklung und zugleich eine positive oder negative Einschätzung zeigten. Auch hier konnte die Kühlschrank-Zigarre nicht überzeugen. Mit 35 Prozent verbuchte die Weinkeller-Zigarre Platz 2, der Sieger war die Zigarre aus dem Humidor mit 66 Prozent. Als letzte Frage sollten die Teilnehmer angeben, welche Zigarre sie zu Ende rauchen würden bzw. welche für sie die beste ist. Das Ergebnis hat mich an sich nicht, aber im recht eindeutigen Ergebnis doch überrascht. Fast drei Viertel aller Testteilnehmer haben die im Humidor gelagerte Zigarre als beste empfunden. Als Fazit kann festgehalten werden, dass die üblich empfohlene Lagerung bei Raumtemperatur (selbst wenn diese zwischen Sommer und Winter schwankt) und ca. 70 Prozent relativer Luftfeuchte mit Abstand das beste Ergebnis liefert. Die Lagerung im Kühlschrank zerstört die Zigarre unaufhaltsam. Eine zu niedrige Temperatur ist der Nachreifung des Tabaks nicht zuträglich. Aus diesem Grund wäre auch die Lagerung im Weinkeller nur dann zu empfehlen, wenn die Temperatur nicht dauerhaft unter 16 °C liegt und die relative Luftfeuchte möglichst geringen Schwankungen unterliegt.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Marc André, [email protected].

Marc André ist leidenschaftlicher Zigarrenraucher und Humidorbauer. Er hat verschiedene Befeuchtungselektroniken für Humidore entwickelt, ist beratend und ausführend im Bereich Humidor-Sonderserien und Individualanfertigungen tätig. Neben seiner Vortragstätigkeit zum Thema Zigarrenlagerung und Humidorbau betreibt er die Website www.humidorbau.de und bietet dort mit seinen zu 100% in Deutschland gefertigten Humidoren der Century-Serie vom kleinen Tischhumidor bis zum Agingschrank Lösungen zur professionellen Zigarrenlagerung an.


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