Pinar del Rio: Auf den Spuren von Kubas Tabakanbau

Von Beginn der Reise an umweht mich der typisch nostalgische Hauch Kubas: Ein mintfarbener Pontiac, Baujahr 1960, chauffiert mich ins gelobte Tabakland, nach Pinar del Río. Der gemächlich schaukelnde Oldtimer wirkt entschleunigend aufs Gemüt und dennoch anregend wie der erste Smoke am Morgen.

In der Provinzhauptstadt Pinar del Río startet meine Fahrt auf der im Herbst 2015 eröffneten Tabakroute. Das Logo der „Ruta del Tabaco“ zeigt eine mit Palmstroh bedeckte Trockenscheune. Es verweist damit auf uralte Traditionen bei der Kultivierung des „Braunen Goldes“ im Valle de Viñales. Das etwa zehn Kilometer lange Tal schließt auch die Sierra de los Órganos als beliebten touristischen Nationalpark ein. Das weltweit berühmte Anbaugebiet Vuelta Abajo wurde bereits 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. San Juan y Martínez und die nahegelegene Gemeinde San Luis sind die wichtigsten Ziele auf der habanophilen Tabakroute.

Wer sich auf die Spuren des Tabakanbaus im Westen Kubas begibt, sieht allerorts Pferdekutschen und auf Tabakfeldern Ochsenkarren, die den Anschein haben, aus einem biblischen Gleichnis entsprungen zu sein.

Mein Transportvergnügen ist sehr viel teurer als ein Mietwagen. Doch diese Art, durch Kuba zu reisen, hat den Vorteil, dass der Fahrer die Region wie seine Westentasche kennt. Entspannt kann ich die spektakulären Landschaftsbilder genießen, wie etwa die kuriosen Felsformationen Mogotes, die sich wie surrealistische Riesenwunderpilze zwischen tiefgrünen Auen erheben.

Photo: Gabriela Greess

Mein erstes Ziel ist die „Hacienda Quemado de Rubí“, wo mich der Pionier von Kubas angesagtem Öko-Tourismus erwartet: Héctor Luis Prieto, 2008 zum Hombre del Habano gekürt und mit 45 Jahren der bislang jüngste Vertreter dieser Ehrengarde. Ihm gelang es, einen Hauch vom international bekannten Zigarrenevent Festival del Habano auf seine Farm zu verpflanzen. Prieto kooperiert mit Guides, die mehrsprachige Führungen anbieten, und überrascht mit einem Landhäuschen, in der seine eigene Habanos-Produktion top klimatisiert lagert. Mancher Besucher entdeckt hier eine neue Lieblingszigarre und bekommt en passant einprägsame Tabaklektionen.

Prieto strahlt Ruhe aus und eine enge Verbundenheit mit seiner Tabakheimat. Besucher aus aller Welt können bei ihm auf den Feldern und im Trockenhaus mitarbeiten sowie beim Sortieren der Blätter helfen oder beim Rollen erste Erfahrungen sammeln.

KUBAS WILDER „TABAK-WESTEN“

Wer bislang individuell durchs Eldorado für Zigarrengenießer reiste, war auf Improvisation und persönliche Kontakte angewiesen, oder man buchte einen Reiseveranstalter mit der Lizenz, einige Highlights in Kubas „Wildem Tabak-Westen“ zu besuchen. Die Nachfrage war stets groß, wächst doch im Vuelta Abajo nach Meinung vieler Experten der beste Tabak unseres Planeten.

Die „Ruta del Tabaco“ trumpft mit dem Angebot, ihren Besuchern den Prozess des Tabakanbaus von der Aussaat bis hin zum Endprodukt gesamtheitlich und interaktiv erleben zu lassen. Auf der Liste der Besucher-Fincas stehen Tabakpflanzer der ersten Reihe wie Héctor Prieto, aber auch Vegueros wie Gerardo Medina und Pancho Cuba, dessen Musterfarm Besucher des Festival del Habano bereits kennen. Natürlich gehört auch die Finca von El Pinar zum Programm. Das Erbe des legendären Maestro Don Alejandro Robaina wird von dessen Enkel Hiroshi weitergeführt.

Photo: Gabriela Greess

Es lohnt sich, den offiziellen Steckbrief der neuen „Ruta del Tabaco“ genau zu studieren. Denn auf GPS- Geräte kann man auf Kuba bislang nur eingeschränkt vertrauen. Auf Kilometer 120 der Autobahn nach Pinar del Río liegt der Parador Las Barrigoas, das Informationszentrum zur „Ruta del Tabaco“. Dort besorgt man sich die dafür extra ausgearbeitete Straßenkarte – und los geht’s für alle, die sich gern individuell im Mietwagen fortbewegen.

BLATTERNTE FÜR BESTE COHIBAS

„Ich bin stolz, dass bis zu 60 Prozent meiner Produktion im Laufe der Jahre als Deckblätter für den Export genutzt wurden“, erzählt mir später Prieto auf einem Marsch entlang seiner Felder. Wer will, kann hier einen Ausritt auf Héctors Pferden machen, im nahen Fluss baden und als Pensionsgast kreolische Hausfrauenkost genießen.

Wir machen ein Erinnerungsfoto vor der Statue von José Martí (1853–1895), Kubas revolutionärem Nationalhelden. Tabakbauer Prieto reservierte ihm einen Platz mit Weitblick auf sein Terrain. Nach der Führung durch die Finca gibt’s Bier aus Kuba im Ranchón, die fürs ländliche Pinar del Río typische Terrasse, geschützt durch ein rustikales Holzdach. Mit Blick auf den Torcedor, der hier Souvenir-Zigarren rollt, meint der Veguero: „Das Wissen meines Vaters gebe ich an meinen 23-jährigen Sohn weiter.“

Dass aus Prietos Blatternte exquisite Cohibas gedreht werden und sogar der kubanische Rekordweltmeister Cueto von hier sein Material bezog für die längste Zigarre der Welt, würdige ich im kleinen Tabakhaus mit andächtigem Schweigen. Wahre Glücksmomente erlebe ich beim zufälligen Erschnuppern mir fremder neuer Tabakaromen. Denn die entfalten sich erst nach einem raffinierten Fermentierungsprozess, der stets auch von unbekannten Größen beeinflusst wird. Vergleichbar einem kostbaren Parfüm bleibt auch hier das Geheimnis der Rezeptur im Nebulösen: wie die Tabakfelder des Vuelta Abajo, die früh am Morgen von feinen Nebelschleiern verhüllt sind.

Tobacco Shops

1 – Los Vegueros: Habanos-Tabakfachgeschäft im idyllischen Viñales (touris- tisches Zentrum der Provinz Pinar del Río), zentral an der Durchgangsstraße gelegen.
2 – Fábrica de Tabacos Francisco Donatien, C/Antonio Maceo 157 20100, Pinar del Río, T +53 48 7 73 06 90: Die als „Vegueros Cigar factory“ bekannte Manufaktur beherbergt einen Tabakshop mit Habanos vom Feinsten.
Interessant auf den Fincas: Viele Vegueros rollen Puros mit Tabak, der ihnen von ihrer Ernte staatlich zugeteilt wird. Preis: etwa zwei bis fünf CUC pro Zigarre (1 CUC = 0,95 EUR).

Restaurants

3 – Paladar Café Ortuzar, C/Martí 127, 20100 Pinar del Río/City, T +53 (82) 48 75 11 11
4 – Bacanal, Ave Borrego e/, Colón y Gerardo Medina, 20100 Pinar del Río/City, T +53 (82) 52 93 96 10

Hotels & Casas

Privatunterkünfte bieten meist gute hausgemachte Küche; geraucht wird generell draußen.
5 – La Ermita***: Panoramablick über Viñales-Tal www.hotel-la-ermita-cuba.com
6 – La Auténtica: Luxuriöse Casa www.bbinnvinales.com/bedandbreakfastrentweb/?631,casa- la-autentica-(vinales)-4-
7 – Casa Yuri y Nino, Wohnen direkt an Tabakfeldern www.cuba-casa.de/item/4-vinales/154
8 – Villa El Habano. www.mycasaincuba.com/casa-particular/vinales/villa- el-habano

Must Visit

9 – Finca Paco Hernandez, Km2 Carretera Moncada, Barrio Cuajani, 22400 Viñales, T+53(48)54032532. Bitte telefonisch anmelden.

Travel Info

www.cubatravel.tur.cu
La Ruta del Tabaco: www.pinardelrio.travel
Cigar Tourism Pinar del Río (ECC): www.experiencecubanculture.com, www.cigartourism.com

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Sommer-Ausgabe 2016 veröffentlicht. Mehr

Gabriela Greess ist seit 2005 für den Travel Corner des Cigar Journals rund um den Globus unterwegs, und berichtet über Top-Locations für Passionados. Für das Cigar Journal recherchiert sie ebenfalls Unternehmensportraits, und trifft Vertreter der Tabakbranche für Interviews. Für die Rubrik Tobacco & Arts schreibt sie zu Kunstschaffenden, die sich im Besonderen der Zigarre widmen. Für das Cigar Journal recherchiert sie ebenfalls Unternehmensportraits, und trifft Vertreter der Tabakbranche für Interviews. Für die Rubrik Tobacco & Arts schreibt sie zu Kunstschaffenden, die sich im Besonderen der Zigarre widmen.


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