Rum verspricht Sonnenschein. Im Gegensatz zu seinen maßgeblichen Mitbewerbern auf dem Spirituosenmarkt wird Rum ausschließlich in Regionen produziert und gelagert, die klimatisch begünstigt sind. Bei den Ländern handelt es sich nicht um nebelig trübe Regionen in Schottland oder Irland oder um die französische Cognac-Gegend mit ihrem nasskalten Winter. Wo das Destillat herkommt, herrscht Sonnenschein: Seien es die Inseln der Karibik, die Festlandstaaten Mittel- und des nördlichen Südamerikas oder Inseln im Pazifik, wie Reunion oder Mauritius. All das sind Gegenden, die klimatisch das goldene Los gezogen haben, sodass Zuckerrohr, Grundsto der Rumproduktion, üppig gedeihen kann.
Seit dem 17. Jahrhundert wird Rum in der Karibik produziert, und seine erste urkundliche Erwähnung fand das Getränk im Jahr 1651 in Jamaika, als der Gouverneur es als „Rumbullion“(bedeutet so viel wie, großer Wirbel“) in seinen Büchern vermerkte. Seit dieser Zeit und bis in die 1970er-Jahre bekamen Matrosen der Royal Navy jeden Tag ein Quantum Rum zugesprochen. Inzwischen haben tausende Schiffe den Atlantik überquert und die unterschiedlichsten Rumsorten nach Europa und in die weite Welt gebracht.
Grundlegende Unterscheidung, neben Arten der Lagerung und/oder des Blendens, ist, ob der Rum aus Zuckerrohrmelasse oder direkt aus dem Zuckerrohr gewonnen wird (Rhum Agricole). Abseits davon hat jede Region und jeder Hersteller eine originäre Vorgehensweise, wie Rum destilliert und wo und wie lange er gelagert wird. Hinzu kommen – neben den klimatischen Unterschieden – noch die Art, wie geblendet wird oder ob unverschnitten abgefüllt wird.
In den vergangenen Jahren war zu erkennen, wie viele bis dato kaum bekannte Produkte plötzlich in den Bars zu finden waren und noch immer sind. Ebenso schnell konnten bekennende Rumliebhaber mediale Diskussionen verfolgen, ob denn Rum, nach Whisk(e)y oder Gin, der neue Hype in den Tumblers oder Cocktails sein wird.
Eine noch offene Frage. Auf jeden Fall aber ein Anreiz, einmal bei renommierten Barkeepern rund um den Globus nachzufragen, welcher Rum ihrer Meinung nach derzeit der Beste zum besten Preis (d. h. bis zu 50 Euro/US-Dollar) ist. Wir haben uns bei Heinz Kaiser (Dinos Bar, Wien), Mo Kaba (Guts & Glory, Karlsruhe), Markus Blattner (Old Crow, Zürich), Ariel Leizgold (Bellboy, Tel Aviv), Philip Khandehrish (Bar Consultant, Miami Beach) und Agung Prabowo (Mandarin Oriental, Hongkong) nach deren Vorlieben und Präferenzen erkundigt. Von jenen mit den meisten Nennungen wurde eine Rangfolge der „Top 5“ erstellt. Eine persönliche, jedoch sehr fundierte Wertung.
Heinz Kaiser formuliert seinen Zugang im Gespräch mit dem Cigar Journal so: „Ich mag ausdrucksstarke, aber nicht so süße Rumsorten. Sie dürfen auch holzig und kräftig sein, sollen aber keinesfalls an einen Likör erinnern.“ Daher lehnt Kaiser es ab, wenn bei Farbe, Zucker oder Aromatik zu exzessiv nachgeholfen wurde. Der Barchef bevorzugt die einfache, bodenständige und ehrliche Machart, wie beim kubanischen Selección de Maestros von Havana Club.
In die gleiche Richtung argumentiert Phil Khandehrish aus Miami Beach, wenn er als Beispiel die Vorteile eines Santa Teresa 1796 hervorhebt. Ihn überzeugen die reichen Aromen von Kaffee und Sherry, die trotz der eher trockenen Note nachhaltig herauszuschmecken sind.
In eine etwas andere Richtung geht Mo Kaba von der spektakulären Bar Guts & Glory in Karlsruhe. Er gibt dem Plantation XO 20th Anniversary aus Barbados seinen Vorzug: „Das ist ein vortrefflicher Blend aus ausgesuchten Rums, die mindestens 13 Jahre alt sein müssen – das Produkt ist wunderbar ausbalanciert und geschmacklich der Hammer“, meint er im Gespräch.
Einen Favoriten hat sich auch Markus Blattner von der Old Crow Bar in Zürich auserkoren. Für ihn bringt der neue Diplomatico Mantuano aus Venezuela die Grundvoraussetzungen für einen geeigneten Rum zu einem idealen Preis mit sich. Er habe eine schöne Süße und ist ausgesprochen vollmundig und anhaltend.
Für Ariel Leizgold aus Tel Aviv sind Rumsorten aus Panama der beste Beweis, dass das Land nicht nur für negative Schlagzeilen sorgt. Er verweist auf den siebenjährigen Abuelo Reserva Superiror und dessen intensive Noten aus Karamell und Vanille.
Den Gewinner der Wertung stellt Agung Prabowo aus dem Mandarin Oriental in Hongkong vor: Für den ausgezeichneten Barkeeper und Connaisseur spielt der 12-jährige El Dorado Special Reserve aus Guyana, der auch bei den anderen sehr gut gereiht war, in dieser Kategorie die erste Geige. „Das ist ein trockener, leicht süßlicher Rum, der für viele Cocktails funktioniert. Ich serviere ihn gerne als Sazerac-Variation – anstatt von Rye oder Cognac“, unterstreicht Prabowo seine Entscheidung. Persönlich genießt er diesen Rum pur bei Raumtemperatur.
Das Thema Rum ist ein weites, vielschichtiges und spannendes Feld. Solche Platzierungen sollen eine erste Orientierungshilfe und Anreiz sein, Eigeninitiative des Probierens zu übernehmen. Ausgezeichneter Rum „verführt“ an unvergessliche Orte, zu unerwarteten Geschmacksrichtungen und nachhaltigen Aromen – und der Genießer bekommt ausreichend Lebensfreude und Sonnenschein mitserviert.
Information
Wertungen – Top 5 Rumsorten
(unter 50,- Euro/US-Dollar):
1. El Dorado, 12yo, Special Reserve, Guyana (ca. 34,00 Euro)
2. Havana Club Selección de Maestros, Cuba (ca. 39,00 Euro)
3. Plantation XO, 20th Anniversary Rum, Barbados (ca. 40,00 Euro)
4. Santa Teresa 1796, Antiguo de Solera, 15yo, Venezuela (ca. 37,00 Euro)
5. Diplomático Mantuano, 8yo, Venezuela (ca. 25,00 Euro)