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Es war einmal … ein Lagerhaus auf der Calle San Carlos No. 816

Das prächtige Haus befindet sich auf der Calle San Carlos No. 816, an der Ecke zur Calle Penalver und war früher ein Tabaklagerhaus im Besitz des Tabakspezialisten Mark A. Pollack. Nicht nur mit der Herstellung von Zigarren konnte man im Havanna der damaligen Zeit gutes Geld verdienen, auch im Tabakhandel „spielte die Musik“. Der von Pollack angebotene Tabak war bekannt für höchste Qualität.

 

Zu finden ist die Manufaktur für Havanna-Kenner ziemlich einfach. Sie befindet sich hinter der Romeo-Manufaktur Briones Montoto und ist die neue Wirkungsstätte der Belegschaft von Partagás.

Über dem Eingang prangt der Name des ursprünglichen Besitzers dieses Palastes: Pollack

Das Gebäude wurde in den vergangenen Jahren aufwändig saniert, die Mauern strahlen in hellem Weiß. Eine Treppe mit wenigen Stufen, links und rechts flankiert von mächtigen Säulen, führt in den Empfangsbereich und in einen lichtdurchfluteten Patio.

Über eine Treppe gelangt man in die oberen Etagen zu den Galeras. Diese haben nicht nur Fenster zur Außenseite, sondern auch zum Patio hin, wo in jeder Etage ein umlaufender Balkon mit wundervoll gearbeiteten Gittern zu finden ist. Von hier aus dürfen Besucher den Torcedores bei der Arbeit zuschauen.

Einst ein Lagerhaus

Erbaut wurde das Gebäude wahrscheinlich 1902, so die Aufschrift oberhalb des Eingangs, von einem Architekten namens A. Padial. Anhand eines Stadtplans von Havanna aus dem Jahre 1849 kann man ersehen, dass sich die Stadt damals bis zur Calle Belascoain ausgebreitet hatte. Dahinter befand sich freies Feld, Campo de Penalver genannt.

partagas factory entrance columns pollack

Photo: Claudia Puszkar

Häuser waren auf der Calle Belascoain nur auf einer Straßenseite gebaut. Die andere Seite, wo heute beispielsweise die Manufaktur Briones Montoto steht oder wo sich die alte Romeo-Manufaktur des Don Pepin befand, wurde auf jeden Fall erst nach 1849 bebaut. Tatsächlich ließ der Tabaklagerist Mark A. Pollack dieses Haus als Lagerhaus für seinen ausgezeichneten Tabak errichten. Wie erwähnt war der Tabakhandel ein lohnendes Geschäft, die Lagerhäuser glichen damals Palästen.

Mark A. Pollack stammte ursprünglich aus England, zumindest laut den Angaben im Eigentümerverzeichnis der Insel von Guillermo Jimenéz. Unterlagen im Museo Municipal de Centro Habana weisen Pollack jedoch als Amerikaner aus. Wie dem auch sei, seine Unternehmung baute er aus eigenen Kräften auf. Wann Pollack nach Kuba kam, ist nicht überliefert.

Das Gebäude hat aufgrund seiner leichten Hanglage vorn vier Etagen, hinten dagegen fünf. In der obersten, fünften Etage und mit dem Blick nach hinten hinaus befand sich Pollacks Apartment. Dieses bewohnte er gemeinsam mit seiner Frau Carmen Casuso Olloa. Der Blick über den Campo de Penalver, der zu dieser Zeit vielleicht langsam als Bauland erschlossen wurde, musste noch ziemlich frei gewesen sein. Pollack lebte hier bis zu seinem Tode am 8. November 1946; seine Frau war nur wenige Monate zuvor von ihm gegangen.

Sein Sohn Roberto Pollack übernahm nun das Geschäft. Genau wie sein Vater war auch er ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Anders als dieser betätigte er sich jedoch in verschiedenen Bereichen. Neben dem Tabaklager unterhielt er einen Handel mit Küchengeräten, Fernsehern und Radios, und er heiratete gewinnbringend.

Einst lagerten hier ausschließlich beste Tabake. Heute beherbergen die mächtigen Mauern die Partagás-Manufaktur.

Er ging die Ehe mit Chita Diehl ein, der Tochter eines ursprünglich aus Deutschland stammenden Tabakhändlers Hermann Diehl. So vereinigten sich mit dieser Heirat zwei bedeutende Tabaklager mit deren hervorragendem Material, den überaus guten Beziehungen zu den Vegueros (den Tabakbauern) und zu den Zigarrenherstellern. Chita Diehl war außerdem Inhaberin ihrer eigenen, damals sehr bekannten Modekette, Chita’s Moda. Ihre Familie war sehr einflussreich, nicht zuletzt wegen der verwandtschaftlichen Beziehungen zum spanischen Adel.

Vom Lagerhaus zur Manufaktur

Bis 1958 befand sich das Haus auf jeden Fall im Besitz der Familie Pollack. Nach dem Sieg der Revolution verließ die Familie die Insel sicherlich genauso wie viele andere auch. Später zog in dieses Haus die Manufaktur El Rey del Mundo; sie befand sich ja zunächst auf der Calle Belascoain 852. Wann genau das passierte, konnte bisher nicht recherchiert werden.

partagas factory pollack havana inside

Photo: Claudia Puszkar

Einige Habanesen bezeichnen die Manufaktur auf der San Carlos heute noch als El Rey del Mundo-Fabrik. Einige Jahre hat das Gebäude dann wahrscheinlich leer gestanden.

Vor einigen Jahren waren Gerüchte im Umlauf, dass in dieser Fabrik vor allem Spezialitäten, also ganz besondere, limitierte Zigarren gefertigt werden sollten. Doch dann, 2012, zog die Belegschaft der Marke Partagás auf die Calle San Carlos.

Das sehr bekannte Partagás-Fabrikgebäude hinter dem Capitol musste aufgrund seines schlechten Zustandes geschlossen werden und die legendäre Marke brauchte ein neues, repräsentatives Haus. Dies hat die Marke Partagás nun auf der Calle San Carlos gefunden.

Viele Touristen haben die Fabrik, in der für Gruppen offiziell Besichtigungen angeboten werden, bereits besucht. Busse bringen die Besucher direkt zur Manufaktur. Außerdem lohnt sich die Fahrt dahin natürlich auch deshalb, weil viele gern in der Casa del Tabaco der benachbarten Manufaktur Briones Montoto eine Stippvisite machen.

Information:

NAME DER MANUFAKTUR
Aktuell: Manufaktur Partagás

ERBAUER
Mark A. Pollack

JAHR DER ERÖFFNUNG
Wahrscheinlich 1902

ADRESSE
Calle San Carlos No. 816

LAGE
Vom Capitol etwa 10 Minuten per Taxi

MARKEN
Früher: El Rey del Mundo, heute: Partagás

 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Sommer-Ausgabe 2014 veröffentlicht. Mehr

Claudia Puszkar, von Hause aus Diplom-Soziologin, schreibt schon seit Jahren über kubanische Zigarren und deren Geschichte. In Havanna ist sie regelmäßig auf den Spuren alter und neuer Zigarrenmanufakturen unterwegs, aber auch immer auf der Suche nach neuen Impressionen, die die Stadt und die Menschen vor Ort zu bieten haben.


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