Sorting cigars by wrapper colours

Das Deckblatt: Mehr als nur eine Hülle

Nur wenige Zigarren-Themen lösen mehr Meinungsverschiedenheiten aus als der Effekt, den Deckblätter auf den Geschmack einer Zigarre haben. Manche Leute lassen sich so sehr von der Farbe beeinflussen, dass sie überzeugt sind, dass hellbraune Deckblätter eine milde Zigarre verheißen, wohingegen bei dunklen ein übermäßig starker Geschmack befürchtet wird. 

Andere behaupten, dass Deckblätter überhaupt keinen Einfluss auf den Geschmack haben. Bei einem Wrapper handelt es sich ja schließlich nur um die Hälfte eines einzigen Blattes, oft hauchdünn, weil es von einer im Schatten gezogenen Pflanze stammt. Welchen maßgeblichen Einfluss kann es also schon haben im Vergleich zu den drei bis vier verschiedenen Arten von robusten Filler-Blättern, die in der Sonne gediehen sind und zu einzigartigen Blends verarbeitet wurden, um den von den verschiedenen Marken gewünschten spezifischen Geschmack zu treffen? 

Als ich vor 40 Jahren ins Havanna-Geschäft einstieg, war klar: Deckblätter dienen dem Erscheinungsbild und nicht dem Geschmack. Stellen Sie sich also meine Überraschung vor, als ich etwa ein dutzend Jahre später – zu Beginn des Zigarren-Booms in den USA – einen führenden Hersteller aus der Dominikanischen Republik öffentlich verkünden hörte, dass Deckblätter nicht weniger als 70 Prozent des endgültigen Geschmacks seiner Produkte ausmachen können. Das verleitete mich fast zu der Behauptung, dass seine Filler ziemlich geschmacklos sein müssen, wenn seine Wrapper so dominant sind, aber ich tat es nicht, weil ich mir dachte, dass es eine fundiertere Erklärung für die Rolle des Deckblatts geben muss. 

Deckblätter gibt es in den verschiedensten Farben, die vorwiegend auf die jeweilige Position auf der Tabakpflanze zurück-zuführen sind. Die ältesten und dünnsten Blätter am unteren Ende weisen nach der Trocknung und Fermentation die hellsten Farben auf, während sich bei den jüngeren, dickeren Blätter des oberen Teils der Pflanze viel dunklere Töne ergeben. Im Zuge des landwirtschaftlichen und industriellen Produktionsprozesses wird extrem viel Zeit und Arbeit aufgewendet, um sicherzugehen, dass die endgültige Auswahl von Zigarren in jeder Kiste, jedem Bündel oder jeder Packung farblich perfekt abgestimmt sind. Letztlich fallen die Farbabstufungen in eine der folgenden fünf Kategorien: Claro – sehr helles Braun, Colorado Claro – hellbraun, Colorado – braun; Colorado Maduro – dunkelbraun und Maduro – sehr dunkles Braun/fast schwarz. 

Partagas invoice June 1939

Image by courtesy of Hunters & Frankau | Im Vordergrund die Deckblattfarben, die mich ansprechen: Claro für milde Blends wie Hoyo de Monterrey und Colorado oder Colorado Maduro für kräftige Blends wie Partagàs. Im Hintergrund eine Rechnung von Juni 1939 von Partagàs an Hunters in England für Ramón Allones

Folglich stammen Claro-Deckblätter vom unteren Teil der Pflanze, Maduro-Wrapper vom oberen und die restlichen Klassifizierungen von den dazwischen liegenden Ebenen. Ähnliches gilt bei einem weiteren Faktor, und zwar dem Zuckergehalt in den Blättern, der bei Maduro-Blättern viel höher als bei Claro-Blättern ist. So werden Sie feststellen, dass sehr dunkle Maduro-Wrapper der Zigarre eine Süße verleihen, die man bereits bemerkt, wenn man sie nicht angezündet zwischen die Lippen nimmt, wohingegen hellbraune Deckblätter zu einem trockenen Geschmack der Zigarre beitragen. 

Meiner Ansicht nach sind Deckblätter wesentlich für den Geschmack einer Zigarre verantwortlich, aber nicht in Bezug auf deren mildes oder starkes Aroma. Sie verleihen ihr vielmehr einen „Top Taste“, basierend auf einer Skala von trocken bis süß – je nach Farbe der Blätter. Persönlich finde ich, dass die Süße von dunklen Deckblättern am besten zu Filler-Blends mit gehaltvollem, erdigem und üppigem Aroma passt, während die Trockenheit von blassbraunen Deckblättern von Natur aus mit zarteren Mischungen kompatibel ist. Wenn wir Kubas zwei beliebteste Robustos als Beispiel heranziehen, dann würde ich stets eine Partagás Serie D No. 4 mit einem Colorado-oder Colorado-Maduro-Deckblatt und eine Hoyo de Monterrey Epicure No. 2 mit einem Claro-Wrapper wählen. Ich möchte jedoch klarstellen, dass es sich hier um keine Regel, sondern nur um meine persönliche Vorliebe handelt. Es gibt viele angesehene Passionados, die ihre Epicure No. 2 mit einem dunklen Deckblatt bzw. ihre D No. 4 mit einem hellen bestellen. Entscheiden Sie selbst, was Ihren Geschmack am besten trifft. Im Lauf der Zeit haben sich die Präferenzen auf dem Markt verändert. Als ich in der Branche begann, waren Claro-Deckblätter groß in Mode. Bis in die 1970er-Jahre haben einige kubanische Fabriken die Kisten gemäß den Farben ihres Inhalts gekennzeichnet. Entweder mit dem vollen Namen – Claro, Colorado Claro usw. – oder manchmal mit einem Code: CCC für Claro, CC für Colorado Claro und C für Colorado. Die Farbangaben waren auch auf den Rechnungen zu finden, wie im Falle jener aus dem Jahr 1939 von Partagás an Hunters für Ramón Allones. Bei den meisten Zigarren handelt es sich um Claro (CCC), selbst bei kräftigen Marken. 

Heute gibt es ein viel größeres Farbenspektrum der Deckblätter aus Kuba, besonders wenn man Spezialitäten wie die Limited Editions mit einbezieht. Deshalb würde ich es begrüßen, wenn die Kennzeichnung der Farben wieder auf den Kisten aufscheint. 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Herbst-Ausgabe 2017 veröffentlicht. Mehr 

Simon Chase, der von der New York Times als „britischer Zigarren-Weiser“ bezeichnet wurde, arbeitete von 1977 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2009 für das in London ansässige Unternehmen Hunters & Frankau – Habanos-Vertriebshändler für das Vereinigte Königreich. In dieser Zeit erwarb er umfassende Kenntnisse über die Zigarrenindustrie der Vergangenheit und Gegenwart, besonders jene in Kuba. Heute leitet er seine eigene Beratungsfirma Simon Chase Limited, die sich auf Zigarren-Marketing und Tabakgesetzgebung spezialisiert. Zudem ist er nach wie vor nicht-exekutives Mitglied im Vorstand von Hunters & Frankau. Im Jahr 1998 erhielt er von Habanos S.A. die Auszeichnung Hombre Habano del Año (Habanos-Mann des Jahres) in der Kategorie Kommunikation. Seither ist er bestens als Auktionator beim Gala-Dinner zum Abschluss des jährlichen Habano-Festivals bekannt.


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