Lorsch tauscht sich mit Kuba über den regionalen Tabakanbau aus

Direktor Lázaro Allen vom kubanischen Kulturministerium machte vier Tage lang Station in der Stadt Lorsch, die sich das Thema Tabak auf die Fahnen geschrieben hat. „Es geht um die Würdigung einer über 300jährigen großen Tradition“, so Kulturamtsleiterin Gabi Dewald. „Tabakanbau ist, gerade soziokulturell, eine ungeheuer prägende Tätigkeit, daneben sicherlich das wichtigstes Kapitel der hiesigen Unternehmensgeschichte.“ Doch wie sichert man eine solche Tradition in Zeiten, da – wie fast überall in Deutschland – sowohl der Tabakanbau als auch die Tabakverarbeitung (in Lorsch wurden Zigarren gerollt) erloschen, ja geradezu verfemt ist?

Dewald war deshalb in diesem Frühjahr zum Festival de Habanos, dem weltgrößten Zigarren-Event, nach Havanna gereist und hatte dort unter anderem den Vertreter des kubanischen Kulturministeriums kennengelernt. Lázaro Allen erwiderte jetzt diesen Besuch, denn gemeinsam, möchte man einiges auf den Weg bringen. „Wir denken an ein transnationales, kulturanthropologisches Austauschprojekt, das die vergleichende wissenschaftliche Untersuchung des Tabakanbaus und der Tabakverarbeitung zum Thema haben soll. Darin sollen die unterschiedlichsten Einflüsse der Tabakkultur auf die sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, architektonischen Gegebenheiten der Gemeinschaften festgehalten werden, die durch Anbau und Verwertung dieses sehr besonderen landwirtschaftlichen Produktes geprägt waren“, so Dewald übereinstimmend mit dem kubanischen Gast.

Nach ihren Erkundigungen gibt es bis heute keine internationale Untersuchung, die sich dieses Themas widmen. Dabei ist die Tabakkultur zweifellos eine der agrarischen und handwerklichen Kulturtechniken, die einen außerordentlichen Einfluss auf die Menschen haben, die sich damit befassen. Zwar ist Tabak eher anspruchslos was die Bodenbeschaffenheit betrifft. Doch kein landwirtschaftliches Produkt ist vergleichbar anspruchsvoll, was die händische Pflege angeht. „Und alle diese Arbeiten können nur in Gemeinschaft verrichtet werden, weshalb hier sicherlich prägende Einflüsse auf die Mentalität und die sozialen Strukturen der Menschen zu bemerken sind“, glauben Dewald und Allen. „Außerdem ist natürlich der Stolz auf das Produkt ein enorm wichtiger Faktor, das ja das Vielfache anderer landwirtschaftlicher Erzeugnisse bringt und die daraus resultierende Prosperität der Leute und damit ihrer Region.“

Ein Austausch zwischen dem Tabakmuseum Lorsch und dem Museo Tabaco Habana und zwischen Lorsch und der „Tabakhauptstadt“ Pinar del Rio in Kuba sind weitere Projekte, die man erörterte. Neben dem Bürgermeister der Stadt, Christian Schönung, war auch der Landrat des Kreises Bergstraße, Christian Engelhardt sowie als Vertreter der Metropolregion deren Kulturbüro-Leiter Thomas Kraus zu einem Arbeitsessen mit dem kubanischen Ministeriumsvertreter gekommen. Denn der Tabakanbau war in der gesamten Region des heutigen Südhessens, der Pfalz und dem nördlichen Baden-Württemberg ein wichtiger Erwerbszweig. In der Metropolregion Rhein-Neckar ist es immerhin auch, wo nachweislich der erste Tabak im heutigen Deutschland angebaut wurde. „Wir erarbeiten deshalb im Augenblick einen nationalen Antrag zur Anerkennung der Tabakkultur als Immaterielles Welterbe der UNESCO“, so Landrat Engelhardt. Ob und wie man das auch auf internationaler Ebene versuchen könnte, ist ebenfalls eine Frage, der man nun in Deutschland wie in Kuba konkret nachgehen möchte.

„Wer nur noch Sucht denkt, wenn er Tabak hört, weiß nichts davon, sich mit der Pflege und Verarbeitung dieser Ausnahmepflanze zu befassen. Doch genau darum geht es uns“, so Dewald, die unter anderem ein Bürgerprojekt in Sachen Tabakanbau ins Leben rief und dort auch regelmäßig auf dem Acker steht. Neben einem Besuch beim Generalimporteur kubanischer Zigarren für Deutschland, Österreich und Polen, der Firma 5th Avenue Products von Henrich Villiger, gab es deshalb am Abschiedsabend einen weiteren Höhepunkt. Die Lorscher Tabakbauern trafen sich mit Lázaro Allen zur geselligen Runde. „Total freundliche Leute, offen und interessiert“, war der Kubaner sichtlich beeindruckt. Und ein weiteres Projekt wurde gleich noch geboren: Die Lorscher Tabakbauern planen jetzt eine Arbeits-Reise auf die Felder von Pinar del Rio. „Das wäre die Krönung, dort einmal mitzuarbeiten, mit den Leuten dort Tabak zu ernten!“ ist man sich einig.


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