Cigar rolling at the Plasencia factory

Reserva Orgánica – Die erste biologisch hergestellte Zigarre der Welt

Im Zuge seines Agrarwissenschaftsstudiums entwickelte Néstor Plasencia eine Leidenschaft für nachhaltige Landwirtschaft. Als er 1998 ins Unternehmen seines Vaters einstieg, begann er fast unmittelbar mit der Planung dessen, was sein Herzensprojekt werden sollte – die Reserva Orgánica, die erste komplett biologisch hergestellte Zigarre der Welt.

2002 wurde dieses Projekt dann Realität. „Anfangs experimentierten wir viel herum, es war definitiv eine Herausforderung“, erinnert er sich. „Tabakpflanzen sind sehr ungestüm, wachsen schnell und können von vielen Krankheiten beeinträchtigt werden. Herkömmlicher Tabakanbau ist schon schwer genug, biologischer noch eine Spur schwieriger, aber gleichzeitig auch faszinierend. Wir kombinieren traditionelle Methoden mit neuen Erkenntnissen und wenden einiges davon auch für unsere normale Produktion an. Wir tun alles, um nachhaltiger zu sein, und haben auch begonnen, biologischen Tabak in unseren anderen Zigarren zu verwenden.“

Die Zigarre kommt von Anfang bis Ende mit keinerlei Chemikalien in Berührung. Als Düngemittel wird Regenwurmkot oder Humus eingesetzt, wofür es eigene Regenwurmfarmen gibt. „Wir füttern die Würmer mit Pferde- und Kuhmist und Resten von entrippten Tabakblättern und Pflanzen. All das könnte auch direkt als Dünger verwendet werden, aber wenn es über die Würmer geht, können die Pflanzen die Nährstoffe besser aufnehmen.“

Photo: Simon Lundh

Zusätzlich kommt alles, von einer bestimmten Pilzart angefangen bis hin zu Knoblauch, zur Bekämpfung der verschiedensten Schädlinge zum Einsatz. „Man kann einiges tun, bevor man mit dem Spritzen beginnt. Wir verwenden eine Pilzart namens Trichoderma für das Wurzelwerk, um Krankheiten wie ,Pata Prieta‘ (Wurzelfäule) zu verhindern. Dazwischen pflanzen wir ,Frijoles Terciopelo‘ (Juckbohnen), weil diese der Luft Stickstoff entziehen. In der Blüte werden sie zurückgeschnitten und dann erneut eingesetzt. Durch das Rotieren von Kulturen kann Wurzelfäule und Blauschimmel nicht überleben, das heißt, wenn man das nächste Mal Tabak anbaut, sind sie verschwunden“, erklärt Plasencia. „Außerdem verwenden wir Knoblauch, da die schädlichen Insekten dessen Geruch nicht mögen, ein biologisches Insektizid namens Neem sowie Sonnenblumen, weil diese nützliche Insekten anziehen, welche dann die schlechten auffressen. Abgesehen davon: Je mehr biologisches Material man verwendet, desto weniger Wasser wird benötigt.“

Das Resultat ist, laut Plasencia, eine geschmackvolle Zigarre ohne jede Spur von Chemikalien. „Sie schmeckt rein, mild, ist voller Aromen und hat auch einen sehr sauberen Nachgeschmack. Sie mag nicht jedermanns Sache sein, aber wenn man seine eigene Marke schafft, kann man ja etwas anderes machen. Wir wollten eine Zigarre mit Sinngehalt. Sie ist wohl nichts für Raucher, die starke Zigarren bevorzugen, doch wir arbeiten auch bereits an einer kräftigeren Variante. Uns ist bewusst, dass auch dafür eine Nachfrage besteht.“

Photo: Simon Lundh

Nun geht man einen Schritt weiter. Seit Plasencia 1985 mit der Herstellung von Zigarren begann, lag der Hauptfokus auf der Produktion für Privatmarken anderer Leute, während ihre eigenen Linien, darunter Clásico und Reserva 1898, Nebenprojekte waren. „Wir verdienen mit der Reserva Orgánica nicht viel, denn die Erträge sind eher gering, aber es geht uns da auch nicht ums Geld. Wir müssen und wollen das tun, um nachhaltiger zu sein. Es ist besser für den Boden und die Umwelt.“ Ab diesem Jahr stellen auch die eigenen Marken einen Teil des Schwerpunkts dar. „Die Zeit ist reif angesichts der Tatsache, wie soziale Medien heute funktionieren. Wenn unsere eigenen Marken erfolgreich sind, werden auch die Privatmarken davon profitieren und umgekehrt.“

Im Fall der Reserva Orgánica bedeutet das nicht nur eine Ergänzung der Linie, sondern auch ein moderneres Erscheinungsbild. „Wir entwickeln eine neue Verpackung. Ich mag die alte, aber sie ist traditionell, und wir möchten etwas, das heraussticht, so wie die Zigarre selbst. Es muss ins Auge springen.“

Darüber hinaus gibt es eine lokale und globale Expansion. „Derzeit kultivieren wir biologischen Tabak in Estelí und Jalapa, aber dieses Jahr wollen wir es auch in Condega probieren. Zudem werden wir in der Fabrik eine eigene Sektion für die Reserva Orgánica einrichten. Wir haben jemanden in Europa, der versucht, die Marke dort sowie in Asien und im Nahen Osten herauszubringen. Wir müssen die Leute vermutlich informieren, was wir mit unserem Produkt erreichen wollen. Gleichzeitig müssen wir sehen, ob diese Idee in jenen Märkten Anklang findet.“

Die neue Verpackung und vielleicht sogar auch eine neue Zigarre werden möglicherweise schon diesen Herbst bei der InterTabac in Dortmund präsentiert. Plasencia hofft, dass andere seinem nachhaltigen Konzept folgen werden. „Ich weiß, dass manche Unternehmen Regen- würmer bzw. Bohnen einsetzen, aber nicht von Anfang bis Ende, wie wir das tun. Es würde mich freuen, wenn andere aufspringen und unsere Industrie gemeinsam wächst. Uns gibt es jetzt seit fünf Generationen und ich bin stolz darauf, was wir bisher geschafft haben, aber meiner Ansicht nach haben wir gerade erst begonnen. Das ist der Weg in die Zukunft.“

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Herbst-Ausgabe 2016 veröffentlicht. Mehr

Nachdem Simon Lundh 2005 sein Ingenieursdiplom in Vermessungstechnik erwarb, entschied er sich für eine journalistische Laufbahn. Er entdeckte die Welt der Zigarren während er für eine nichtstaatliche Organisation in Estelí, Nicaragua, arbeitete und verdient seinen Lebensunterhalt nun größtenteils mit Artikeln über Zigarren, Metal Music und Tattoos sowie Reiseberichten.


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