Worauf man beim Kauf eines Reisehumidors achten sollte

Mindestens genauso vielfältig wie bei Etuis und Hülsen ist das Angebot an Reisehumidoren. So unterschiedlich die Konzepte sind, so differenziert ist deren Eignung zur Lagerung und zum Transport von Zigarren. Ein Reisehumidor soll tun, was sein Name vermuten lässt, nämlich auf Reisen die Zigarren in einem möglichst perfekten Zustand zu erhalten. Und das gelingt den wenigsten Produkten.

Das Hauptproblem liegt dabei in der Befeuchtung. Aufgrund der geringen Abmessungen ist im Reisehumidor nur ein geringes Luftvolumen vorhanden. Der Befeuchter befeuchtet ja nun nicht die Zigarren, sondern die Luft im Humidor, und diese gibt die Feuchtigkeit weiter an die Zigarren. Ist der Humidor, mit Zigarren gefüllt, so sind nur noch wenige Kubikzentimeter Luft übrig. Aufgrund der geringen Abmessungen ist der Befeuchter mit seiner Verdunstungsöffnung meist sehr dicht an den Zigarren positioniert. Dazu kommen noch Temperaturschwankungen, die einen direkten Einfluss auf die relative Luftfeuchte haben. Die Folge sind sehr unterschiedlich befeuchtete Zigarren, von matschig-weich bis trocken ist alles zu haben.

Ich möchte Ihnen hier Empfehlungen geben, wie Sie sinnvoll konstruierte von geistlos konstruierten Humidoren unterscheiden können. Zur Beurteilung legen wir folgende Kriterien an:

• Schaffung einer möglichst konstanten relativen Luftfeuchte im Humidor
• Schutz der Zigarren vor Beschädigung
• Eignung zum Transport unterschiedlicher Formate
• Komfort, Handling und Gebrauchswert

Standard-Reisehumidor

Im Grunde handelt es sich dabei um einen Minihumidor, der aus unterschiedlichen Materialen gebaut sein kann. Meist wird eine Innenauskleidung aus Spanischer Zeder eingesetzt, außen kann die Box aus Metall, Holz, Leder oder Kunststoff bestehen. Die Zigarren liegen nebeneinander lose im Humidor, bestenfalls gibt es noch ein Trennbrettchen, das man zwischen Front und Rückwand klemmen kann.

Es ist einsichtig, dass eine solche Konstruktion den Zigarren keinerlei Halt im Humidor verschafft. Wird der Humidor im Koffer transportiert, so fliegen die Zigarren im Humidor umher. Das kann also unmöglich eine ernsthafte Lösung für einen Reisehumidor sein. Wenn wir vom Problem der umherfliegenden Zigarren einmal absehen, ist der wichtigste Aspekt die Position des Befeuchtungssystems.

Bei vielen Minihumidoren sitzt der Befeuchter im Deckel mit der Verdunstungsfläche in Richtung Zigarren. Aufgrund der geringen Bauhöhe des Humidors ist der Abstand vom Befeuchter zu den Zigarren bei geschlossenem Deckel so gering, dass die Zigarren direkt unter dem Befeuchter komplett aufgeweicht werden. Sinnvoller sind hier Stabbefeuchter. Diese werden neben die Zigarren gelegt und die Verdunstungsfläche zeigt zum Deckel. Dadurch wird der Abstand der Verdunstungsfläche des Befeuchters zu den Zigarren vergrößert. Sinnvoll ist es dann, rechts und links neben den Befeuchter jeweils eine Zigarre in einen Alutube zu lagern, damit der Abstand zu den „nackten“ Zigarren nochmals vergrößert wird.

Wenn Sie den Humidor so bestücken, dann reduzieren Sie die Gefahr einer partiellen Überfeuchtung ganz erheblich. Wenn aber die Zigarren im Humidor umherfliegen, weil sie nicht fixiert sind, dann ist die obige Empfehlung natürlich nur Makulatur. Aufgrund der geringen Tiefe dieser Humidore können lange Zigarren nur quer eingelagert werden. Mit dem Ergebnis, dass die restlichen Zigarren dann auch nur noch quer eingelagert werden können, weil sie längsseits nicht mehr in den Humidor passen. So kann die eigentlich gedachte Länge des Humidors, die das Einlagern von 10 Zigarren antizipieren lässt, schnell zu seiner Tiefe werden und das Lagerungsvolumen reduziert sich beträchtlich.

Es gibt in dieser Kategorie sehr schöne und auch teure Humidore. Aber im Ernst – würden Sie einen Amboina-furnierten und hochglänzend lackierten Humidor in einen Koffer packen, wo man zwangsläufig Kratzer im Lack erwarten muss, wenn man den Humidor selbst nicht noch einmal verpackt? Meiner Ansicht nach können derartige Behältnisse nicht als Reisehumidor durchgehen, einfach weil durch das geringe Luftvolumen und der Befeuchterposition keine vernünftige Zigarrenlagerung möglich ist, die Gefahr der Beschädigung des Humidors auf Reisen zwangsläufig besteht und die Zigarren nicht vor Verrutschen geschützt sind.

Reisehumidore mit Zigarrenbetten

Erheblich intelligenter sind Reisehumidore konstruiert, bei denen die Zigarren in hohlkehlförmigen Ausfräsungen (Zigarrenbetten) liegen. Vorausgesetzt der Humidor ist nicht zu hoch gebaut, so dass die Zigarre nicht aus ihrem Bett rutschen kann, ist diese Konstruktion für die Reise gut geeignet. Wenn die Zigarrenbetten lang genug sind, so können auch sehr große Formate transportiert werden. Damit kurze Zigarren nicht in den Betten hin und her rutschen, kann man sich durch das Einklemmen kleiner Schaumgummistücke behelfen. So ist jede Zigarre perfekt fixiert und nimmt selbst bei starken Stößen keinen Schaden.

Problematisch ist und bleibt aber immer die Befeuchterposition. Hier gelten die gleichen Empfehlungen wie für den Standard-Reisehumidor: Möglichst großer Abstand zwischen Befeuchter und Zigarren, Zigarren im Tubo neben den Befeuchter legen oder ein Stückchen Zedernfurnier zwischen Befeuchter und Zigarren stecken.

Photo: Marc André

Echte Reisehumidore

Zugegeben, die Boxen aus Aluminium oder ABS-Kunststoff sind optisch nicht der Brüller. Und wenn man dann im Inneren die Auskleidung aus Schaumstoff sieht, kann man sich wirklich fragen, warum derartige Kisten als Reisehumidor betitelt werden. Wenn Sie von der lausigen Wertanmutung einmal absehen, dann sind es genau diese Behältnisse, die die Bezeichnung Reisehumidor verdienen.

Die Zigarrenbetten aus geruchlosem Schaumstoff geben jeder Zigarre den bestmöglichen Schutz. Die Kisten sind so stabil, dass man sie aus dem 1. Stock auf den Boden fallen lassen kann ohne dass die Zigarren Schaden nehmen (den Lesern aus den USA sei hiermit mitgeteilt: Probieren Sie das nicht aus, ich will nämlich nicht verklagt werden wenn doch was passiert), Deckel und Korpus schließen so dicht, dass man die Boxen unter Wasser halten kann.

Einziges Defizit wieder: das Befeuchtungssystem. So gut die Konstruktion einer solchen Box ist, so dumm ist die Position des Befeuchters im Deckel, da dieser auch wieder die oberste Lage an Zigarren zu aufgeweichten Stumpen verwandelt. Ich empfehle unseren Kunden etwas anderes: Den Befeuchter im Deckel lassen Sie unangetastet. Je nach Größe des Humidors fertigen wir 1 bis 3 passgenau gefräste Stücke aus Spanischem Zedernholz. Diese befeuchtet man mit etwas Wasser und legt sie in ein Zigarrenbett. Voila.

Sie bekommen durch die Holzstücke das Aroma der Spanischen Zeder in die Plastikbüchse, das bisschen im Holz gespeicherte Wasser verdunstet und Sie haben aufgrund des dichten Abschlusses der Box nur beim Öffnen des Humidors einen Verlust an Feuchtigkeit, der durch leichtes Anfeuchten der Holzklötze ausgeglichen wird. Ich selbst nutze diese Lösung, und nach drei Wochen Urlaub fühlen sich die Zigarren in dieser Box (wenn noch welche übrig sind) absolut perfekt an.

Da in einem Reisehumidor ein Hygrometer sowieso keinen Sinn macht und Sie immer stärkere Schwankungen der relativen Luftfeuchte haben werden, ist diese etwas rustikal anmutende Handlungsempfehlung meiner Ansicht nach die beste Lösung. Und weil die Plastikboxen so hässlich sind, ist es auch völlig egal, wenn sie im Koffer oder vom Sand am Strand verkratzt werden.

Photo: Marc André

Marc André ist leidenschaftlicher Zigarrenraucher und Humidorbauer. Er hat verschiedene Befeuchtungselektroniken für Humidore entwickelt, ist beratend und ausführend im Bereich Humidor-Sonderserien und Individualanfertigungen tätig. Neben seiner Vortragstätigkeit zum Thema Zigarrenlagerung und Humidorbau betreibt er die Website www.humidorbau.de und bietet dort mit seinen zu 100% in Deutschland gefertigten Humidoren der Century-Serie vom kleinen Tischhumidor bis zum Agingschrank Lösungen zur professionellen Zigarrenlagerung an.


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