el laguito cohiba factory front view outside

Die Cohiba-Manufaktur El Laguito

Spieglein, Spieglein an der Wand. Die Stiefmutter Schneewittchens musste einen Spiegel befragen, um sich Gewissheit darüber zu verschaffen, die Schönste im Lande zu sein. Diese Manufaktur ist es unter den Fabriken in Havanna zweifellos: die Manufaktur El Laguito.

 

Die Manufaktur El Laguito befindet sich in Havannas Stadtteil Cubanacán, etwas westlich von Miramar. Die Adresse lautet 146 Avenida No. 2121. Ganz in der Nähe befindet sich ein Botschaftsviertel, das vor den Blicken Neugieriger gut geschützt ist. Eine Besichtigung der Manufaktur ist normalerweise nicht möglich. Zum Festival del Habano öffnen sich jedoch die Tore für Besucher aus aller Welt.

Doch auch von außen lohnt sich ein Blick auf das beeindruckende Gebäude und den üppigen Park. Der Name der Manufaktur kommt übrigens von einem kleinen, ganz in der Nähe gelegenen See. Laguito ist die Verkleinerungsform von Lago, spanisch für See.

Der Zuckerbaron

Das villenartige Gebäude, das in den 1920er-Jahren erbaut worden sein soll, war ursprünglich der herrschaftliche Besitz von Alberto Casimiro Fowler Perilliat. Er war einer der Eigentümer und seit 1917 einer der Präsidenten der North American Sugar Company. Im Besitz seiner Familie befanden sich auch eine Eisenbahngesellschaft, eine Destillerie und eine Rum- und Brandyfabrik. Beteiligungen an einer Bank und einer Luftfahrtgesellschaft gehörten ebenfalls zum Familienbesitz. Wie so viele verließen er und seine Familie nach der Revolution das Land und seine Villa stand leer. 1966 richtete man dort eine Produktionsstätte für die gerade neu kreierte Marke ein, die auch schon einen Namen hatte: Cohiba. Seitdem steht dieses Gebäude symbolisch für die erste nachrevolutionäre, staatlich eingeführte Zigarrenmarke – Cohiba. Die Manufaktur El Laguito ist die von außen wohl schönste Havannas und vielleicht der ganzen Welt überhaupt.

el laguito cohiba factory side view detail windows

Photo: Claudia Puszkar

Das zweistöckige Villengebäude ist auch heute noch überaus imposant, die Zufahrt von hohen Bäumen gesäumt. Die Villa selber liegt inmitten kräftig gewachsener Palmen in einer aufwändig angelegten Parkanlage. Während man der Bausubstanz vor einigen Jahren noch ihr Alter ansah, ist es inzwischen gelungen, auch durch die finanzielle Unterstützung einiger offizieller Importeure von Habanos, das Gebäude innen und außen weitgehend instand zu setzen. Seitdem erstrahlt die Manufaktur El Laguito in neuem Glanz. Jetzt sind beispielsweise wieder alle Außentreppen mit Natursteinen oder Marmor belegt, während man vor einigen Jahren – optisch höchst bedenklich – den Boden teilweise einfach mit knallroter Farbe gestrichen hatte.

Eine große Freitreppe führt zur Eingangsfront der Manufaktur, die mit fünf großen Glastüren aufwartet. Durch eine dieser tritt man in die Vorhalle. Dort eröffnet sich der Blick auf die wundervoll geschwungene Treppe, die in die obere Etage führt. Der Schriftzug Cohiba schmückt die hell strahlende gelbe Wand. Von der Eingangshalle gelangt man rechts und links in verschiedene Räumlichkeiten, in denen die Zigarrenroller sitzen. Auch in der oberen Etage befinden sich Galeras. Das Bürogebäude mit dem Sitz des Direktors der Fabrik befindet sich links neben dem Hauptgebäude. Von außen weniger beeindruckend, ist jedoch die Inneneinrichtung dem Haupthaus recht ähnlich. Auch hier erfreut das elegant geschwungene Treppenhaus das Auge jedes Betrachters.

In einem weiteren Nebengebäude rechts des Haupthauses sind weitere Arbeitsbereiche, wie das Despalillo, untergebracht, also der Raum, in dem die unteren Rippen aus den Tabakblättern entfernt werden. Dort sitzen mehrere Frauen, die die Blätter in Stapeln auf ihren Schenkeln liegen haben. Das Entrippen geht so schnell, sieht so unglaublich leicht aus und ist doch nur etwas für wirklich geübte und geschickte Hände.

Fidels Zigarre – Lang und schlank

Um die Entstehung der Marke Cohiba, ursprünglich Fidel Castros Zigarre, rankt sich eine Reihe von Legenden. Bienvenido Pérez, besser bekannt unter dem Namen Chicho, war nach dem Sieg der Revolution oberster Leibwächter Fidel Castros. 1963 offerierte Chicho ihm eine von seinem Freund Eduardo Rivera gerollte Zigarre. Fidel Castro schmeckte diese Zigarre so gut, dass er Rivera fragte, ob er ihm noch mehr davon machen könne. Von Fidels damals noch anonymer Zigarre sprach man wohl schon bald.

el laguito cohiba factory inside stairs company logo windows

Photo: Claudia Puszkar

1966 erhielt die Zigarre dann den Namen Cohiba, benannt nach einem Begriff der Taino-Indianer, die damit einen Wickel aus Tabakblättern bezeichneten, den sie rauchten. Fidel Castro bevorzugte übrigens die langen und schlanken Formate. Seine Lieblingszigarre war die Cohiba Lancero mit einer Länge von 192 Millimeter und einem 38er-Ringmaß.

Fidel Castro verschenkte die Zigarren, sofern er sie nicht selbst rauchte, an Staatsoberhäupter, Diplomaten und bedeutende Persönlichkeiten. Ab und zu wurden auch verdienstvolle kubanische Organisationen damit bedacht. Zu Beginn erhielten besondere Gäste sogar Zigarren mit Ringen mit ihrem eigenen Namen. Somit kamen insgesamt nur wenige auserwählte Menschen in den Genuss einer solchen Zigarre.

Erst 1982, also beinahe zwanzig Jahre später, tauchte die Marke Cohiba auf einer Veranstaltung im Hotel Ritz in Madrid auf und wurde damit offiziell auf dem internationalen Markt eingeführt. Ab 1989, mit der Línea Clasica, setzte die weltweite Vermarktung ein.

Übrigens hat die Revolution auf Kuba Ende der 1950er-Jahre nicht ohne Zigarre stattgefunden. Es heißt, dass überall, wo die Revolutionäre ihre Lager in der Sierra Maestra aufschlugen, immer ein Torcedor dabei war, der Fidel Castro, Che Guevara und die anderen Helden mit erstklassigen Zigarren versorgte. Eine Meisterleistung, wenn man bedenkt, welche verschiedenen, speziell gelagerten und fermentierten Tabakblätter notwendig sind, um eine gute Zigarre herzustellen.

In weiblicher Hand

Doch zurück zu El Laguito. Die Fabrik war nicht nur besonders schön, sondern auch in anderer Hinsicht einzigartig. Zu Beginn waren alle Angestellten der Manufaktur Frauen. Dies ging auf das Bestreben der Gründerin der Fabrik, der Revolutionsheldin Celia Sanchez Manduley, zurück. Celia Sanchez, die während der Revolution den Decknamen Norma trug, war eine der bedeutendsten Kampfgefährtinnen Fidel Castros und Che Guevaras. Sie war offiziell, nachdem sie den Kampf der Rebellen von Anfang an tatkräftig unterstützt hatte, die erste Frau in der Rebellenarmee der Sierra Maestra und als erste Guerillera-Mitglied des General-Kommandos.

el laguito cohiba factory side view detail visitor entrance

Photo: Claudia Puszkar

Am 1. Januar 1959 zog sie als engste Gefährtin an der Seite Fidel Castros in Santiago de Cuba ein. Auch heute noch wird sie im ganzen Land hoch verehrt. Ihren detaillierten Aufzeichnungen verdanken wir übrigens die beinahe lückenlose Rekonstruktion der damaligen Ereignisse, die man auch heute noch im „Museo de la Revolución“ bewundern kann.

Und wie Celia während der Revolution für die Schaffung einer Frauentruppe kämpfte, die dann unter dem Namen „Mariana Grajales“ eingesetzt wurde, wollte sie eine Fabrik nur mit weiblichen Angestellten gründen. Dies gelang ihr in der Manufaktur El Laguito. Mit einer Vielzahl sozialer Aktivitäten sollte das Leben der arbeitenden Frauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden. Heute arbeiten in El Laguito Männer und Frauen gleichberechtigt nebeneinander. Über viele Jahre, mehr als ein Jahrzehnt, wurde die Manufaktur El Laguito damals als einzige in Havanna von einer Frau geführt: von Emilia Tamayo. Viele Männer sind ihr in kurzen Zeitabständen auf dem Direktorenposten gefolgt, doch auch heute noch wird sie von den vielen Torcedoras und Torcedores als die „Mama“ der Fabrik angesehen.

Mehr als die Anderen

Der in El Laguito für die Cohiba verarbeitete Tabak war immer der beste aus der Vuelta Abajo. Denn da Fidel Castro ein ausgewiesener Zigarrenliebhaber war, gönnte er sich den Luxus ganz besonderer Zigarren. Und die Tabake für die Cohibas wurden von Anfang an statt einer zweimaligen Fermentation einer weiteren unterzogen, wodurch die Zigarren noch weicher und runder schmecken. Diese Fermentation findet in Fässern statt und wird so bis auf den heutigen Tag ausschließlich für die Cohiba-Tabake praktiziert.

Information:

NAME DER MANUFAKTUR
Cohiba-Manufaktur El Laguito

ERBAUER
Ursprünglicher Besitzer: Alberto C. Fowler

GRÜNDER
Celia Sanchez Manduley

JAHR DER ERÖFFNUNG
1966

ADRESSE
Avenida 146 No. 2121, Havanna;

LAGE
Stadtteil Cubanacán, mit dem Taxi 30 min. vom Zentrum;

MARKEN
Cohiba

 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Winter-Ausgabe 2012 veröffentlicht. Mehr

Claudia Puszkar, von Hause aus Diplom-Soziologin, schreibt schon seit Jahren über kubanische Zigarren und deren Geschichte. In Havanna ist sie regelmäßig auf den Spuren alter und neuer Zigarrenmanufakturen unterwegs, aber auch immer auf der Suche nach neuen Impressionen, die die Stadt und die Menschen vor Ort zu bieten haben.


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