Saga Short Tales Tomo VI

    Saga Short Tales Tomo VI

    Die Zeit vergeht rasend schnell und eingefahrene Gewohnheiten brechen auf, Vorlieben verändern sich und so manch neue Geschmacksknospe wird wiedergeboren. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Vorliebe bei Zigarren für jeden Passionado hin und wieder ändert. Zigarren, die mir heute als fad erscheinen, haben mich vor ein paar Jahren möglicherweise total begeistert und Zigarren, die mir einmal die Nackenhaare zu Berge stehen ließen, sind für mich heute ein milder Genuss. Und damit herzlich willkommen in unserem literarischen Rauchsalon. Nehmen Sie Platz und machen Sie es sich gemütlich. Dieses Mal erwartet uns eine besondere Köstlichkeit.

    Im Oktober 2017 bekam ich das erste Mal Zigarren von Saga in die Hand, und ich war wirklich sehr erstaunt. Blindverkostungen sind manchmal eine wirklich schwierige Aufgabe, und ich habe mich damals in allem geirrt, worin ich mir eigentlich sicher war. Herkunft, Tabak usw. – ich lag in allen Punkten daneben. Nichts ist schöner, als die eigene Meinung zwischendurch über Bord werfen zu müssen, denn nur so bauen sich Vorurteile ab.

    Saga Cigars sind mittlerweile einer der interessantesten Boutique-Brands auf dem Markt. Die Saga Short Tales waren die erste Reihe von Nirka Reyes, die auf den Markt kam, und mittlerweile gibt es sieben Formate. Alle Formate sind etwas ganz Besonderes und vor allem sind sie kompromisslos. Was diese Linie aber so spannend macht, ist, dass jedes Format seinen eigenen Blend hat. Somit gibt es sieben verschiedene Blends und jeder davon hat ein so einzigartiges Profil, dass man teilweise ein bisschen überfordert ist. Der Gedanke dahinter sind absolut kompromisslose Blends, gerollt in dem Format, welches das Geschmacksprofil am besten verkörpert.

    Heute ist es das größte Format der Serie, die Tomo VI, der wir uns widmen möchten. Ich habe mir zur Zigarre dieses Mal einen Three Legged Mule zubereitet. Wer es genau wissen will: Es sind 5 cl Jameson Whiskey, ordentlich Crushed Ice, ein bisschen Limettensaft und ein Limettenviertel. Das alles gibt man in ein Glas oder einen Mule-Becher und gießt es mit kaltem Ginger Ale auf. Herrlich erfrischend und interessanterweise kein Widerspruch zur Zigarre.

    Das dunkle Deckblatt der Tomo VI lässt erahnen, dass hier ordentlich Aroma zu erwarten ist, und wie jedes Mal freue ich mich auf die ersten Züge. In letzter Zeit erwische ich mich immer öfter dabei, dass ich die Zigarre erst anschneide, nachdem ich Feuer genommen habe, vor allem wenn mir die Zigarre schon wohlbekannt ist. Die Zigarre ist schnell geköpft und den Flammen dargebracht – in meinem Fall umgekehrt.

    Die ersten Züge sind herrlich würzig, begleitet von ein paar Kräuter- und floralen Aromen. Der Rauch ist dicht und fett. Gleich zu Anfang offenbart die Zigarre ihre unglaubliche Kraft. Achten Sie hier auf das herrliche Aroma, das sich vor allem retronasal besonders wahrnehmen lässt. Ziehen Sie nicht zu heftig an der Zigarre. Kühl geraucht, entfaltet sich ein wunderbares Geschmacks- und Geruchsschauspiel. Zur Hälfte des ersten Drittels bringt das San Andrés-Deckblatt leichte Schokoladetöne ins Spiel, ohne dass die Zigarre dabei zu süß wird. Legen Sie die Zigarre in den Aschenbecher und greifen Sie zu Ihrem Drink. Die leichte Schärfe des Ginger Ale harmoniert herrlich mit der Zigarre. Auch die Schokolade, die der Tabak ins Spiel bringt, ergänzt sich mit der Schärfe des Ginger Ale unglaublich gut.

    Nachdem die Zigarre Zeit hatte, sich von den ersten Zügen zu erholen, entfachen Sie mit ein paar Zügen die Glut von Neuem und Sie werden erleben, wie sich allmählich würzige Kräuternoten mit der Schokolade verbinden. Erste Anklänge von Leder, Erde und etwas Weihrauch sind der Auftakt zu einem grandiosen Schauspiel.

    Im zweiten Drittel offenbart die Zigarre ihr volles Potenzial, das ich nur als fett beschreiben kann. Die Würze kitzelt den Gaumen und sorgt für wohligen Speichelfluss. Es ist eine Zigarre für lange kalte Winternächte, in denen man nicht schlafen kann, weil der Wind um das Haus und durch die Bäume peitscht. Jedoch lässt sich diese Zigarre genauso gut am Lagerfeuer in den lauen Nächten des Frühlings und am Rand des Pools im Sommer genießen. Sie offenbart in allen Lebenslagen ihr herrliches Aroma. Pfeffer, Nuss und Erde sind die Ouvertüre zu einem fulminanten Schlussakt, der sich erst im dritten Drittel zu erkennen gibt. Doch in diesem Moment hat der gerollte Tabak leichte Anklänge von Brot und Getreide, vielleicht auch etwas Kaffee. Rauchen Sie hier nicht zu schnell. Ermahnen Sie sich zur Mäßigung. Die Zigarre wird es Ihnen danken.

    Die Zigarre nimmt an Stärke zu und langsam beruhigen sich Körper, Geist und Gedanken. Sie können nun genüsslich den Nebelschwaden hinterherblicken, die zur Decke schweben.

    Greifen Sie wieder zu Ihrem Drink. Der Mule mit Irish Whiskey ist in den letzten Jahren oft in Vergessenheit geraten und erst mit der letzten Jameson-Kampagne wieder en vogue geworden. Um edle Geister zu beruhigen, darf es auch mal ein etwas günstigerer Klassiker sein. Denn im Cocktail kommt sogar ein Jameson gut zur Geltung. Ich gestehe, ich mag ihn. Selbst wenn mir immer wieder erzählt wird, dass es eine Sünde wäre, Whiskey – egal welchen – mit Ginger Ale zu mischen. Tja, dann bin ich wohl ein Sünder.

    Greifen Sie nun wieder zur Zigarre. Ich gestehe, ich kann Saga-Zigarren nicht unbedingt unvoreingenommen begegnen. Beim Genuss denke ich unweigerlich an Nirka Reyes und an den Abend, an dem ich sie kennenlernen durfte. Ich denke an die Herzlichkeit, mit der sie den Menschen begegnet, an ihren nicht minder herzlichen Mann, mit dem man sich im Übrigen stundenlang über Kochrezepte unterhalten kann, und an den Luxus, der uns Passionados vergönnt ist, wenn wir solche Zigarren genießen.

    Das letzte Drittel der Zigarre offenbart deutliche Noten von Kaffee, dunkler Schokolade mit einem Hauch Marzipan, umhüllt von leichter Schärfe. Es ist ein herrliches Erlebnis, und auch die an dieser Stelle aufkommende Hitze tut dem Genuss keinen Abbruch. Es ist immer gut zu wissen, dass die wunderschönen 10er-Kisten, in denen diese Zigarren verpackt werden, leicht erschwinglich sind, denn bereits jetzt habe ich schon wieder Lust auf mehr. Die letzten Züge der Tomo VI sind eine Geschichte von fetter Erde auf einer grünen Insel, auf der eine Familie seit Generationen Tabak kultiviert und herrlich kunstfertig Zigarren produziert.

    Böse Zungen behaupten, dass nur mittelmäßige Zigarren in aufwendig gestalteten Kisten verkauft werden. Tja, die Saga Short Tales strafen all diese Menschen Lügen. Die Tomo VI ist so gut, dass ihr die Kiste gerade mal gerecht wird. Und nicht nur deshalb bin ich überzeugt, dass diese Zigarre das Zeug zum Klassiker hat – derzeit allerdings noch ein Klassiker, der in vielen Ländern weit unter seinem Wert geschlagen wird.

    Die Saga Short Tales Tomo VI ist eine Zigarre, die man mit einer wirklich guten Freundschaft vergleichen kann. Sie will gehegt und gepflegt werden, man muss zwar manchmal etwas investieren, doch am Ende des Tages wird man immer belohnt. Der letzte Zug dieser herrlichen Kreation erinnert mich an ein Zitat, das aus der Feder von William Shakespeare stammt: „Abschied ist solch bittersüßer Schmerz.“ Das trifft es genau.

     

     

     

    Copyright Fotos: Klaus Hruby

    Klaus Hruby learned his trade as a journalist at a young age and published articles in various media such as Die Zeit, Der Falter, as well as in renowned literature competitions in German-speaking countries. His love for cigars was ignited during his apprenticeship; his great-grandfather still owned a tobacco field. Klaus Hruby has been writing Austria’s biggest cigar blog, www.derblauedunst.com, since 2014.


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