Wer kennt nicht das Problem? Legt man mehrere Hygrometer in einen Humidor, so zeigt jedes Gerät einen anderen Wert an. Frustrierend. Die präzise Messung der relativen Luftfeuchtigkeit ist schwierig, dennoch möchte ich versuchen, sie so einfach wie möglich zu erklären.
Mit dem Begriff Feuchtigkeit bezeichnet man den Wassergehalt eines Stoffs. Wie jeder andere Stoff hat auch Luft nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit. Je wärmer sie ist, desto mehr kann sie speichern. Wenn bei einer bestimmten Temperatur in der Luft so viel Wasser (Dampf ) enthalten ist, dass sie nicht noch mehr davon aufnehmen kann, spricht man von Sättigung oder maximaler Luftfeuchte. Unterhalb des Sättigungswertes ist feuchte Luft von trockener mit dem Auge nicht zu unterscheiden. Oberhalb der Sättigung fällt der überschüssige Wasseranteil in Form feiner Wassertröpfchen (Nebel) aus.
Auch bei Hygrometern gilt: Wer billig kauft, kauft zweimal.
Die relative Luftfeuchte ist es, die uns interessiert; sie wollen wir messen. Es gibt verschiedene Messmethoden. Hier betrachten wir nur diejenigen, die bei der Zigarrenlagerung eine gewisse Relevanz haben. Analoge Hygrometer zeigen ein Zifferblatt, an dessen Rückseite eine Messmechanik montiert ist. Änderungen der Luftfeuchte bewirken eine Bewegung der Mechanik, die den Zeiger über das Zifferblatt bewegt.
Spiralhygrometer
Messfehler von bis zu 20 Prozent sind die Norm. 95 Prozent aller Humidore sind standardmäßig mit Spiralhygrometer ausgerüstet. Nicht weil es das Beste, sondern weil es das Billigste ist. Als Messinstrument kommt ein mit Kunststoff beschichteter, aufgerollter Metallstreifen zum Einsatz, der auf Änderung der Luftfeuchte mit einer Längenänderung reagiert und so den Zeiger bewegt. Spiralhygrometer sind träge und unpräzise. Ein weiteres Problem ist die Kalibrierung dieser meist sehr kleinen Hygrometer. Meine Empfehlung: Entsorgen.
Haar- oder Faserhygrometer
Sofern Echthaar- bzw. Faserhygrometer präzise kalibriert werden, liegt der Messfehler bei +/- drei bis vier Prozent. Hierbei reagiert ein Haar- bzw. Faserbündel mit der Veränderung seiner Länge auf unterschiedliche Luftfeuchtewerte.
Diese Längenbewegung wird in eine Drehbewegung umgesetzt und der Zeiger bewegt sich über das Zifferblatt.
Auch wenn Echthaarhygrometer in Tests oft als Testsieger hervorgehen, empfehle ich diese nicht für den Einsatz im Humidor. Die Längenausdehnung des Haares ist degressiv, d. h. bei geringer Luftfeuchte ist die Längenausdehnung größer als bei hoher Luftfeuchte. Das erkennt man auch auf der Skala des Hygrometers: der Abstand zwischen 10 und 20 Prozent ist erheblich kleiner als der zwischen 70 und 80 Prozent.
Je kleiner der Abstand, desto unpräziser aber die Messung. Zudem sollten Echthaarhygrometer alle vier bis sechs Wochen regeneriert werden, damit das Haar nicht brüchig wird (für mehrere Stunden in ein feuchtes Tuch wickeln).
Ich rate zu einem Faserhygrometer. Dieses arbeitet wie ein Echthaarhygrometer, nur wird als Messmedium eine Kunstfaser eingesetzt. Die hat den Vorteil, dass ihre Längenausdehnung über den gesamten Messbereich nahezu linear ist. Das erkennt man auch an den identischen Abständen der Skala.
Psychrometer
Fast in Vergessenheit geraten ist das Psychrometer. Interessant daran ist, dass die Luftfeuchte mittels zweier Thermometer über die Wasserverdunstung bestimmt wird. Ein Psychrometer besteht aus zwei Thermometern. Bei einem wird über den Quecksilberbehälter ein Mullstrumpf gezogen, der in ein Gefäß mit Wasser eintaucht. Durch die Wasserverdunstung wird dem Thermometer Wärme entzogen; es zeigt infolgedessen eine niedrigere Temperatur als das trockene Thermometer an. Die Temperaturdifferenz ist hier das Maß für die relative Feuchte. Auf einer Psychometertafel (s. Bild) lässt sich die relative Luftfeuchte ablesen.
Der etwas sperrige Aufbau lässt den Einsatz nur in größeren Humidorschränken oder begehbaren Räumen zu. Zwar wirken diese Geräte antiquiert, jedoch sind sie recht präzise und müssen nicht kalibriert werden. Die präzisesten Psychrometer sind die so genannten Aspirationspsychrometer. Derartige Psychrometer haben einen sehr geringen Messfehler von unter +/- einem Prozent, kosten aber rund 1500 bis 2000 Euro. Die gängigsten elektronischen Messverfahren sind jene mittels kapazitiver oder resistiver Sensoren.
Resistive Hygrometer
Das resistive (auch: widerstandsmessende) Hygrometer ist am häufigsten anzutreffen. Als Sensor wird eine wasseranziehende Schicht (z. B. Aluminiumoxid oder hygroskopische Polymere) zwischen zwei Gleichstromelektroden genutzt. Steigt die Umgebungsfeuchte an, bindet dieses wasseranziehende Material mehr Feuchtigkeit, der elektrische Widerstand wird geringer und es fließt mehr Strom. Diese Änderung wird auf einem Display als Luftfeuchte in Prozent sichtbar gemacht. Vorteilhaft ist der günstige Preis. Dem stehen aber einige Einwände gegenüber:
• Ablagerungen am Sensor schränken mit der Zeit die Genauigkeit ein.
• Hohe Schwankungsbreiten bis zu 15 Prozent.
Kapazitive Hygrometer
Diese – sehr präzise – Messmethode nutzt ein elektrisch nicht leitendes Material (Dielektrikum) zwischen zwei Elektroden. Ändert sich die Luftfeuchte, so ändert sich auch die Eigenschaft des Dielektrikums (z. B. die Länge). Damit verändert sich die elektrische Kapazität des Sensors. Durch eine elektronische Schaltung kann man diese Kapazitätsänderung in messbare Spannung umwandeln.
Der Vorteil derartiger Sensoren ist die Langzeitstabilität und ein kaum vorhandener Drift nach oben. Zudem liegt die Messgenauigkeit dauerhaft bei Werten um die 1,5 bis 2 Prozent. Nachteilig ist der Preis. Derartige Sensoren liegen – je nach Ausführung – etwa beim 50- bis 100-Fachen eines resistiv messenden Sensors. Auch bei Hygrometern gilt: Wer billig kauft, kauft zweimal.
Information:
Die folgenden Gewichtsangaben beziehen sich jeweils auf 1 Kubikmeter (1000 Liter | 33.814 US fl.oz.) Luft.
Maximale Luftfeuchte
Bei 0 °C (32 °F) kann die Luft maximal 4,9 g (0.17 oz.) Wasser aufnehmen; bei 20 °C (68 °F) sind es 17,3 g (0.61 oz.). Diese temperaturabhängige Menge nennt man maximale Luftfeuchte.Absolute Luftfeuchte
Die absolute Luftfeuchte bezeichnet die Konzentration des Wassergehalts in Gramm (Unzen). Sie gibt also die Menge des tatsächlich in der Luft gelösten Wassers an.Relative Luftfeuchte
Die relative Luftfeuchtigkeit (Abk.: rF | RH) bezeichnet den Sättigungsgrad der Luft in Prozent. Bei 50% rF (RH) enthält die Luft die Hälfte der Wasserdampfmen- ge, die (bei der entsprechenden Temperatur) maximal enthalten sein kann.Zwei Beispiele:
Bei 20 °C (68 °F) Lufttemperatur und einer absoluten Luftfeuchte von 13 g (0.46 oz.) beträgt die relative Feuchte 75,1%. Warum? Die Luft könnte bei dieser Temperatur 17,3 g (0.61 oz.) Wasser (= maximale Luftfeuchte) aufnehmen. Bei 0 °C (32 °F) Lufttemperatur und einer absoluten Luftfeuchte von 3,68 g (0.13 oz.) beträgt die relative Feuchte ebenfalls 75,1%. Warum? Die Luft könnte bei dieser Temperatur 4,9 g (0.17 oz.) Wasser (= maximale Luftfeuchte) aufnehmen.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Sommer-Ausgabe 2014 veröffentlicht. Mehr