Steve Saka, bekannt für seine Liga Priva- da-Blends, definiert Stärke als „ein Maß, das einen physiologischen Einfluss auf den Raucher hat. Für mich sind Nikotingehalt, Biss und Schärfe die Hauptkriterien für die Stärke einer Zigarre.“ Francisco Almonte, Master Blender und Besitzer von Dominican Big Leaguer (DBL) Cigars, bezeichnet Stärke als „die Kraft des Blattes“. Und Jose Blanco, Senior Vice President von E. P. Carrillo, meint, dass Leute Geschmack oft mit Stärke verwechseln. „Bei Stärke geht es um die Primings (Blattstufen) einer Pflanze. Je höher diese sind, desto stärker der Tabak.“ Ligero-Blätter gelten als die stärksten, weil sie vom höchsten Teil der Pflanze stammen und das meiste Sonnenlicht erhalten. Aber auch die Fermentation spielt eine große Rolle. „Je länger man Tabak fermentiert, desto weniger stark wird er sein“, so Almonte.
Ein weiterer Irrtum ist, dass die Stärke von der Farbe des Deckblatts abhängt. Viele Raucher glauben: je dunkler der Wrapper, desto stärker die Zigarre. Zigarrenhersteller sind anderer Meinung. „Viele Jahre lang wurden Zigarren nach diesem Prinzip geschaffen“, erklärt Saka. „Aber nun werden diese alten Regeln über Bord geworfen.“ Willie Flores, Inhaber der La Hoja Cigar Company, stimmt zu: „Das Deckblatt hat wohl Einfluss auf die Stärke, nicht aber dessen Farbe.“ Blanco sagt Leuten stets, dass sie die Stärke einer Zigarre nie nach der Farbe des Wrapper beurteilen sollen.
Und laut Almonte verleihe ein Maduro-Deckblatt der Zigarre Süße, Geschmack und Komplexität, aber nicht Stärke. Die stamme vorwiegend vom Einlagetabak. Der Blend einer starken Zigarre erfolgt nach bestimmten Kriterien. Zuerst wird die Pflanzensorte gewählt, danach das Priming. „Zunächst muss ich entscheiden, welchen Ligero-Tabak ich verwenden möchte und wie viel davon“, erläutert Flores, und Blanco sagt: „Wenn man eine milde Zigarre will, darf man sie nicht mit Ligero und Viso vollstopfen.“ Zu den stärksten heute verwendeten Tabaken zählen Pennsylvania Broadleaf, dominikanischer Piloto Cubano und San Vincente, honduranischer Corojo, nicaraguanischer Criollo ’98 und ecuadorianischer Sumatra.
Die meisten Zigarrenhersteller betonen die Bedeutung des „Retrohaling“ (retronasales Rauchen) beim Messen der Stärke einer Zigarre. „Nur weil eine Zigarre würzig schmeckt, heißt das nicht, dass sie stark ist“, erklärt Almonte. „Wenn man bloß über den Mund raucht, schmeckt man den Wrapper. Retrohaling bietet ein komplettes Erlebnis.“ Blanco stimmt zu: „Man nimmt die Stärke wirklich nur durch die Nase wahr. Einige Leute spüren sie auch im Magen.“
Den meisten Rauchern gelingt es, die Stärke anhand der physischen Auswirkungen auf den menschlichen Körper abzuschätzen. David Harwood, ein lebenslanger Zigarrenraucher aus Montgomery, Alabama, sagt: „Starke Zigarren können Benommenheit, Magenschmerzen oder sogar Schwindelgefühle verursachen.“ Viele Blender und Farmer bestimmen die Stärke, indem sie auf Tabakblättern kauen und so ein wahres Gefühl für den Nikotingehalt bekommen. Doch die Stärke bleibt eine der am schwersten zu quantifizierenden Eigenschaften einer Zigarre. „Ich tu mich schwer, wenn mich Leute fragen, wie stark eine Zigarre ist“, verrät Saka. „Ich tendiere dazu, Dinge auf eine 10-Punkte-Skala zu setzen und einen Vergleich anzustellen. Aber jeder wird das anders wahrnehmen.“