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Vintage-Havannas: Was macht sie zu Sammlerstücken?

In diesem Artikel geht Simon Chase den Aspekten nach, die Havanas zu begehrten Sammlerstücken machen. Dazu spricht er mit einem früheren Hunters & Frankau-Kollegen und gewährt einen bereichernden Einblick in seine bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse aus diversen Zigarren-Auktionen.

 

In den letzten sechs Monaten hatte ich das große Glück, zwei außergewöhnliche Vintage-Havannas zu verkosten. Die erste war eine kubanische Davidoff No. 1 aus dem Jahr 1989, die Edward und Eddie Sahakian beim „Vintage Cigar Evening“ in ihrem Zigarrengeschäft mit angeschlossener Tasting-Lounge im Londoner Bulgari-Hotel präsentierten.

Obwohl dieser 192 mm langen, schlanken Vitola mit einem Ringmaß von 38 im Allgemeinen kein großes Reifungs-Potenzial zugeschrieben wird, war der Geschmack in diesem Fall ein wahrer Genuss – vielleicht deshalb, weil es sich um ein seltenes, in Cellophan gewickeltes Exemplar handelte. Trotz ihres Alters von 25 Jahren hatte sie all den Duft von kubanischem Tabak bewahrt und wies eine fruchtige Reife auf, die mich wünschen ließ, sie noch länger genießen zu können.

Havannas bei Auktionen zu erwerben ist eine Art Glücksspiel.

Die zweite Verkostung fand im Garten des Hotels Alma in Barcelona statt. Ich traf einen Mann namens Mark Stücklin, mit dem ich in den 1990er-Jahren bei Hunters & Frankau gearbeitet hatte, wo er sich ein beachtliches Wissen aneignete und einen sagenhaften Geschmackssinn für kubanische Tabakblätter entwickelte. Nach dem Mittagessen spendierte mir Mark eine Bolívar Corona Gigante im Churchill-Format – hergestellt, bevor Fidel Castro in Kuba an die Macht kam. Sie befand sich in einer Kiste, die ihm ein Connaisseur in den späten 1980er-Jahren geschenkt hatte, und wurde Zeit ihres Lebens unter optimalen Bedingungen hinsichtlich Temperatur und Luftfeuchtigkeit gelagert.

coleccion 2003 habanos hoyo de monterrey extravaganza book case

Photo: Habanos S.A.

Ich erwähne das deshalb, weil es beim Anzünden einer Zigarre, die vor über 50 Jahren gemacht wurde, wichtig ist, so viel wie möglich über sie zu wissen. Eine gut aufbewahrte Zigarre dieses Alters kann sich als exzeptionell erweisen, doch wenn die Luftfeuchtigkeit bei der Lagerung zu weit unter die vorgeschriebenen 65 bis 70 Prozent fällt, dann wird sie herb und ungenießbar sein, ganz gleich wie perfekt der Geschmack bei ihrer Geburt war. Marks Bolívars waren eindeutig äußerst gut gefertigt – aus Blättern von einer Reihe erfolgreicher Ernten. Der Zug war hart aber effektiv und im Rauchverlauf bildete sich ein solider Turm Asche über der bleistiftdünnen Brandlinie – ein Zeichen für eine gereifte Zigarre. Der Geschmack war schlichtweg bemerkenswert.

Wenngleich anfangs gedämpft, entfalteten sich recht bald die mit dieser Marke assoziierten reichen, erdigen Aromen. Sie waren zwar ähnlich wie jene, die man in aktuellen Produktionen findet, doch übertrafen sie diese durch eine überwältigende, delikate Eleganz. Mark war der Ansicht, dass sein unschätzbarer Vorrat an Zigarren, von denen es nur mehr wenige gibt, seinen Höhepunkt überschritten hatte. Ich teilte seine Meinung nicht, sondern fand, dass die Zigarre noch in jener Phase steckte, die Min Ron Nee als „zweite Reifung“ bezeichnet, und die Chancen gut standen, dass sie in weiteren zehn Jahren die hochgeschätzte dritte Reifung erreichen würde – den unbeschreiblichen „himmlischen“ Geschmack.

Die Tatsache, dass der Geschmack von Havannas mit deren Alter besser werden kann – ich nenne das heutzutage „Geschmacksbelohnung“ –, ist nur einer der Aspekte, der sie zu Sammlerstücken macht. Ein weiterer ist ihr Seltenheitswert. Diese schließen sich nicht gegenseitig aus, denn es ist ja zweifelsohne das Ziel jedes Sammlers, beide Kriterien zu erfüllen: eines, das größtenteils eine Sache persönlicher Befriedigung ist und eines, das einen Investitionsgewinn mit sich bringen kann.

Beide der oben beschriebenen Zigarren hatten eine hohe Geschmacksbelohnung und zugleich gibt es nicht mehr viele kubanische Davidoffs – insbesondere mit einwandfreier Provenienz – zu kaufen und noch weniger die in den 1950er-Jahren hergestellten Bolívar Corona Gigantes.

bolivar corona gigante churchill

Photo: Habanos S.A.

Solche Zigarren zu finden, stellt eine Herausforderung dar. Oft werden sie hinter verschlossenen Türen zwischen Sammlern gehandelt, aber dann wiederum gibt es auch einige Zigarrenhändler, wie Edward und Eddie Sahakian, die sich auf Vintage-Havannas spezialisieren. Eine weitere Quelle sind öffentliche Auktionen, die den Vorteil haben, dass ihre Resultate publiziert werden und somit eine nützliche Orientierungshilfe hinsichtlich Marktbewegungen bieten.

Der derzeit aktivste Auktionator ist der in London ansässige Mitchell Orchant von C.Gars Ltd, der seit 2009 zumindest zwei Versteigerungen pro Jahr organisiert. Anfangs handelte es sich hier um reale Veranstaltungen, doch im Vorjahr richtete er die spezielle Website C.Gars Vintage Cigars Auctions ein, die es ihm ermöglicht hat, die Zahl der Auktionen zu steigern. Er arrangiert aber nach wie vor auch reale Versteigerungen – zuletzt am 1. Dezember im Boisdale Jazz & Cigar Club in Canary Wharf.

Havannas bei Auktionen zu erwerben ist – ähnlich wie im Fall von feinen Weinen – eine Art Glücksspiel. Einerseits besteht die Frage der Provenienz, besonders hinsichtlich der Art und Weise, wie die Zigarre gelagert wurde, und andererseits weiß man nie, wie sich die Gebote entwickeln werden. Was die Provenienz betrifft, besteht die Möglichkeit, die Zigarren vor dem Mitbieten zu inspizieren. Selbst wenn Sie tausende Meilen weit entfernt wohnen, würde ich Ihnen dringendst empfehlen, dass Sie die Reise antreten, denn es geht nichts über das Begutachten, Befühlen und Riechen an den Zigarren.

Das Bieten ist eine andere Geschichte, denn Auktionen können einen besonderen Einfluss auf die Teilnehmer ausüben. Ich werde nie jene kalte Nacht im November 2010 vergessen, als bei einer C.Gars-Auktion eine Kiste mit 10 Romeo y Julieta Dunhill Seleccion No. 779 aus der Zeit vor Castro zur Versteigerung kam. Der Schätzpreis lag bei einer angemessenen Höhe von 2000 bis 2500 Pfund (ca. 2500 bis 3100 Euro) – es handelte sich ja nur um 10 Zigarren.

Zwei Herren, der eine aus Hongkong, der andere aus Japan, lieferten sich einen gigantischen Kampf. Sie ließen den Schätzpreis bald hinter sich. Jubel brach aus, als sie die 7500-Pfund-Marke überschritten, und tosender Beifall, als 10.000 Pfund erreicht wurden. Schließlich trug der Herr aus Japan mit seinem Gebot von 11.500 Pfund (ca. 14.500 Euro) bzw. 1150 Pfund (ca. 1450 Euro) pro Zigarre den Sieg davon und stellte damit einen neuen Weltrekord für den höchsten für eine Zigarre bezahlten Preis bei einer öffentlichen Auktion auf. Für manche ist der Nervenkitzel bei Auktionen ein weiterer Grund, Havannas zu sammeln.

romeo y julieta dunhill seleccion no. 779 pre-embargo box

.                                             Photo: C.Gars Ltd

Um herauszufinden, welche Zigarren welche Preise erreichen können, gibt es ein nützliches Tool auf der Cigar-Auctions-Website, das Ihnen die Möglichkeit bietet, die erzielten Preise von jedem Los bei jeder C.Gars-Auktion der vergangenen fünf Jahre zu prüfen.

Beachten Sie jedoch, dass es sich bei den gelisteten Beträgen jeweils um den sogenannten Hammerpreis handelt. Dieser beinhaltet weder die Kommission von rund 15 Prozent, die sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer bezahlt werden muss, noch Umsatzsteuer auf die Kommission, die eventuell zu entrichten ist, je nachdem in welchem Land Sie leben.

Bei näherer Betrachtung der Listen auf der Website werden Sie rasch entdecken, dass es großes Interesse an einigen speziellen Produktionen gibt, die Habanos S.A. seit der Jahrhundertwende hergestellt hat. Dazu zählen Millennium-Jars, Limited Editions, regionale Editionen, Reservas, Gran Reservas, sogenannte „Colección Habanos-Bücher“ und Replikate von antiken Humidoren. All diese Sonderproduktionen haben mehr oder weniger automatisch Seltenheitswert, da sie in begrenzten Mengen erzeugt wurden. So werden zum Beispiel von Reservas und Gran Reservas in jeder Kategorie nur 5000 Kisten pro Produktionsjahr lanciert.

Reserva-Kisten beinhalten je 20 Zigarren, Gran Reserva-Kisten je 15 Stück, was einer Gesamtproduktion von 100.000 bzw. 75.000 Zigarren entspricht. Colección Habanos sind viel seltener, weil nur 2000 Stück dieser Humidore in Buchform mit je 20 Zigarren (also gesamt 40.000 Stück) pro Jahr hergestellt werden, und Replikate von antiken Humidoren haben einen noch größeren Seltenheitswert, da insgesamt bloß 17.500 Exemplare gefertigt werden, um 350 Humidore mit je 50 Zigarren zu füllen. All diese Spezialitäten haben gute Resultate bei Auktionen erzielt. Es gab eine Sonderproduktion, die eine neue Dimension in Sachen Seltenheitswert eröffnete, wenngleich Sie diese weder bei einer Auktion noch auf einer Website finden werden.

Die Rede ist vom Cohiba 40 Aniversario-Humidor aus dem Jahr 2006. Von diesen herrlichen Elie Bleu-Kisten wurden nur 100 Exemplare gefertigt, in denen sich eine einzigartige Vitola (Länge: 191 mm, Ringmaß 52) mit dem heutzutage etwas verwirrenden Namen Behike befindet. Jeder Humidor wurde mit 40 Zigarren mit einzeln nummerierten Ringen bestückt, was einer Gesamtproduktion von nur 4000 entspricht. Im Jahr 2006 lag der Preis für die Kiste bei 15.000 Euro. Wer heute eine kaufen möchte, muss – meines Wissens nach – mit 100.000 Pfund (ca. 126.000 Euro) oder vielleicht sogar mehr rechnen. Ob Sie dafür auch eine Geschmacksbelohnung erhalten, kann ich Ihnen leider nicht sagen, da ich nie die Gelegenheit hatte, eine dieser Zigarren zu rauchen.

Information:

C.Gars Vintage Cigars Auctions
www.cigarauctions.co.uk

 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahrs-Ausgabe 2015 veröffentlicht. Mehr

Simon Chase, der von der New York Times als „britischer Zigarren-Weiser“ bezeichnet wurde, arbeitete von 1977 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2009 für das in London ansässige Unternehmen Hunters & Frankau – Habanos-Vertriebshändler für das Vereinigte Königreich. In dieser Zeit erwarb er umfassende Kenntnisse über die Zigarrenindustrie der Vergangenheit und Gegenwart, besonders jene in Kuba. Heute leitet er seine eigene Beratungsfirma Simon Chase Limited, die sich auf Zigarren-Marketing und Tabakgesetzgebung spezialisiert. Zudem ist er nach wie vor nicht-exekutives Mitglied im Vorstand von Hunters & Frankau. Im Jahr 1998 erhielt er von Habanos S.A. die Auszeichnung Hombre Habano del Año (Habanos-Mann des Jahres) in der Kategorie Kommunikation. Seither ist er bestens als Auktionator beim Gala-Dinner zum Abschluss des jährlichen Habano-Festivals bekannt.


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