Vor kurzem beschloss ich, eine kubanische Distinguido zu rauchen. Abgesehen von ihrem attraktiven, mittelbraunen Deckblatt und ihrer hervorragenden Maßfertigung über die gesamte Länge von 162 mm (63⁄8”), stach mir besonders ihre Form ins Auge. Sie glich jenem Zeppelin, den man bei bestimmten Werbekampagnen für Autoreifen sieht, und hob sich von den anderen, vorwiegend zylindrischen Zigarren – auch Parejo genannt – in meinem Humidor ab.
Ich schnitt das Kopfende 3 mm unter der Spitze an und erhielt damit eine Öffnung, nicht größer als jene einer Zigarette, zum Anzünden. Als ich das Brandende über dem Feuer drehte und einen Zug nahm, schoss eine sichelförmige Flamme empor. Ich war fasziniert von ihrem Geschmack, der vor allem vom Deckblatt kam, während der Einlagetabak einen scharfen, trockenen Eindruck auf meinem Gaumen hinterließ. Im Rauchverlauf bis zum weitetesten Umfang dieser Vitola mit einem 52er-Ringmaß wurde der Geschmack runder und reichhaltiger – ähnlich wie der mittelstarke bis kräftige Geschmack der Cuaba.
Für mich war das keine gänzlich neue Erfahrung, aber es hat mich an die Zeit erinnert, als ich einen Crash-Kurs im Rauchen solcher Zigarrenformate machen musste – vor fast genau 20 Jahren, als Hunters & Frankau auserkoren wurde, die Cuaba zu lancieren.
Mitte der 1990er-Jahre litt die kubanische Industrie noch an den Folgen des Zerfalls der Sowjetunion. Die Zigarrenproduktion fiel auf ein 25-Jahre-Tief. Doch der von Amerika ausgehende Zigarren-Boom erreichte langsam auch Europa, und das neugegründete Unternehmen Habanos S.A. sollte den altehrwürdigen Havanna-Handel durch moderne Fachkenntnisse auf einen neuen Stand bringen. Es war Zeit für Innovationen.
Der Ansporn für neue Ideen kam von ganz oben. Fidel Castro war überzeugt, dass man neue Marken brauchte – nicht nur, um Kubas Zigarrenportfolio zu beleben, sondern auch, um es der Branche angesichts der Tatsache, dass das US- Handelsembargo eines Tages aufgehoben werden könnte, zu ermöglichen, den amerikanischen Markt zu erschließen, wo die meisten alten kubanischen Marken von Konkurrenzunternehmen registriert wurden.
Diese Aufgabe sollte Francisco Linares, damaliger Präsident von Habanos S.A., übernehmen. Dank seiner Bemühungen kam es zum Launch von Vegas Robaina und Vegueros (1997), Trinidad (1998) und San Cristóbal de la Habana (1999), doch den Anfang machte Cuaba im Jahr 1996.
Eine Marke zu schaffen, die ausschließlich Double Figurados bzw. Perfectos, wie manche Leute sie nennen, umfasst, ist nur eines von vielen Konzepten und nicht gerade das einfachste. Es stimmt wohl, dass früher einmal praktisch alle Habanos dieses Format aufwiesen, doch das war im 19. Jahrhundert. Aus alten Katalogen im Archiv von Hunters & Frankau geht hervor, dass zylindrische Zigarren Mitte der 1930er-Jahre die Überhand gewannen, aber nach wie vor viele Double Figurados produziert wurden. In den 1990er-Jahren fanden sich nur mehr drei dieser Vitolas im kubanischen Portfolio: Romeo y Julieta Celestiales Finos, Partagás Presidentes und Fonseca Invictos. Somit gab es kaum noch Torcedores (Zigarrenroller), die diese komplizierten Formate rollen konnten.
Das Projekt war allein aufgrund des Engagements eines Mannes, des 60-jährigen Carlos Izquierdo, Torcedor in der Romeo-Fabrik, möglich. Viele Generationen der Familie Izquierdo arbeiteten bei Romeo. Carlos, der 1950 dort begann, avancierte rasch zu einem erstklassigen Zigarrenroller. Romeo y Julieta Romeo, die Zigarre, die er am liebsten machte, hatte zufälligerweise dasselbe Format wie die Cuaba Distinguido. Als deren Produktion 1978 eingestellt wurde, war er dermaßen verärgert, dass er schwor, bei jedem Treffen mit Repräsentanten von Habanos S.A. bzw. dessen Vorgängerbetrieb Cubatabaco, diese zu bitten, die Double Figurados, wieder einzuführen. Denn: diese stellten für ihn den Gipfel der Zigarrenrollerkunst dar.
Folglich wusste Linares ganz genau, wen er bei der neuen Marke um Hilfe bitten konnte. Höchsterfreut begann Carlos ein Team von 14 Zigarrenrollern bei Romeo zu schulen. Ich erinnere mich noch an ein Treffen mit ihnen zu dieser Zeit. Ich war sehr überrascht, dass die Gruppe so jung war. Carlos war sichtlich fest entschlossen, seine Fähigkeiten an eine komplett neue Generation weiterzugeben.
Im Jahr 1995 kam Linares erstmals nach England. Er besuchte viele Top-Zigarrenhändler und sah viele gereifte und seltene Zigarren, doch bei einem Erbstück im Besitz von Hunters & Frankau hielt er inne. Es handelte sich um in Glas gerahmte, gegen 1885 von La Corona hergestellte Original-Zigarren. Nachdem jede davon eine Double Figurado war, beschloss Linares, dass London der einzige passende Ort sei, um seine aufstrebende Cuaba-Marke zu lancieren.
Francisco Linares und Nicholas Freeman von Hunters & Frankau organisierten am 19. November 1996 eine elegante Abendveranstaltung für rund 200 Gäste im Claridge’s Hotel. An einem der Tische saß ein ruhiger Mann mit leicht schief sitzender Fliege, der den Eindruck vermittelte, dass er jetzt lieber an seiner Fabrikwerkbank wäre – Carlos Izquierdo, jener Mann, der hauptverantwortlich dafür war, dass dieses Event überhaupt stattfand.