heinrich villiger soehne controlling tobacco leaf factory

Tobajara: Eine erfolgreiche Premiumzigarre aus Brasilien

In Deutschland, man möchte fast sagen, nur in Deutschland, spielt die Brasil-Zigarre eine wichtige Rolle. Allerdings in jahrhundertelanger Tradition als Shortfiller, dem auch andere Tabake beispielsweise aus Kuba hinzugefügt werden. Die auf dem Markt vertretenen Longfiller kann man an einer Hand zählen. Sie spielen zu Unrecht ein Schattendasein.

 

„Brasilianische Tabake kann man in ihrer Qualität mit kubanischen Tabaken vergleichen“, sagt Heinrich Villiger und will neuerdings als Schweizer Eulen nach Athen tragen. Der 84-jährige Villiger gilt als einer der besten Rohtabakkenner der Welt und stellt auch mit seiner körperlichen Fitness noch so manchen Jungspund in den Schatten. Sein Zuhause sind nicht nur die Tabakplantagen der Welt, sondern auch der Sattel seines Motorrads auf wochenlangen Touren durch Südamerika und Südafrika.

„Schon vor zehn Jahren habe ich die Marke Tobajara Limitada als brasilianischen Puro auf den Markt gebracht – einen Longfiller ausschließlich aus brasilianischen Tabaken. Leider war es seinerzeit kein Erfolg und wir haben die Produktion eingestellt. Wir haben aber die Shortfiller-Variante mit Bandtabak (HTL) beibehalten“, erzählt die Tabak-Ikone. Die Niederlage und seine Liebe zu brasilianischen Tabaken ließen ihm aber keine Ruhe, und so kam es letztes Jahr zu einem Relaunch der Marke mit einem Robusto-Format in einer originellen und griffigen 4er-Metallschachtel für die Jackentasche. Dazu kreierte das Unternehmen neuen Shortfiller in zwei Formaten, ebenfalls mit den Natur-Deckblättern Maduro und Claro.

„Der gesamte Relaunch dauerte zwei Jahre“, betont Clemens Gütermann. Sofern der 84-jährige Villiger sich dann doch einmal von der Unternehmensleitung zurückziehen sollte, wird er die Geschicke des Unternehmens leiten. „Die Erstellung und das Testen der Zigarrenmuster, die Herstellung der Formen für den Wickel, der Markenauftritt, all dies braucht seine Zeit.“

Als notwendige Basis hat Villiger im klassischen Tabakgebiet Brasiliens Bahia in Cruz das Almas die Manufaktur Charutos Tobajara Ltda. gegründet (das „j“ wird übrigens portugiesisch als „sch“ ausgesprochen). Die Gründung einer eigenen Gesellschaft war eine Grundvoraussetzung für sein Engagement, denn in seinem langen Berufsleben hat er oft genug erlebt, dass er einen Brand aufgebaut hat und der Markeninhaber dann irgendwann die Pferde wechselte. Außerdem kann Heinrich Villiger mit einer eigenen Manufaktur natürlich auch den Blend selbst bestimmen. Für den Relaunch hat er extra eine neue Mischung kreieren lassen. Dazu bediente er sich eines langjährigen Partners, der die Rohtabake liefert. Das ist wichtig, denn das System des Tabakanbaus läuft in Brasilien anders ab als im Rest der Welt.

In Indonesien existieren beispielsweise, vom Staatsmonopol organisiert, riesige Plantagen. In Brasilien sprechen wir aber vom Bauerntabak. Eine Menge von kleinen Bauern erhält von den Rohtabakhändlern eine Unterstützung in Form von Samen und Düngemitteln, was dann bei der Ernte verrechnet wird. Außerdem findet die brasilianische Ernte anders statt. Die Tabakpflanze wird als Ganzes gefällt und im Freien zum Trocknen ausgelegt. Der Exporteur oder der Rohtabakhändler ist dann für die Selektion und Fermentation zuständig. In Indonesien und der Karibik hingegen werden die Tabakblätter je nach Reifestadium einzeln gepflückt. Dies geschieht übrigens in Brasilien bei den begehrten Deckblättern auch. Diese wachsen mittlerweile auch unter Gazé-Tüchern, wodurch die Linie Claro möglich geworden ist.

Die Zigarillo-Formate Tobajara Senorita und Club, ebenfalls 100 Prozent Brasil, lässt Villiger von seinem langjährigen Partner in der Dominikanischen Republik, Jose M. Maragoto von der Firma Abam in Santa Domingo, per Maschine herstellen. „Es wäre zu aufwändig, in Brasilien diese Maschinen aufzustellen, wenn sie bei einem Partner ohnehin verfügbar sind. Aufwändig, aber unvermeidbar ist allerdings der Umstand, dass wir die Rohtabake zunächst in die Schweiz schicken, um sie selbst perfekt zu mischen“, verrät Heinrich Villiger.

Die nächsten Ziele sind weitere Formate und natürlich die Eroberung des US-Marktes: „Wir werden hierfür einen stärkeren Tabakblend entwickeln, das erwartet dieser Markt“, sagt der Doyen des Tabaks. „Einfach wird es nicht werden, denn die Amerikaner kennen Premiumzigarren aus Brasilien so gut wie gar nicht. Auf der anderen Seite fordert dieser Markt immer etwas Neues, und das können wir in sehr guter Qualität anbieten.“

Und dann hat Villiger noch ein langfristiges Ziel. Der Name Tobajara ist in Anlehnung an einen alten Indianerstamm aus dem Amazonas-Gebiet entstanden, der immer schon Tabak angebaut hat, nun aber in sehr ärmlichen Verhältnissen lebt. „Vielleicht können wir diesen Indianern ermöglichen, Tabak wieder kommerziell anzubauen. Aber ich befürchte schon jetzt, dass die WHO als fanatischer Feind des Tabaks dieses Projekt torpedieren wird. Auf der anderen Seite: Wer kümmert sich sonst um diese Menschen?“

Information:

Villiger Söhne, 1888 in der Schweiz gegründet, ist in Deutschland seit vielen Jahrzehnten derart erfolgreich und präsent, dass der deutsche Raucher es quasi adoptiert hat und die schweizerischen Ursprünge womöglich gar nicht kennt.

Hier einige Eckdaten:

1910: Louise Villiger, Großmutter von Heinrich Villiger, gründete die Niederlassung in Deutschland, Waldshut-Tiengen.

1934: Söhne Max und Hans Villiger bauen in München Deutschlands größte Zigarrenfabrik, bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg arbeiten dort 2000 Mitarbeiter.

1950: Heinrich Villiger, Sohn von Max, tritt dem Unternehmen bei und übernimmt 1958 die Geschäftsführung. In den Folgejahren kauft sein Unternehmen diverse Mitbewerber wie Rudolf Holzapfel, Gebrüder Schäfer und die Firma Gebr. Deter.

1976: Gründung von 5th Avenue, Grundlage für einen späteren sehr wichtigen Unternehmensbereich, den Zentralimporteur für Havannas in Deutschland.

1983: Expansion in Deutschland, Gründung der Niederlassung in Bünde, heute europaweit eines der modernsten und leistungsfähigsten Werke zur Herstellung von Zigarillos. Neben neuen Premiummarken wie La Libertad, Villiger 1888, La Capitana, Tobajara und Talanga stellt Villiger Söhne weiterhin die Klassiker wie Villiger Kiel und Virginias Original Krumme her.

 

Dieser Artikel wurde im Country Report Deutschland 2014 veröffentlicht. Mehr

Frank Hidien war von 1997 bis 2005 Chefredakteur des deutschen Magazins Pipe & Cigar und ist seitdem als Freier Journalist tätig: Für Cigar Journal als Deutschland-Korrespondent, für andere Publikationen über Themen aus der Gastronomie.


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