Zigarren gibt es in jeder nur erdenklichen Verpackung – aber zu welchem Preis? Lew Rothman von J-R Cigars ist Experte was Verpackungen betrifft. Wir fragten ihn: Was kosten Kisten?
„Der Preis einer Kiste hängt davon ab, um welche Art es sich handelt und wo sie hergestellt wird“, meinte er in einem Interview. „Wird sie z. B. in der Dominikanischen Republik gemacht, ist sie extrem teuer, weil es dort kein Holz (für Zigarrenkisten) gibt, und diesen eingführt werden muss. In Nicaragua hingegen, wo es genug Holz gibt, um 40 Millionen Häuser zu bauen, sieht die Lage ganz anders aus. Hier produzierte Kisten werden also billiger sein.“
Rothman informiert ausführlich über verschiedene Kisten und deren Herstellung: „Kabinett-Kisten mit Schiebedeckel, etwa jene von Avo, bestehen aus Zedernsperrholz. Das heißt, auf zumindest drei Seiten wurde das Sperrholz mit einer dünnen Schicht Zedernholz überzogen. Aus gutem Grund: Zedernholz absorbiert Feuchtigkeit. Bei einer anderen Art von Kiste – ebenfalls für Avo hergestellt und mittels Klappdeckel zu öffnen – hängt der Preis eher von anderen Dingen ab. Das Scharnier stammt gewöhnlich aus Deutschland und wird mittels einer teuren Maschine, die wie ein riesiger Hefter aussieht, angebracht. Es gibt noch viele andere Kisten mit Deckel, manche davon müssen in Handarbeit fertiggestellt werden, was die Kosten weiter hinauftreibt, andere verwenden sehr lange Scharniere, auch ,Klavierbänder‘ genannt, wie sie bei Schmuckkästchen zu finden sind.
Dann gibt es die berühmten ,Wrapsets‘: mit Papier überzogene Kisten mit bunten Labels und Streifen an den Kanten, die das Holz nahezu oder ganz verdecken. Cigarrenraucher sind an Kisten aus Holz, besonders Sperrholz, gewöhnt, das standhaft bleibt und sich im schwülen Wetter der Karibik oder bei kalter Lagerung während des Schifftransports nicht verändert. Aber inzwischen gibt es auch Kisten aus MDF (mitteldichter Faserplatte), speziell aus China. MDF ist neu und enorm schwer. Aber das Tolle daran: es verbiegt sich nicht. Man sieht es immer öfter bei ,Wrapset-Kisten‘.“
Was kostet all das? Kisten der obersten Preisklasse liegen bei USD 20,– pro Stück und steigern die Kosten einer Cigarre um USD 0,85 bis 1,– pro Stück. Manche sind sogar noch teurer. Rothman: „Gurkha-Kisten kosten mehr als die Zigarren.“ Ein Punkt, auf den Gurkha-Chef Kaizad Hansotia mit Stolz hinweist. Rothman weiter: „Die meisten ,Wrapset-Kisten‘ kosten ca. USD 4,50: davon USD 1,– fürs Papier und USD 3,50 für Kiste, Aufkleben des Papiers und Fertigstellung. MDF-Kisten kosten etwa dasselbe.“ Umgerechnet sind das 18 Cent pro Cigarre bei 25er-Kisten und 22,5 Cent bei 20er-Kisten, die Rothman für zigtausend Kisten pro Jahr zahlt. Für kleinere Produzenten sind die Kosten natürlich höher.
Rothman wies ferner darauf hin, dass ein weiteres Element den Verpackungspreis beeinflusst: der Zigarrenring. Dieser muss händisch in der Fabrik angebracht werden, und je nachdem, wo die Ringe gedruckt werden, können hier erhebliche Kosten anfallen – mit Prägung zwischen 50 und 80 Cent pro Stück und mehr. „Aufgrund des Euros steigen die Kosten bei europäischen Druckereien“, so Rothman, „und wenn die Banderolen Prägungen haben, dann sind nach oben keine Grenzen gesetzt.“
Kein Wunder also, dass Tabakhändler heutzutage leere Kisten verkaufen anstatt diese zu verschenken und dass Hersteller bei einigen Marken „Nachfüllpackungen“ für die Originalkisten anbieten. Alles, um den Preis, den wir zahlen, so niedrig wie möglich zu halten. Jetzt wissen wir’s.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahrs-Ausgabe 2011 veröffentlicht. Mehr