Cigar Bundles Aging in Storage

Sind Glanz und Textur eines Deckblattes eine Frage der Qualität?

Der erste Eindruck ist entscheidend, und weil das Deckblatt nun einmal die Verpackung jeder Zigarre ist, kommt diesem eine besondere Bedeutung zu. Viele meinen: je glänzender das Deckblatt desto hochwertiger sei es. Diese Ansicht ist jedoch (so allgemein formuliert) nicht korrekt.

Was den Glanz des Deckblattes beeinflusst

Der Glanzgrad eines Deckblattes ist einerseits von Bodenbeschaffenheit, Tabaksorte, Klima, Düngerbeigabe, Erntezeitpunkt und Restwassergehalt zur Ernte abhängig. Andererseits sind die Tabakverarbeitung und die Lagerung der fertigen Zigarre von entscheidender Bedeutung. Eine zu kurze Fermentation bei zu geringer Temperatur kann zu einem zu hohen Rest-Ölgehalt im Tabak führen, wodurch das Deckblatt einen starken, fast künstlich wirkenden Glanz bekommt. Für das Brandverhalten ist dies relativ irrelevant, der Einfluss des Deckblattes auf den Geschmack kann aber negative Wahrnehmungen wie Schärfe, mitunter auch Bitterkeit hervorrufen.

Ist die Fermentationszeit dagegen zu lang oder erfolgt sie bei zu hoher Temperatur, so werden Öle, Fette und Wachse im Tabak zerstört und das Deckblatt erscheint matt. Besonders bei Maduros, für deren Herstellung längere Fermentationszeiten erforderlich sind, kann dieser Fehler auftreten. Werden Zigarren längere Zeit zu trocken gelagert, so können auch anfangs seidig glänzende Deckblätter ihre Öligkeit einbüßen. Das ist dann kein Produktionsfehler sondern ein Lagerungsfehler.

Aber auch perfekt gelagerte Zigarren können ihren Glanz nicht ewig bewahren. Besonders bei sehr alten Raritäten ist ein Glanzverlust deutlich bemerkbar. Das Deckblatt wird durch den Verlust der Öle leicht spröde und es können Risse auftreten – vor allem dann, wenn dünnere Ringmaße zu schnell und zu heiß geraucht werden. Schwankende Luftfeuchtigkeit bei der Lagerung der Zigarren hat ebenfalls einen signifikanten Glanzverlust zur Folge.

Während des Habanos-Days 2012 auf Schloss Oelber leitete ich ein Seminar, bei dem jeder Teilnehmer drei Zigarren der gleichen Vitola (Punch Corona) verkostete. Die drei Zigarren wurden jeweils mehr als zwei Jahre lang unterschiedlich gelagert. Die einen in einem elektronisch geregelten Humidorschrank mit vollkommen konstanter Luftfeuchte bei 71 Prozent. Die nächste Charge in einem Standardhumidor aus kanadischer Zeder (das falsche Holz) mit passiver Befeuchtung und folglich stark schwankender Luftfeuchte (60 bis 80 Prozent). Die dritte Charge wurde ohne Humidor auf dem Dachboden mit extremen Feuchteschwankungen von 40 bis 75 Prozent gelagert.

Nach der Lagerungszeit wurden die Zigarren wieder auf den korrekten Feuchtegehalt gebracht und so verkostet. Rein vom Feuchtegehalt war es also nicht möglich, einen
Rückschluss auf die Lagerungsbedingungen zu ziehen. Erstaunlich war, dass sowohl die vollkommen ausgetrocknete Zigarre als auch die bei schwankender Luftfeuchte gelagerte einen auffälligen Glanzverlust aufwies. In den Tastingnotizen las man bei der optischen Beurteilung immer wieder die Worte „stumpfes Deckblatt, matt, staubig“.
Möchte man also den Glanz des Deckblattes korrekt beurteilen, so muss man das Alter der Zigarre, die Lagerungsbedingungen und die spezifischen Tabakeigenschaften kennen. Ansonsten ist eine objektive Beurteilung nicht möglich.

Die Textur des Deckblattes

Ich bin immer wieder erstaunt, mit welch unglaublich groben Deckblättern manche Premiumzigarren ausgeliefert werden. Vor allem bei Maduro-Deckblättern findet man mitunter Zigarren, deren Äußeres mehr an einen Krautwickel als an eine Zigarre erinnert. Vergleicht man kubanische Maduro-Deckblätter mit jenen anderer Provenienzen, so fällt ein Unterschied auf. Selbst ein dunkles Connecticut Broadleaf-Blatt ist meist noch immer viel feiner als ein Maduro-Deckblatt aus Kuba. Zwar ist das Deckblatt das Aushängeschild der Zigarre, eine gröbere Textur ist aber keinesfalls ein Zeichen für mindere Qualität, so lange die Adern nicht so dick sind, dass sie zu einem ungleichmäßigen Abbrand führen. Ganz anders sind immer Verfärbungen im Deckblatt zu beurteilen.

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Herbst-Ausgabe 2012 veröffentlicht. Mehr

Marc André ist leidenschaftlicher Zigarrenraucher und Humidorbauer. Er hat verschiedene Befeuchtungselektroniken für Humidore entwickelt, ist beratend und ausführend im Bereich Humidor-Sonderserien und Individualanfertigungen tätig. Neben seiner Vortragstätigkeit zum Thema Zigarrenlagerung und Humidorbau betreibt er die Website www.humidorbau.de und bietet dort mit seinen zu 100% in Deutschland gefertigten Humidoren der Century-Serie vom kleinen Tischhumidor bis zum Agingschrank Lösungen zur professionellen Zigarrenlagerung an.


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