„Ich habe Zigarren im Wert von 250.000.000 Dollar gekauft“

    Wie kann jemand 250 Millionen US-Dollar für Zigarren ausgeben? Ist das überhaupt möglich? Offensichtlich schon. Als ich vor ein paar Wochen unseren guten Freunden vom Podcast „The Cigar Authority“ und dem Two Guys Smoke Shop lauschte, hörte ich ein Gespräch zwischen dem Inhaber des letzteren, David Garofalo, und seinem Zigarreneinkäufer, Ed Santamaria. Ed arbeitet seit über 25 Jahren für Dave und kauft buchstäblich jede einzelne Zigarre, die dieser in seinen Einzelhandels- und Online-Shops verkauft. Ich habe die Geschäfte und sein Lager gesehen (und sie sind riesig) und kann bestätigen, dass Dave einer der erfolgreichsten Zigarrenhändler in den USA ist.

    Ich dachte mir, dass derjenige, der Zigarren für Dave Garofalos Geschäfte kauft, wissen muss, was er tut. Nachdem ich sie bei der PCA-Messe 2024 in Las Vegas getroffen hatte, beschloss ich, dass ein Gespräch mit jemandem, der so viel Geld für den Kauf von Zigarren ausgibt, es wert ist, mit anderen geteilt zu werden. Deshalb lud ich Ed ein, den Lesern des Cigar Journals von seinem Leben und seinen Erfahrungen beim Zigarrenkauf zu erzählen.

    Jorge Tapies: Erzählen Sie mir etwas über sich und Ihren Hintergrund. Wie und wann haben Sie Dave Garofalo kennengelernt? Und wie haben Sie Ihren Job bekommen?

    Ed Santamaria: Der erste Two Guys Smoke Shop befand sich in Somerville, Massachusetts, wo ich aufgewachsen bin. Damals war es ein typischer „Smoke Shop“ dieser Zeit. Er wurde 1985 eröffnet und hatte alles, was man sich nur vorstellen kann. Ich fuhr manchmal mit dem Fahrrad hin und kaufte Baseball-Sammelkarten oder andere Dinge, für die sich ein Neunjähriger halt so interessiert. Auch meine Mutter schaute gelegentlich aus verschiedenen Gründen dort vorbei, und nachdem wir uns mit Dave und seiner Familie angefreundet hatten, begann sie für ihn zu arbeiten.

    Nach meinem ersten Jahr am College befand die Schulleitung, dass ich vielleicht besser nicht mehr dort sein sollte – ich hatte zu viel Spaß. Also bereitete ich mich darauf vor, einen Teilzeitjob für ein paar Tage in der Woche zu finden. Eines Tages, als wir Daves Familie im Haus seiner Mutter trafen, erwähnte er, dass er jemanden sucht, und ich packte die Gelegenheit beim Schopf. Der Zigarrenboom war gerade in vollem Gange, und als ich hörte, wie er über die ganze Aufregung sprach, war mein Interesse geweckt. Damals wusste ich noch nichts über Zigarren. Ich fing in den kleinen Räumlichkeiten des Geschäfts in East Boston an, das sowohl ein Einzelhandelsladen als auch ein Versandzentrum war. 

    Im Jahr 1995 begann ich, dort für ein paar Monate Teilzeit zu arbeiten, lernte die Abläufe und alles über Zigarren. Ich war erst 18 Jahre alt, aber sehr wissbegierig, las sämtliche Zeitschriften und Bücher, die ich finden konnte. Obwohl ich noch jung war, hörte ich den Verkäufern zu. Ich stellte ihnen nicht viele Fragen, denn sie behandelten mich wie ich ein Kind, was ich ja auch war … aber ich hörte zu.

    Der Mann, der für die Website und den Versand zuständig war, gab im November 1995 plötzlich seinen Job auf, und so übernahm ich ein paar zusätzliche Arbeitsstunden. Mitte Dezember teilte mir mein College mit, dass ich nicht zurückkehren sollte. Leider hatte ich mir in meinem ersten Jahr ein so großes Loch gegraben, dass mich selbst meine verbesserten Noten da nicht wieder rausholen konnten.

    Ich musste erwachsen werden und stand an einem interessanten Scheideweg. Ich fragte Dave, ob ich Vollzeit an Bord kommen könnte, und beschloss, Teilzeit am College zu studieren. Nach siebeneinhalb Jahren würde ich letztendlich meinen Abschluss machen. Ich scherze immer mit meiner Frau, wenn sie mir eine medizinische oder juristische Frage stellt: „Ich weiß, dass ich siebeneinhalb Jahre lang studiert habe, aber ich bin kein Arzt oder Anwalt!“

    In der Zwischenzeit hatten wir begonnen, Daten in ein neues Point of Sale-System einzugeben, und ich fühlte, Teil von etwas Größerem zu sein, das sehr schnell wuchs. Spulen wir vor ins Jahr 1996: Da in Massachusetts eine neue Zigarrensteuer eingeführt wurde, packte Dave das „ganze Unternehmen“, das eigentlich nur aus mir bestand, zusammen und verlegte den Standort nach Salem, New Hampshire. Damals war der Plan, nur einen Ort für Versandbestellungen zu haben. Nach ein paar Monaten entschieden wir uns dann, ein Geschäft zu eröffnen. Wir hatten zwar ein paar Mitarbeiter eingestellt, waren aber immer noch unterbesetzt, also beschloss Dave, die Leitung des Ladens zu übernehmen und mir mehr Verantwortung im Hintergrund zu geben.

    JT: Wie haben Sie den Job als „Einkäufer“ bei Dave bekommen?

    ES: Zu diesem Zeitpunkt begann ich, mich mit dem Kauf von Zigarren zu beschäftigen; der Zigarrenboom war eine verrückte Zeit. Heute gibt es keine schlechten Zigarren mehr, der Tabak hat es weit gebracht. Damals war das nicht so, da gab es viele schlechte Dinge. Sei es qualitativ minderwertiger, unterfermentierter oder nicht gut verarbeiteter Tabak bzw. eine Menge schlechter Verpackungen und Marken. Wir haben Samples geraucht und uns darüber unterhalten. Das hat dazu beigetragen, dass ich meinen Geschmack entwickeln konnte, und die Gespräche mit Kunden am Telefon oder im Geschäft halfen mir, sie besser zu verstehen. Außerdem verbrachte ich die Vormittage damit, Zigarrenhersteller anzurufen. Damals gab es noch keine Backorders, also mussten wir bei Unternehmen, örtlichen Großhändlern oder Vertretern anrufen, um zu sehen, was wir bekommen konnten. Manche Tage waren gut, andere schlecht.

    Als wir wuchsen und sich die Technologie verbesserte, konnten wir unsere internen Systeme aufrüsten und unsere Einkäufe besser verwalten. Wir waren in der Lage, Einkäufe zu verfolgen und Muster zu erkennen. Irgendwann im Jahr 1998 oder 1999 erstellte ich Berichte und plante Bestellungen für bestehende Produkte, und wir besprachen neue Produkte – was uns gefiel, was uns nicht gefiel; warum wir dachten, dass sie sich verkaufen würden, warum wir dachten, dass sie sich nicht verkaufen würden. Die beiden letzten Fragen sind entscheidend. Es gibt viele Zigarren, die ich persönlich nicht mag, die wir aber tonnenweise verkaufen, und umgekehrt gibt es viele Zigarren, die ich liebe und von denen wir nicht viele verkaufen. Ich muss subjektiv sein und die Entscheidung aufgrund von Zahlen und nicht aufgrund meines Geschmacks treffen.

    Danach begann ich, Messen zu besuchen, und Dave vertraute mir, Entscheidungen basierend auf der von ihm entwickelten Strategie zu treffen. 2007 zog ich an den Standort in Nashua, wo wir ein neues Geschäft und Lager eröffneten, von dem aus unsere Läden beliefert wurden. Dave behielt sein Büro in Salem. 

    JT: Wie haben Sie die Schätzung für die Zigarrenkäufe, die Sie im Laufe Ihres Lebens bei Daves Unternehmen getätigt haben, vorgenommen? Wie weit sind Sie zurückgegangen?

    ES: Ehrlich gesagt, hatte ich nie wirklich darüber nachgedacht, bis er mir eines Tages, kurz bevor er mich zu „The Cigar Authority“ einlud, diese Zahl entgegenwarf. Zuerst dachte ich, dass sie ein bisschen hoch klang, aber als ich begann, das Ganze aufzuschlüsseln, wurde mir klar, dass sie stimmte.

    JT: Welche Marke haben Sie im Laufe der Zeit am häufigsten gekauft?

    ES: Das ist eine schwierige Frage. Ich würde mal annehmen Padrón. Die Zahlen, die wir im Laufe der Jahre mit Padrón-Zigarren erzielt haben, sind erstaunlich. Die Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen ist großartig.

    JT: Was sind die Geheimnisse und Schwierigkeiten eines guten Zigarrenkäufers?

    ES: Manchmal ist ein Angebot zu gut, und man muss trotzdem „Nein“ sagen. Denken Sie nicht, dass Sie das nicht können. Es geht ums Geschäft. Es ist nichts Persönliches. Ich habe einige ausgezeichnete Beziehungen zu Leuten, von denen wir viele Zigarren kaufen … aber ich habe auch großartige Beziehungen zu Leuten, mit denen wir keine Geschäfte machen. Manchmal klappt es eben einfach nicht. Ich nehme das nicht persönlich. Ich bin auch nicht der Typ, der Leuten sagt: „Ich werde darüber nachdenken“, wenn ich nicht wirklich vorhabe, das zu tun. Wenn ich Dinge hinauszögere, dann vergeude ich nur ihre und meine Zeit. Ich bin lieber ehrlich und sage: „Das wird nicht funktionieren und zwar aus diesem Grund.“ Manchmal klappt es nicht. Aber in anderen Fällen kann diese Antwort ein Gespräch anregen, das nicht nur die Probleme auf beiden Seiten löst, sondern auch zu einer Zusammenarbeit führt. Man sollte also nie Angst haben, ehrlich zu sein. Wenn ich irgendwelche Geschichten erfinde, muss ich mich daran erinnern, was ich erzählt habe. Es ist einfacher, die Wahrheit zu sagen.  

    JT: Welche Marken kaufen Sie am liebsten, welche am wenigsten?

    ES: Natürlich die, von denen wir viel verkaufen. Ich bin ein Zahlenmensch, deshalb finde ich es so spannend, die Zu- und Abgänge, das Auf und Ab zu beobachten. Das verkauft sich hier – warum? Das verkauft sich dort – warum? Es ist faszinierend zu sehen, wie neue Marken durchstarten und wie alte Marken wieder zum Leben erweckt werden. Es wäre nicht fair, Ihnen zu sagen, welche Marken ich am wenigsten gerne kaufe. Das mag an Verkaufsproblemen liegen oder an Schwierigkeiten mit gewissen Menschen. All dies sind Themen, die wir hinter verschlossenen Türen diskutieren. Wie schon gesagt, es geht ums Geschäft. Wir müssen nicht jeden lieben, aber wir haben einige erstaunliche Partner.

    JT: Wie sagen Sie „Nein“? Wie sieht es mit „Vielleichts“ aus? Was führt Sie sofort zu einem „Ja“?

    ES: Auch hier geht es ausschließlich um Zahlen. Wenn wir eine neue Marke in Erwägung ziehen, müssen wir uns die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft ansehen. Was haben ähnliche Marken in der Vergangenheit erreicht; was hat dieses Unternehmen in der Vergangenheit erreicht? Welchen Platz nehmen diese Marken derzeit auf dem Markt ein; welchen Platz nimmt dieses Unternehmen auf dem Markt ein? Welches Zukunftspotenzial hat dieses Unternehmen oder diese Marke? Ich mache das nicht davon abhängig, ob ich den Vertreter oder die Marke mag. Es geht um Zahlen und Geschichte. Zu diesem Zeitpunkt kann es ein Nein sein, aber es ist nicht nur ein Nein, sondern ein „Nein – und das ist der Grund dafür“. Wie schon gesagt: Ich bin lieber ehrlich. Es ist höchstwahrscheinlich auch kein Nein für immer. Es mag sein, dass uns die Art und Weise, wie eine Marke positioniert ist, nicht gefällt, aber wir sind vielleicht bereit, es in Zukunft mit ihr zu versuchen.

    Ich mag keine „Vielleichts“. Ich möchte die Leute nicht hinhalten. Manchmal wollen wir vielleicht darüber reden und ein wenig recherchieren, aber ich mag es nicht, ein „Vielleicht“ im Raum stehen zu lassen. Ich möchte ein Ja oder ein Nein. Ein sofortiges Ja kommt bei jenen Marken, die alle Kriterien erfüllen: Die Zigarre ist gut, die Verpackung ist toll, das Markenimage ist klar und deutlich, das Ansehen des Unternehmens ist unverkennbar. Es ist ein Produkt, auf das sie stolz sind, und wir glauben basierend auf unserer Erfahrung, dass wir es auch verkaufen können. Ich habe nicht immer Recht, aber ich habe eine ziemlich gute Trefferquote. All-Stars im Baseball treffen den Ball nur drei von zehn Mal … Wir sind da viel besser. 

    JT: Wer hat das letzte Wort, Sie oder Dave? Was passiert, wenn Sie nicht einer Meinung sind?

    ES: Im Laufe der Jahre hat sich das weiterentwickelt. Er hat kein Problem damit, dass ich die Entscheidungen treffe. Ich halte ihn auf dem Laufenden und beantworte seine Fragen, aber er ist offen für meine Entscheidungen. Wir können gut über Dinge reden, wenn wir uns nicht einig sind. Manchmal tendiert er in meine Richtung und manchmal tendiere ich in seine. Bei der PCA treffen wir beide je eine Entscheidung – und da hat der andere dann nichts dagegen einzuwenden! Einige dieser Entscheidungen, sowohl auf meiner als auch auf seiner Seite, sind für uns zu großen Marken geworden.

    JT: Welche Marken rauchen sie am liebsten? Greifen Sie zu bestimmten Marken, weil sie diese einkaufen? 

    ES: Es gibt so viele großartige Zigarren. Wenn ich nur ein paar wenige auswählen würde, dann würden viele ausgezeichnete Zigarren auf der Strecke bleiben Die Tatsache, dass ich Zigarren einkaufe, verleitet mich nicht unbedingt dazu, mich für bestimmte Marken zu entscheiden. Es gibt mehrere Marken, die ich mag, und von manchen davon kaufen und verkaufen wir viele, von anderen wiederum weniger. Auch letztere sind großartige Zigarren, aber sie verkaufen sich einfach nicht so gut wie andere. Das kann an der Ästhetik, der Verpackung, dem Branding oder anderen Faktoren liegen. Sie sind keine Sensation, aber ich genieße sie. 

    JT: Kaufen Sie auch gerne Accessoires? Warum? Sind sie wichtig?

    ES: Ja! Das ist wie ein Besuch im Spielzeugladen. Humidore, Feuerzeuge, Cutter und andere Accessoires werden stets verändert und weiterentwickelt. Alle paar Monate gibt es etwas Neues. Ich finde es interessant, die Entwicklung des Zigarrenschneiders seit 1995 zu beobachten und zu sehen, wie weit Feuerzeuge gekommen sind. Früher hatten wir Streichhölzer und Bics, heute gibt es stylische Modelle mit fünf Flammen und riesigen Tanks. Ich könnte stundenlang auf die Frage „Sind sie wichtig?“ antworten. Ich kaufe Zigarren, und wir wiederum verkaufen keine Zigarren, sondern Erlebnisse. Accessoires bereichern diese Erlebnisse.

    Ob es nun die stressfreie Stunde nach der Arbeit ist, in der man seinen Gedanken nachhängt und eine gute Zigarre genießt, oder ein Abend mit einem alten Freund oder einer Gruppe von Freunden – es geht um das Erlebnis. Das ist es, worum es sich in dieser Branche dreht, und das ist der Grund, warum ich vor 29 Jahren auf den Geschmack gekommen bin und sie bis heute nicht verlassen habe. Es sind die Beziehungen zu Herstellern, Händlern, Kunden und Freunden. In den meisten Einzelhandelsumgebungen herrschen unangenehme Spannungen: Ich will nicht von etwas angetan sein; ich möchte einfach nur rein und wieder raus. Zigarrenkonsumenten hingegen sind froh, hier zu sein! Sie wollen hören, was es Neues gibt und was gerade gut ist. Sie wollen eine Beziehung zu ihrem Zigarrenhändler aufbauen. Das gilt auch für mich als Käufer. Ich kaufe Zigarren, ich vollbringe keine Wunder. Der Firmeninhaber oder Vertreter möchte sich eine Zigarre anzünden und ein wenig plaudern. Ja, sie wollen Geschäfte mit mir machen, aber das geschieht alles im Rahmen einer Beziehung.

    Jorge Tapies is a passionate cigar smoker for over 20 years who enjoys visiting a tobacco farm or factory as well as spending time with friends at a cigar lounge anywhere in the world over a glass of aged rum. Jorge holds the Tobacconist University Certified Consumer Tobacconist as well as the International Association of Cigar Sommeliers' Cigar Ambassador certifications and is an avid reader and book collector on anything cigar and tobacco related. Jorge is a regular contributor and ambassador for Cigar Journal, especially in Spanish speaking countries. He is also member of Cigar Journal’s tasting panel since 2012.


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