Padrón Cigars

Padrón Cigars: Der Name verpflichtet

Jorge Padrón

Photo: Padrón Cigars | Wenn du mit der Natur arbeitest, musst du dich nach ihrer Uhr richten – Jorge Padrón

Ein Unternehmen ist wie ein Baby“, konstatiert José Orlando Padrón auf meine Frage nach allfälligen Wachstumsplänen. Die kleine Robusto No. 35 aus seiner 1926er-Serie dient ihm dabei als erhobener Zeigefinger: „Zuerst krabbelt es, dann versucht es sich aufzurichten und nimmt vorerst kleine Schritte, bis es schließlich laufen kann. Wenn du aber zu früh laufen möchtest, fällst du auf die Nase.“ Der Firmengründer mit 82 Jahren Lebenserfahrung und dem Elan eines Fünfzigjährigen orientiert sich seit jeher an soliden Grundwahrheiten. Er würde nie eine Entscheidung übers Knie brechen. „Eines musst du wissen“, verrät er mir dann: „Für jede Million Zigarren, die du produzieren möchtest, brauchst du 400 bis 450 Quintales Tabak [Anm.: 1 Quintal = 100 Pfund = 45,4 kg]. Wenn du also 10, 20 ja 30 Millionen Zigarren herstellen willst, brauchst du eine ganze Menge davon, und vor allem benötigst du Lagerraum, Torcedores, Kisten, Einrichtungen zum Verpacken und für den Versand, Lastwagen und vieles mehr. Wenn du auf der einen Seite wächst, muss die andere Seite mitwachsen, klar? Und wenn du dann noch bedenkst, dass du deinen Tabak reifelagern und dir Reserven für ein paar mäßigere Jahre anlegen möchtest, dann rechne dir aus, wohin das führt …“ Schon bei den ersten Hochrechnungen verliere ich den Faden, zu ungewohnt das Hin und Her zwischen den Einheitensystemen. Unterm Strich macht es jedenfalls Sinn, was er klarzumachen versucht: 

Wer zu schnell wächst, der wächst nicht beständig.
„Aus unserer jüngsten Ernte haben wir rund 5500 Quintales erzielt“, stillt Jorge Padrón nahtlos meine weitere Neugier. Mit seinen knapp 40 Jahren leitet er das operative Geschäft des Familienunternehmens. „Wir produzieren aber derzeit höchstens fünf bis fünfeinhalb Millionen Stück Zigarren. Einfach deshalb, weil unsere Kapazität da endet … derzeit jedenfalls. Der Restbestand ist unser Sicherheitspolster und mag allenfalls einmal in einem neuen Produkt Verwendung finden. Wir haben Tabak für mindestens sechs Jahre auf Lager; wenn es mehr ist, so ist uns das noch lieber.“ Damit ist auch erklärt, warum Zigarren von Padrón seit gut zehn Jahren zu den begehrtesten und zugleich auch rarsten Marken am Weltmarkt gehören: Nicht der Markt bestimmt den Output, sondern die natürlichen Grenzen, die einem Familienunternehmen nun einmal gesetzt sind. Nie würde auch nur eine Zigarre das Lager verlassen, die in den Augen der Familie in irgendeiner Weise fragwürdig ist. Wie heißt es in den Prospekten? „Wenn Padrón draufsteht, steht die Ehre der Familie am Spiel!“

Padrón Art Picture

Photo: Many Iriarte | Anlässlich des 80. Geburtstages des Firmengründers erschien Ende 2007 die Padrón 1926-Serie – 80 Years, die erste Perfecto aus dem Hause Padrón

Was Padrón-Zigarren gewiss von anderen unterscheidet, sind zwei auffallende Merkmale. Zum einen sind alle Tabake ausnahmslos Sun Grown, auch die Deckblätter werden nicht unter Planen gezogen. Zum anderen werden sämtliche Tabake ausreichend reifegelagert, schon bevor sie verarbeitet werden. Für die reguläre Serie bedeutet das zweieinhalb Jahre Lagerung der Tabake, für die 1964 Anniversary Series vier und für die 1926-Serie fünf Jahre Reifeprozess. Das erübrigt jede Diskussion über allenfalls zu junge Zigarren. Der Konsument bekommt, was der Hersteller kreiert hat – und nicht eine Option auf vollkommenen Genuss, wenn einmal … Und ein drittes Kennzeichen für seine Marke unterstreicht José Orlando Padrón energisch, lautstark und Wort für Wort: „Warum wir heute da sind, wo wir sind, hat auch damit zu tun, dass wir mit unseren Blends nicht herumspielen. Wir ändern sie nicht. Unsere Blends bleiben wie sie sind, Jahr für Jahr für Jahr.“ Und Jorge ergänzt: „Trotz der Unmengen an Tabak in unserem Lager sind wir nicht davor gefeit, die Zigarrenproduktion manchmal drosseln zu müssen, bis wir einen bestimmten Tabak in einer bestimmten Qualität verfügbar haben. Es ist schlimm, aber wenn du mit der Natur arbeitest, musst du dich nach ihrer Uhr richten.“ Dabei verfügt die Familie nun schon über 20 volle Lagerhäuser in Estelí, Nicaragua. Die Gesamtfläche des Fabriksareals beträgt mittlerweile 9300 Quadratmeter [= 100,000 square feet]. 

UND IMMER KRIEG UND EMBARGO ZUM TROTZ 

Padròn-Zigarren sind allesamt Puros, sämtliche Tabake stammen aus Nicaragua. Selbst die Zigarrenkisten, notabene aus eigener Erzeugung, sind aus nicaraguanischem Holz gefertigt. Wie überhaupt die Familie großen Wert darauf legt, jeden betrieblichen Aspekt – vom Samen bis zum Versand – selbst zu kontrollieren. Alle Schlüsselpositionen im Unternehmen werden konsequenterweise von Mitgliedern der Familie gehalten, das sind allein schon ein Dutzend Mitarbeiter. Der General Manager der Operation in Estelí, Gabriel Fernandez, ist natürlich ebenfalls ein Familienmitglied, nämlich ein Cousin Jorge Padróns. 

Vater und Sohn Padrón

Photo: Padrón Cigars | Vater José und Sohn Jorge haben stets jeden Arbeitsschritt der Tabakerzeugung unter Kontrolle

Selbstverständlich besitzen die Padróns ihre eigenen Tabakplantagen, etwa in Jalapa, im Norden des Landes. Die überwiegende Mehrzahl der Felder, sowohl in Jalapa als auch in den Regionen rund um Condega und Estelí, befindet sich aber im Eigentum von selbstständigen Tabakbauern, die exklusiv für und mit Padrón erzeugen. Die Fabrik in Danli, Honduras, wohin José Orlando Padrón mit dem Ausbruch der nicaraguanischen Revolution Ende der 1970er-Jahre notgedrungen ausweichen musste, wurde erst vor zwei Jahren aufgegeben. Von 1978 bis 1985 waren zwar beide Produktionsstätten in Betrieb, die politische Lage in Nicaragua war aber viel zu gefährlich, als dass Padrón alles auf diese eine Karte gesetzt hätte. Jorge Padrón: „Als US-Präsident Ronald Reagan 1985 das Wirtschaftsembargo über Nicaragua verhängte, bedeutete dies das Aus für Estelí. Die USA haben alle Importe aus Nicaragua unterbunden. Viele unserer Mitarbeiter sind damals mit uns nach Danli übersiedelt. Mit dem Ende des Embargos, 1990, ist die ganze Mannschaft dann wieder nach Nicaragua zurückgekommen.“ 

KUBANISCHES ERBE 

Padrón Fabrik

Photo: Padrón Cigars | José O. Padrón verbringt die meiste Zeit in seiner Fabrik in Nicaragua

Die Geschicke der Familie Padrón sind seit dem späten 19. Jahrhundert aufs Engste mit dem Tabak verknüpft, als José Orlandos Großvater Damaso Padrón von den Kanarischen Inseln nach Piloto in Pinar del Rio, Kuba, emigrierte. Dort, in der wohl bekanntesten Tabakregion der Welt, begann er mit seinen Söhnen Tabak zu pflanzen. „Als kleiner Junge musste ich nach der Schule aufs Feld, um Unkraut zu jäten“, erinnert sich José Orlando an seine Kindheit. „Ich habe jeden Handgriff von der Pike auf gelernt. Und es gab wahrlich viel zu tun. Die Familie meiner Frau war ebenfalls im Tabakanbau und hatte 13 Farmen in Las Ovas zu bewirtschaften.“ 

Erst in Miami begann José Orlando Zigarren auch tatsächlich zu rollen, der Schlüssel zum perfekten Smoke lag für ihn aber stets im landwirtschaftlichen Teil des gesamten Herstellungsprozesses. Sein umfassendes Wissen um den Tabak ist auch die Grundlage, warum seine Zigarren trotz ihres vollen Körpers derart harmonisch und ausgewogen schmecken: „Balance ist das Geheimnis jeder Zigarre, es ist die Balance zwischen Kraft und Geschmack, die die Qualität ausmacht.“ Die Blends für die drei Zigarrenlinien des Hauses Padrón sind, wie erwähnt, die Basis für die Kontinuität ihrer jeweiligen Charakteristik. Daran wird auch weiterhin nicht gerüttelt.

Das ist ein ehernes Gesetz im Familienbetrieb. Man ist auch überaus zurückhaltend, was neue Produkte betrifft. Während andere Hersteller jedes Jahr mit neuen Serien, Kompositionen und Gags im Gespräch zu bleiben versuchen, setzt man bei Padrón auf Bewährtes: Never change a winning team! „Uns ist es wichtig, dass unsere loyalen Kunden in einem Jahr das gleiche Produkt erhalten wie vor einem Jahr. Dabei gehen wir keine Kompromisse ein“, schwört Jorge auf das Unternehmensprinzip. „Es kommen heute noch Kunden in unser Geschäft in Little Havana … Exilkubaner…, die mein Vater seit 1964 kennt. Diese Leute kaufen Padrón, weil ihnen die Zigarre Freude bereitet – seit 45 Jahren. Und das soll auch so bleiben. Neues zu bringen ist eine wunderbare Sache in der Modeindustrie, aber nicht im Zigarrenbusiness. Was man von uns erwartet, ist Tradition.“ 

PREISE UND VERFÜGBARKEIT 

Padron Art Pictures

Photo: Manny Iriarte | Die Gesamtproduktion der Padrón 80 Years beträgt rund 40.000 Stück pro Jahr

In den USA gehört der Name Padrón zum allgemeinen Wortschatz jedes Zigarrenliebhabers, während die Marke am internationalen Markt eher als Insidertipp gehandelt wird. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist es die begrenzte Verfügbarkeit, zum anderen bilden die Preise am Weltmarkt (mit teilweise exzessiven Tabak- und Verkaufssteuern in einigen Ländern) eine natürliche Barriere. Ein Beispiel: Eine Kiste (25 Stück) Diplomatico 1964 Anniversary Series Maduro schlägt in den USA mit 310 US-Dollar zuzüglich Verkaufssteuer zu Buche. In Australien kostet dieselbe Kiste umgerechnet 558 US-Dollar, in Europa klettert der Preis teilweise sogar noch darüber. „Darauf haben wir keinen Einfluss“, sind Vater wie Sohn sichtlich selbst überrascht. „Wir haben unsere Preise zuletzt vor zwei Jahren angepasst und nur bei einigen wenigen Formaten.

Der Preis für die 1926-Serie ist sogar seit vier oder fünf Jahren unverändert.“ Die reguläre Padrón-Serie weist zweifellos ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis auf (s. Infokasten „Alle Padrón-Zigarren auf einen Blick“). Und auch einige Formate der 1964 Anniversary und 1926 Serie erscheinen im Vergleich mit anderen Ultra-PremiumZigarren durchaus erschwinglich. „Ich vergleiche das immer mit Automarken“, lacht José Orlando. „Wir produzieren Rolls Royce, Mercedes und Toyota. Letzterer steht offenbar für den täglichen Gebrauch, für Verlässlichkeit und natürlich für einen günstigen Preis – vergleichbar mit der Padrón-Serie.“ In jüngster Vergangenheit stehen die Händler aus aller Welt Schlange, um bei der IPCPR, der größten Tabakmesse der Welt, ein Kundenkonto bei den Padróns zu ergattern. Man findet die Marke in ausgesuchten Fachgeschäften in Großbritannien, Frankreich, Holland, Belgien, Italien, Deutschland, der Schweiz und Österreich. Seit kurzem ist sie auch in Spanien und in Estland erhältlich.

Jorge Padrón

Photo: Padrón Cigars

Aber auch Passionados in anderen Teilen der Welt wollen nicht länger auf diese nicaraguanischen Puros verzichten, und so gibt es mittlerweile Vertriebsschienen in die Türkei, nach Russland, Hongkong, Japan, Malaysia, Kambodscha, Vietnam, Australien, Mexiko und Taiwan. „Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir nicht alle Märkte ausreichend bedienen können“, gesteht Jorge ein, „wir haben eben nur eine gewisse Kapazität. Ich würde aber nie unseren Ruf aufs Spiel setzen, nur um des schnellen Erfolges wegen. Mein Vater und unsere gesamte Familie hat nun 45 Jahre lang hart gearbeitet und viele treue Kunden gewonnen. Und glaub mir, man muss viele gute Zigarren herstellen, um das zu erreichen, aber mit nur einer minderwertigen kannst du vieles wieder kaputt machen.“ Ehre verpflichtet. 

Padrón Cigars, 1575 SW First Street, Miami, Florida www.padron.com 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahrs-Ausgabe 2009 veröffentlicht. Mehr 

His journalistic career began in 1979 as a freelancer for German-language newspapers in the US, and later for Austrian media including Die Wochenpresse and Das Wirtschaftsblatt. For ten years he also produced programs for over 60 radio stations around the world. In 1994, Reinhold C. Widmayer devoted himself to all things cigar, publishing technical articles in cigar magazines. He began working for Cigar Journal in 2001 and became editor-in-chief in 2005; under his auspices the journal has established itself as the world’s leading cigar magazine.


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