In den verwinkelten Gassen der Stadt, in einer kleinen Wohnung, hauste ein Mann mit auffälligen Manieren. Er war ein Liebhaber der feinen Künste, doch keine Kunstform verkörperte seinen Geschmack so sehr wie die Zigarre. Er umgab sich stets mit einem Duftschleier aus exquisiten Rauchwolken, der ihn wie eine Aura der Überheblichkeit umgab.
Seine Zigarrensammlung war beeindruckend. In einem mit Gold verzierten Humidor bewahrte er die seltensten und teuersten Zigarren der Welt auf. Er hatte sie aus allen Ecken der Erde zusammengetragen, von den Tabakfeldern Kubas bis hin zu den Anbaugebieten der Karibik und der neuen Welt. Keine Zigarre war ihm zu teuer, solange sie seinen vermeintlichen Reichtum zur Schau stellte. Doch sein Reichtum war Hochstapelei. Wer reich ist, raucht bekanntlich Zigarre. Bei gesellschaftlichen Anlässen war er stets im Mittelpunkt. Er pflegte jede Zigarre mit überheblichem Stolz. Er würde seine Zigarre in der Hand schwingen wie ein Dirigent. Und wenn er den Rauch ausstieß, ließ er ihn mit einer übertriebenen Geste entweichen, als ob er seine eigenen Vorstellungen von Noblesse und Großartigkeit verkörpern würde. Trotz seines prahlerischen Gehabes übersah niemand, dass er eigentlich nichts von Zigarren verstand. Sein zeremonielles Paffen war nichts als eine Farce. Ein trauriger Narr, der wahre Kunst niemals schätzen konnte und in dessen Wohnung spätabends die Einsamkeit durch jede Ritze des Fußbodens kroch.
Zugegeben, dass ist zynisch überspitzt. Herzlich willkommen in unserem literarischen Rauchsalon. Diese Mal werden wir keine Zigarre gemeinsam verkosten. Dieses Mal möchte ich mit Ihnen eine Schattenseite beleuchten, die uns Passionados schon lange begleitet, über die aber scheinbar niemand so recht sprechen möchte.
Die Zigarrenkultur hat in den letzten Jahrzehnten einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Immer mehr Menschen entdecken die Freuden des Paffens und genießen die entspannte Atmosphäre und die gesellschaftliche Bindung, die diese alte Tradition mit sich bringt. Natürlich gibt es viele Leute, die vom Zigarrengenuss nichts halten, sei es aufgrund des hohen Preises oder des vermeintlichen Luxus-Images, das damit verbunden ist. Dann wiederum zieht aber auch dieses falsche Bild von vermeintlichem Luxus Menschen an, und so ist es nicht verwunderlich, dass das Luxussegment boomt wie noch nie. In den sozialen Netzwerken wird gerne gezeigt, was man sich alles leisten kann. Nach den „Preisanpassungen“ kubanischer Zigarren an das Preisniveau von Hongkong konnte man erleben, dass in den darauffolgenden Tagen die Postings in den diversen Facebook-Gruppen und Reddits durch die Decke gingen. „Seht her, mir ist der Preis egal“, war oft das Motto.
Vor allem in Europa wird das zu einem Thema. In den USA ist der durchschnittliche Zigarrenraucher zwischen 25 und 45. In Zigarrenlounges sieht man mehr Jeans und Sweatpants als elitäre Herren im Dinnerjacket mit Cognacschwenker. Es sind eher Menschen im T-Shirt mit Laptop und Kopfhörern, die eine kleine Auszeit vom Alltag suchen.
In Europa wird oft das Bild vom wohlhabenden Menschen gezeichnet, der im Ohrensessel in der Bibliothek seines Châteaus vor einem alten Globus sitzt, der zur Bar umfunktioniert wurde, und eine seiner noblen Köstlichkeiten genießt.
Wo ist da das Problem? Ganz einfach: Passionados in aller Welt leiden zunehmend unter staatlichen Restriktionen. Importeure und Großhändler kämpfen mit rigorosen bürokratischen Hürden und Auflagen. Das Ziel ist klar: Rauchen soll abgeschafft werden!
In der Europäischen Union ist es schon beschlossene Sache. 2040 soll der Raucheranteil unter fünf Prozent der Bevölkerung liegen. Das gilt dann de facto als rauchfrei. Track-and-Trace, Plain Packaging, Ekelbilder, Rauchverbot in Gastgärten oder an öffentlichen Plätzen sind nur der Anfang. Der Fahrplan steht seit Jahren fest, nämlich seit Beschluss der ersten Tobacco Products Directive (TPD).
Was hat das jetzt alles mit dem Wohlstandsklischees des Zigarrenrauchers zu tun? Es ist ganz einfach. Wir sind zu wenige Menschen, um uns Gehör zu verschaffen. Umso wichtiger ist es, mehr Leute zur Zigarre zu führen, Aufklärungsarbeit zu betreiben und ihnen den Genuss näherzubringen. Kurz, die Welt der Zigarre braucht eine breitere Basis. Und eine breitere Basis braucht in erster Linie Nachwuchs, Offenheit und Diversität. Nur zu oft wird das Bild der verschworenen Gemeinschaft und der „geheimen“ Zirkel bewusst oder unbewusst gestärkt.
In einem namhaften Londoner Etablissement hängt ein wunderschönes Messingschild und darauf steht: „We don’t care what you wear“ (Uns ist egal, welche Kleidung du trägst). Es ist diese Einstellung, die Zigarre als verbindendes Element zu stärken, nicht die Kleidung, den sozialen Stand oder gar die politischen Ansichten. Eine Reise des Wissens beginnt, wenn wir uns alle der Aufgabe widmen, Menschen zu inspirieren. Workshops und Veranstaltungen werden dann zu Schauplätzen des Lernens, an denen die Vielfalt und die facettenreiche Welt der Aromen enthüllt werden. Durch Wissensvermittlung und ein gemeinsames Erleben wird das Zigarrenrauchen zu einer symphonischen Erfahrung, die nicht nur den Augenblick erfüllt, sondern das Leben bereichert.
Wir alle, die wir den Genuss bereits zelebrieren, sollten alles dafür tun, diesen Genuss anderen Menschen näherzubringen. Das bedeutet auch, Erfahrungen und Möglichkeiten zu eröffnen und zu teilen. Das bedeutet vor allem Schluss mit dem ständigen „Ich hab was, was du nicht hast“.
Es wird Zeit, die Zigarrenkultur zu demokratisieren und die Tore zu öffnen, damit jeder wahren Genuss erleben kann. Lassen wir uns nicht länger vom Glanz des Luxus blenden. Leiten wir eine neue Ära ein! Es ist an der Zeit, dass die Zigarrenwelt erbebt und die Zigarre nicht mehr als Symbol für scheinbaren Reichtum und dekadenten Luxus steht. Wir sind eine Gemeinschaft, eine Familie, wir sind Passionados aus vollem Herzen und aus ganzer Seele!