Aus irgendeinem Grund ist mir die Aufgabe zugefallen, in dreizehn von insgesamt vierzehn Jahren die Humidor-Auktion im Rahmen des Gala-Dinners am Abschlussabend des Festival del Habano in Havanna durchzuführen. Wenn alles klappt, dann wird zu dem Zeitpunkt, wenn Sie diesen Artikel lesen, die vierzehnte von fünfzehn über die Bühne gegangen sein.
Das Jahr 2012 stellte für mich persönlich einen Meilenstein dar, denn die Gesamterlöse, die durch mein Chaveta (ich verwende das Messer eines Zigarrenherstellers als Hammer) zugunsten des öffentlichen kubanischen Gesundheitswesens eingebracht wurden, überschritten die 10-Millionen-Dollar-Marke.
Rückblickend scheinen die einzelnen Auktionen zu verschmelzen, aber nichts ist mit der ersten, die ich im Jahr 1999 abhielt, vergleichbar. Ich weiß nicht, wieso der damalige Präsident von Habanos S.A., der verstorbene Francisco Linares, glaubte, ich sei der Aufgabe gewachsen.
Vielleicht dachte er, jeder Engländer verbringt seine Jugend in einem von Londons berühmten Auktionshäusern, wie Sotheby’s oder Christie’s, doch in meinem Fall war das keineswegs so. Ich hatte bei einer oder zwei Veranstaltungen in der Nachbarschaft, bei denen Marmeladetöpfchen zugunsten lokaler Wohltätigkeitseinrichtungen verkauft wurden, den Hammer geschwungen, aber er wollte, dass ich vor mehr als 800 Leuten auftrete und ein Vermögen an dringend notwendigem Geld für Kubas Krankenhäuser aufbringe.
Ich bekam Hilfe, als jemand Duncan McEwan, einen von Christie’s besten Weinauktionatoren, überredete, mir übers Telefon seine Kunst beizubringen – ich habe immer noch die Notizen, die ich an diesem Tag machte. Er erklärte mir, wie ich im Wirrwarr der Bieter nicht die Kontrolle verliere, vor allem aber lehrte er mich: Keep Smiling – Komme, was wolle! Bei jenem ersten Anlass gehörte zu diesem „Komme, was wolle“, gemeinsam mit Fidel Castro auf der Bühne zu stehen, der die Situation rettete, nachdem aufgrund seiner Ankunft Chaos im Raum ausbrach.
In dieser Nacht nahmen wir 750.000 US-Dollar ein – damals ein Rekord für eine Zigarrenauktion. Präsident Castro und ich konnten kaum glauben, was geschehen war. Kurz danach traf er die Entscheidung, das Festival del Habano solle ein nationales kubanisches Event werden, weshalb das 1999er-Festival auch als das erste gilt, obwohl Habanos S.A. bereits davor seine eigenen Veranstaltungen organisiert hatte.
Im Jahr darauf lehnte ich die Einladung, es wieder zu tun, ab. Ich fühlte, dass mein Anfängerglück vorbei war und jemand anderer die Chance bekommen sollte. Doch 2001 bat man mich, zurückzukommen, und seither mache ich es jedes Jahr. Wir haben die 1-Million-Dollar-Marke bereits vier Mal überschritten; im Vorjahr lagen wir mit 944.000 US-Dollar nur knapp darunter. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, was sich heute auf der Welt abspielt. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass die Währung, die wir heute benutzen, Euro sind, nicht US-Dollar.
Der Wechsel erfolgte 2005, kurz nachdem die kubanische Regierung, als Antwort auf Präsident George Bushs Verschärfung des Embargos, den US-Dollar aus dem Verkehr zog und begann, eine Gebühr von 10% für den Umtausch von Dollar in kubanische Pesos Convertibles (CUC) zu verrechnen.
Ich war der Meinung, dass es unter diesen Umständen unpassend wäre, die Auktion in US-Dollar durchzuführen und konsultierte deshalb den damaligen kubanischen Vize-Präsidenten von Habanos S.A., Oscar Basulto, der im vergangenen Jahr leider verstorben ist.
Er erteilte die Anweisung für den Wechsel zu Euro und ich gab diese Nachricht mit einem Lächeln im Gesicht an die Gäste weiter. Es funktionierte. Wir profitierten von der sofortigen 20%-Erhöhung des Werts jedes Gebots und erzielten (nach Umrechnung) fast 200.000 US-Dollar mehr als im Vorjahr.
Zu einer weiteren großen Veränderung kam es 2007. Bis dahin wurden alle Lose von Fidel Castro persönlich signiert. Der Präsident war jedoch im Sommer davor krank geworden. Es schien wahrscheinlich, dass er mit wichtigeren Dingen als dem Signieren von Auktions-Humidoren beschäftigt sein würde, doch dies war noch nicht bestätigt, als ich beim Dinner eintraf, gewappnet mit alternativen Manuskripten, um für beide Fälle gerüstet zu sein.
Niemand, mich eingeschlossen, konnte sagen, wie sich ein Fehlen der Signatur auf die Gebote auswirken würde. Ich tat mein Bestes, zu lächeln und die Situation zu erklären. Ich erinnerte die Anwesenden daran, dass die Bedürfnisse des kubanischen Gesundheitswesens so groß wie eh und je waren. Wir nahmen rund 10% weniger als im Vorjahr ein, verzeichneten aber dennoch eine stolze Summe von 533.000 Euro bzw. 700.000 US-Dollar.
Interessanterweise folgten die vier Anlässe, an denen wir eine Million US-Dollar übertrafen, in den Jahren unmittelbar nach dieser Veranstaltung, was zeigte, dass wir es auch ohne die Signaturen schaffen konnten.
Bei den Losen als solchen handelt es sich ausschließlich um Humidore von einigen der talentiertesten Künstler und Handwerker Kubas, oft reich verziert mit Schnitzereien beziehungsweise mit Gold und Silber besetzt.
Für gewöhnlich präsentiert jeder davon eine bestimmte Habanos-Marke. Im Vorjahr gab es zum Beispiel sechs Lose, die H. Upmann, Hoyo de Monterrey, Romeo y Julieta, Montecristo und Cohiba repräsentierten.
Seit kurzem wirkt sich die Inflation positiv auf die Menge der Zigarren in den Humidoren aus. In den ersten Jahren konnte man nicht erwarten, mehr als 100 bis 200 Zigarren darin zu finden. Seit 2008 ist diese Zahl jedoch selbst beim kleinsten Gebot auf mehr als 300 hinaufgeklettert.
Im Cohiba-Humidor des Vorjahres fanden 520 Zigarren Platz, aber der Rekord wurde 2008 aufgestellt, als anlässlich des zehnjährigen Festival-Jubiläums 700 Zigarren elf verschiedener Marken in einem Humidor angeboten wurden. Nachdem das Festival heuer seinen 15. Geburtstag feiert, ist es durchaus möglich, dass der Rekord erneut gebrochen wird.
Ebenso wichtig wie die Zahl der Zigarren sind deren Formate. Bei manchen handelt es sich um Standard-Vitolas der jeweiligen Marken, aber selbst diese werden speziell für die Auktion von einem Elite-Kader an Torcedores, zusammengestellt von Tabacuba, angefertigt. Andere sind extrem selten, wie etwa die H. Upmann Butifarras. Ihr Name bedeutet „Wurst“, und im Jahr 2011 tauchten 50 Stück davon auf. Diese Zigarren – rundliche Perfectos mit einer Länge von 125 mm und einem Ringmaß von 55 – erhielten in den 1960er-Jahren, als sie zuletzt hergestellt wurden, von Verkäufern von Hunters & Frankau den Spitznamen „Flying Pigs“. Sie sorgten für großes Aufsehen unter Sammlern aus dem Fernen Osten, und wenige Stunden nach der Auktion befand sich der Humidor bereits in einem Flugzeug Richtung Hongkong. Habanos S.A. nutzt die Auktion, um seine neuesten Zigarren erstmals zu präsentieren.
Die ersten für den Verkauf bestimmten BHKs befanden sich im 2010er Cohiba-Humidor und die ersten Montecristo No. 2 Gran Reservas wurden in Form des Montecristo-Loses aus dem Jahr 2011 verkauft. Es lohnt sich stets, die seltenen Formate, die auftauchen, im Kopf zu behalten, denn die Industrie nutzt die Auktion gerne, um mit neuen Vitolas zu experimentieren, die eines Tages vielleicht ins Standard-Sortiment aufgenommen werden.
Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass Auktionen beim Gala-Dinner des Festival del Habano unvorhersehbar sind. Ganz gleich, wie sorgfältig ich mich vorbereite, gibt es ziemlich sicher immer etwas, das den Ablauf durcheinanderbringt. Beim Tropicana Open Air Nightclub im Jahr 2001 teilte ich abermals die Bühne mit Fidel Castro, was nervenaufreibend genug war. Und plötzlich, ohne Vorwarnung, schloss sich uns der 93-jährige Compay Segundo, Leadsänger des Buena Vista Social Club, an, der sich an den Präsidenten richtete. Castro wandte sich daraufhin an mich und erklärte mir, Compay wolle, dass ich seinen charakteristischen Panamahut verkaufe, was ich auch tat, und wir bekamen 17.500 US-Dollar dafür.
Nachdem ich nie weiß, was mich bei diesen Abenden erwartet, besteht kein Zweifel, dass der beste Auktionstipp, den ich je erhielt, von Duncan von Christie’s kam – „Keep Smiling – Komme, was wolle.“
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahrs-Ausgabe 2013 veröffentlicht. Mehr