Nach der Ernte sind die grünen Tabakblätter dem natürlichen Vorgang des sogenannten „curado“ ausgesetzt – ein Prozess der Austrocknung, der von inneren chemischen Veränderungen begleitet wird.
Bei der ersten Phase dieses Verfahrens werden die Blätter an ihren Stielenden aufgefädelt (span.: ensarte) und über Holzstangen (span: cujes) gehängt, wobei hier bestimmte Normen zu beachten sind. Mit einer strikten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitskontrolle wird während der Vergilbung die restliche Zellatmung aufrechterhalten. Die vom Stamm der Pflanze entfernten Blätter greifen auf ihre eigenen Reserven zurück, was zu vorteilhaften chemischen und biologischen Veränderungen führt. Als Resultat von Hydrolyse, der Freisetzung von Chlorophyll und dem Entstehen anderer Pigmente wie etwa Carotinoiden verfärben sich die Blätter gelb.
Im Zuge dieses Vergilbungsprozesses verlieren sie innerhalb von vier bis sechs Tagen beträchtlich an Substanz und eine geringere Menge von Wasser. Später, im Zuge der Trocknung des Blattgewebes, erfolgt keine weitere Atmung oder Evaporation/Transpiration und die biologisch- chemischen Transformationen der Zellen sind unerheblich. Der Verlust von Feststoffen wird somit weniger während jener von Wasser ansteigt; dies dauert zwischen 20 und 25 Tage, je nach Umgebungsbedingungen und Blattgut.
Die Oxidation von Polyphenolen sorgt für den typischen Farbwechsel von gelblich zu bräunlich. Zudem ergänzen auftretende Flavonoidpigmente die durch Carotinoide erzeugte Färbung, wodurch die Blätter einen dunkleren Braunton annehmen. Ausgehend von den Rändern der Blätter bis zu den Adern zeichnet sich die Vergilbung durch charakteristische Merkmale aus: das Blattgewebe wird gelb, die Adern bleiben grün.
Wenn notwendig, werden Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Tabakschuppen (span.: casa del tabaco) durch das Besprühen des Bodens mit Wasser und/oder dem Verbrennen von Holzkohle kontrolliert. Darüber hinaus kann man die Ventilation in diesen Holzscheunen durch offene Türen und Fenster regulieren.
Die endgültige Färbung des Gewebes wird während der Trocknung der Hauptadern erreicht, die den Pflanzen zur Zirkulation dienen. Sie sind fester als das Gewebe und enthalten deshalb noch Restwasser, das zur Vervollständigung des Trocknungsprozesses entzogen werden muss. „Curado“ wird nur abgebrochen, wenn die Hauptader bei der Faltung des Blatts mit einem trockenen, knackenden Geräusch bricht. Atmung und Hydrolyse führen in den Blättern zur chemischen Transformation von oft komplexen und reizenden Substanzen in einfachere Moleküle. Proteine und hauptsächlich Kohlenhydrate verwandeln sich in Einfachzucker, Aminosäuren, Ammoniak, Kohlenstoffdioxid, Wasser etc.
Frisch geerntete Blätter bestehen zu 85 Prozent aus Wasser und 15 Prozent aus Feststoffen. Nach dem Trocknungsprozess ist das Verhältnis fast genau umgekehrt. Die Positionierung der „cujes“ wird angepasst, um die Luftzirkulation zu unterstützen und damit die von den Blättern abgegebene Feuchtigkeit entweichen kann.
Zuletzt werden beim „zafado“ die Blätter jeder „cuje“ auseinandergenommen, zu zwei Bündeln von 40 bis 60 Blättern gruppiert und wieder angebracht. Ein gut durchgeführter Trocknungsprozess garantiert eine ideale chemische Komposition und physikalische Beschaffenheit der Blätter für einen optimalen Beginn der anschließenden Schritte zur Zigarrenherstellung: Fermentation und Klassifizierung. „Curado“ stellt also eine delikate und entscheidende Phase in der Zigarrenproduktion dar.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Herbst-Ausgabe 2016 veröffentlicht. Mehr