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Magische Anziehungskraft eines Erfolgsrezepts: das 15. Habanos Festival

Auch nach 15 Habanos Festivals funktioniert das Erfolgskonzept – eine Mischung aus Magie und Marketing.

 

Etwa so muss sich der Apple-Chef fühlen, wenn er ein neues iPhone enthüllt: Gebannte Blicke, die neusten Entwicklungen innerhalb von Minuten im Netz, jedes Detail wird gierig aufgesogen und auf Facebook präsentiert. Auf der Bühne wird jedoch kein Technik-Gadget enthüllt, es geht um Zigarren.

festival del habano montecristo charity humidor

Photo: Manuel Fröhlich

Habanos Vizepräsident Jorge Luís Fernández Maique referiert über die Geschäftsentwicklung. An seinen Lippen hängen Passionados, Händler und Pressevertreter. Gespannt folgen sie dem Vortrag, in dem es um Marken und Märkte geht.

Das 15. Festival del Habano ist in vollem Gang. Ermüdungserscheinungen machen sich beim Publikum nicht breit, obwohl sich am Konzept des Festivals seit Jahren nichts geändert hat: tagsüber bieten Seminare und Referate die Möglichkeit, Neues über kubanische Zigarren zu lernen.

Weitere Fixpunkte sind der Ausflug in das Tabakanbaugebiet Pinar del Rio und natürlich Besuche in Verarbeitungsbetrieben und Manufakturen.

An Abendveranstaltungen lernen die Besucher die Zigarrenneuheiten des kommenden Jahres kennen. Über 1500 Besucher aus 70 Ländern lassen sich dieses Spektakel nicht entgehen.

Auch die Präsentation der Geschäftszahlen gehört traditionell zum Festival. Das Geschäft läuft gut, wie Jorge Luís Fernández Maique verkünden kann: gegenüber dem Vorjahr ist der Absatz um sechs Prozent auf 416 Millionen US-Dollar gewachsen.

Asien und Afrika entwickeln sich gut, in Europas Süden herrscht weiterhin Krise, trotzdem können sich Spanien und Frankreich an der Spitze der wichtigsten Absatzmärkte halten. Dafür verzeichnen Deutschland und die Schweiz ein überdurchschnittliches Wachstum, der europäische Absatz bleibt in der Summe stabil.

Konsequente Marktorientierung

Der Weg zu diesem Erfolg sorgt für Diskussionen. In den letzten Jahren wurden viele Klassiker aus dem Sortiment gekippt und durch immer kürzere und dickere „Dampfer“ ersetzt. Zum Beispiel sind innerhalb weniger Jahre praktisch alle Corona-Formate vom Markt verschwunden. Empört über diese Entwicklung, verfassten im vergangenen Jahr Mitglieder des Internet-Forums „Friends of Habanos“ einen offenen Brief, in welchem sie Habanos S.A. zu einem respektvollen Umgang mit dem Erbe der kubanischen Zigarrenkultur aufforderten. Mehrere hundert Zigarrenfreunde aus aller Welt unterzeichneten den Brief.

Darauf angesprochen, erklärt die Marketing-Chefin von Habanos S.A., Ana López: „Wir haben das Anliegen zur Kenntnis genommen. Doch die Entscheidung über die Fortführung eines Formats hängt vom Verkaufserfolg ab. Die erforderliche Mindestproduktion pro Jahr beträgt 50.000 Stück.“ Setzt Habanos von einer Zigarre weniger ab, werde die Produktion pausiert oder eingestellt. „Spezielle Formate für Liebhaber wie die Ramón Allones Extra legen wir als limitierte Zigarrenserien neu auf“, so Ana López weiter.

Erfolgsmarken und Sorgenkinder

An das neue Marketing der Kubaner muss sich mancher Veteran noch gewöhnen. Dieses Jahr hat sich Habanos Montecristo vorgenommen. Das Portfolio der Erfolgsmarke wird um zwei Vitolas erweitert: mit der Montecristo Petit No. 2 (120 mm, Ringmaß 52) stellt Montecristo eine Kurzversion des Piramide-Klassikers No. 2 vor. Die Montecristo Double Edmundo (155 mm, Ringmaß 50) wird in Zukunft die Edmundo-Serie erweitern. Beide Zigarren tragen einen Ring mit Goldelementen. Dieser wird für alle Montecristo-Formate eingeführt, als optische Aufwertung und zum verbesserten Schutz vor Fälschungen.

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Photo: Manuel Fröhlich

Zur Präsentation der beiden Neuheiten lädt Habanos auf die historische Hafenfestung „El Morro“ ein. Anders ist die Ausgangslage zwei Tage später an der „Noche de Vegueros“. Diese Marke gehört zu den Sorgenkindern von Habanos. Dabei wäre das Konzept von Vegueros sympathisch: Die Marke wurde vor über 15 Jahren als Hommage an die Tabakpflanzer lanciert. Die Zigarren, welche die Arbeit der Bauern ehren sollen, konnten sich jedoch nie richtig durchsetzen. Deshalb hat Habanos der Marke nun einen komplett neuen Auftritt mit neuen Formaten und einer neuen Tabakmischung verpasst. Das Ergebnis lernen die Festival-Teilnehmer lang vor den „Durchschnittskonsumenten“ kennen. Der neue Vegueros-Blend ist etwas milder und soll an die Zigarren erinnern, welche die Tabakbauern traditionell für den Eigenbedarf herstellen.

Unsere Degustationsexemplare enttäuschen aber – sie sind wohl noch zu jung. Immerhin, der geschmeidige Charakter des Vuelta-Abajo-Tabaks schimmert durch. Die drei neuen Formate Mañanitas (100 mm, Ringmaß 46), Entretiempos (110 mm, Ringmaß 52) und Tapados (120 mm, Ringmaß 46) werden mitten im „Tabakland“ gerollt, in der Fabrik Fransico Donatién in Pinar del Rio, wo das Vegueros-Schild über der Türe prangt. Gelungen ist das Verpackungskonzept: Metalldosen in Weiß, Grün und Schwarz wirken modern, mit einem kleinen Blinzeln in die Vergangenheit.

Experiment Sommeraussaat

Mittwoch ist Tabak-Tag beim Festival. Wir fahren mit Bussen von Havanna aus in das zwei Stunde entfernte Pinar del Rio, wo in der Vuelta Abajo die besten Tabake der Insel wachsen. Unsere Gruppe besucht Tabakpflanzerin María Luisa Alvarez im Anbaugebiet San Luis. Die Ernte ist auf dieser Farm bereits abgeschlossen, die Mitarbeiter sind jetzt damit beschäftigt, die geernteten Blätter auf Schnüre aufzufädeln und auf Stangen aufzureihen.

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Photo: Manuel Fröhlich

Danach werden die Blätter zum Trocknen aufgehängt. María berichtet von einer guten Ernte. Dieses Jahr konnten sie Tabak für insgesamt 6000 Stangen ernten, gegenüber einem Ertrag von 4500 Trocknungsstangen im Vorjahr.

Die Tabakfarmer gehören auf Kuba zu den wenigen Branchen, die schon lange eine gewisse unternehmerische Freiheit genießen und für bessere Qualität und Erträge auch besser bezahlt werden.

Für ein Tabakbündel à 50 kg erhalten die Bauern zwischen 1200 und 1800 kubanische Pesos, was 50 bis 70 US-Dollar entspricht. María Luisa Alvarez finanziert mit den Einnahmen alles, was sie für die Produktion benötigt: Benzin für die Maschinen, Setzlinge, Dünger und natürlich die Löhne ihrer Mitarbeiter. Der Verdienst der Arbeiter beträgt rund 60 US-Dollar pro Monat – etwa das Doppelte des Durchschnittslohns.

Die Mitarbeiter sind ganzjährig angestellt, in der Nebensaison bauen sie andere Pflanzen an, etwa Reis und Bohnen. Diese Erträge dienen vor allem der Selbstversorgung, auch für die Mitarbeiter, die einen Teil der Ernte erhalten. Gerade experimentiert María Luisa Alvarez mit einer Sommeraussaat. „Nun schauen wir einmal, was dabei herauskommt“, sagt sie. Eigentlich sind die Bedingungen für den Tabakanbau im Januar und Februar ideal, aber benachbarte Farmer hätten bereits Erfolge mit einer Aussaat im Sommer erzielt, wie sie erzählt.

Die Kunst des Geschäftemachens

Diese besonderen Freiheiten verdanken die Tabakbauern auch Alejandro Robaina, der die Revolutionsregierung einst davon überzeugen konnte, dass die besten Tabakblätter von freien Bauern kultiviert werden, die für eine gute Arbeit belohnt werden. Auf den übrigen Verarbeitungsstufen ist Unternehmertum bis heute aber kein Thema.

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Photo: Manuel Fröhlich

Der Monopolbetrieb Habanos S.A. ist zwar erstaunlich innovativ und entwickelt laufend neue Produkte. Aber was wäre noch alles möglich, ließe man etwas mehr Wettbewerb zu?

Eine Ahnung davon konnte man in den letzten Jahren bei Torcedor Reynaldo González Jimenez bekommen, der mit seinen Mitarbeitern in der Casa del Habano Conde de Villanueva Zigarren mit einem Blend aus gelagerten Tabaken rollte und in immer größeren Mengen verkaufte.

Doch dieses Jahr sind seine Lager während des Festivals leer. Es fehle an „Materia prima“, an den Rohtabaken, heißt es im Geschäft in der Altstadt von Havanna. Ob der Engpass natürliche Ursachen hat oder ob die Rohstoff-Zufuhr „von oben“ gestoppt wurde, ist nicht zu erfahren.

„Habanos soll den Erfolg von Reynaldo nützen und aus seinen Kreationen eine offizielle Marke machen“, findet ein kubanischer Aussteller auf der Messe im Palacio de los Convenciones.

Er bietet Humidore und Porzellan-Jars an und hat selber ähnliche Schwierigkeiten. Handel auf eigene Rechnung, das gibt es in Kuba nicht. Deshalb ist er Besitzer einer „Künstler-Lizenz“. Kritisch wird es, wenn sein Geschäft allzu sehr floriert.

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Photo: Manuel Fröhlich

Solche Sorgen muss sich Adorini nicht machen. Das deutsche Humidor-Unternehmen ist ebenfalls auf der Messe vertreten und sogar offizieller Festival-Sponsor. Seit zwei Jahren rüstet die Firma exklusiv die Humidore der Charity-Versteigerung mit Befeuchtungssystemen und Hygrometern aus. Am Messestand geht es Adorini vor allem darum, internationale Kontakte zu knüpfen, wie Business Development Manager Torger Brunken erklärt.

Im vergangenen Jahr habe man Vertriebspartner in Chile und Indien akquiriert. Eine besondere Herausforderung sei jeweils die Spedition der Humidore nach Kuba. Es sei auch schon vorgekommen, dass diese im Zoll hängen geblieben seien.

Dieses Jahr habe man einen kleinen Trick angewendet: „Wir haben die Hygrometer und Befeuchter für die Versteigerung zusammen mit dem Material für den Messestand verschickt – so ist alles rechtzeitig angekommen.“

Das grosse Finale Am Gala-Abend am Ende der Festival-Woche bietet Habanos S.A. noch einmal alles auf, was das Land zu bieten hat: Tanz und Gesang, Mulatas und Muchachos, ein ganzes Symphonieorchester. Dazu eine Prise Politik – Hollywood-Star Danny Glover wird für sein Engagement für die in den USA inhaftierten „Cuban 5“ mit einem Spezial-Award ausgezeichnet – und natürlich: Zigarren.

Information:

Das 16. Festival del Habano findet von 24. bis 28. Februar 2014 statt.

Habanos S.A.
www.habanos.com

 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Herbst-Ausgabe 2013 veröffentlicht. Mehr

Manuel Fröhlich aus der Schweiz gründete mit 18 Jahren einen Online-Handelsgeschäft für Zigarren. Während seines Studiums an der Universität St. Gallen baute er das Geschäft aus und eröffnete schliesslich 2014 in Zürich das Manuel’s, ein karibisches Genussmittelgeschäft für Zigarren, Kaffee und Rum. Für Cigar Journal berichtet Manuel Fröhlich aus Kuba und anderen Anbauländern, wo er regelmässig unterwegs ist, und recherchiert Hintergrund-Themen rund um den Zigarrengenuss.


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