Man kann in Spanien auch auf eine Art Urlaub machen, die nichts mit Sonne und Sand zu tun hat. Auf eine Art, bei der das Genießen eines Jahrtausende alten Kulturguts im Vordergrund steht, das tief im spanischen Character verwurzelt ist: Der Wein. Der sogenannte Weintourismus liegt voll im Trend, genau wie eine seiner Pilgerstätten – das Weinbaugebiet Ribera del Duero.
Der Fluss Duero „Durius“ bei den Römern, erhielt seinen Namen vom Wasser, das ihn durchfließt. Die keltischen Völker, die vor Ankunft der Legionen Cäsars die Zone besiedelten, benannten ihn danach: „Dur“ (Wasser). Und es ist anzunehmen, dass jene Völker kein anderes Wasser kannten als den heiligen Duero. Der etwa 900 Kilometer lange Fluss quert die iberische Halbinsel von den Gipfeln des Urbión in der Provinz Soria bis zu seiner Mündung in der portugiesischen Stadt Porto. Entlang seines Verlaufs erstreckt sich ein Streifen blühenden Lebens, der die Kultur beider Länder schon seit Jahrtausenden prägt und den weltbekannten Wein auf unzähligen Rebflächen gedeihen lässt. Mit einem Weinbaugebiet um Porto, zwei weiteren in Portugal, gefolgt von sieben Gebieten auf spanischem Territorium, tummeln sich zehn verschiedene Weinbaukulturen auf weniger als tausend Kilometern. Gar nicht schlecht für einen Fluss, der sich Wasser nennt.
Das zweifellos berühmteste der sieben spanischen Gebiete heißt Ribera del Duero. Bekannt ist es für prestigeträchtige Marken wie Vega Sicilia, Pesquera, Emilio Moro, Pingus, Pago de Carraovejas, Matarromera, Protos und Valduero. Bis zu 1.200 verschiedene Weine, die meisten davon rot, aber auch Rosés und Weißweine, werden dort auf 270 Weingütern hergestellt. Da viele von ihnen der Öffentlichkeit zugänglich sind, hat sich schon vor einiger Zeit eine neue Art des Reisens entwickelt: der Weintourismus.
DAS MUSEUM DES WEINS
Die kleine Stadt Peñafiel mit nur rund 5.000 Einwohnern in der Provinz Valladolid ist eines der Nervenzentren des Ribera del Duero. Sie lebt von und für den Wein. Mehr als hundert verschiedene Bodegas öffnen dort ihre Tore unter den wachsamen Augen einer imposanten, mittelalterlichen Burg, die von ihrem Hügel aus Reisende schon von weitem wissen lässt, dass sie ihr Ziel bald erreicht haben. Von Madrid nach Peñafiel gelangt man am besten mit dem Mietauto. Der Weg führt erst 150 Kilometer auf der Bundesstraße A1 Richtung Norden bis Aranda de Duero, die Hauptstadt des Ribera del Duero, und danach 30 Kilometer auf der N122, einer gewöhnlichen Straße in sehr gutem Zustand, Richtung Valladolid. Nach weniger als zwei Stunden wird am Horizont langsam die Burg erkennbar. Innerhalb ihrer Steinmauern, mit deren Bau man bereits im 10. Jahrhundert begann, befindet sich seit 1999 das Museo Provincial del Vino (Provinzmuseum des Weins). Jährlich pilgern mehr als 100.000 Weinliebhaber an diesen Ort.
Die Ausstellung des Museums zeichnet die historische Entwicklung der Weinzone nach, deren Ursprung 2.500 Jahre zurück liegt, und informiert über die technische Verarbeitung der weltberühmten Weine. Darüber hinaus gibt es einen Saal für geführte Weinverkostungen, Kurse und professionelle Weinproben.

José María Palacios, Generaldirektor der Casa del Tabaco, signiert das Barriqueholzstück von Condega in Valduero
Um zur Burg zu gelangen, parkt man das Auto am besten am Fuß des Hügels und bedient sich des kostenlosen Busservices, das zu den Öffnungszeiten des Museums bereitgestellt wird.
EMPFEHLENSWERTE BODEGAS
Viele der Bodegas in Ribera sind für Besucher zugänglich. Zwei von ihnen, die sich am besten auf den Tourismus vorbereitet haben und auch eine enge Beziehung zu Tabak pflegen, sind Valduero, in Gumiel de Mercado (Provinz Burgos), und Emilio Moro, in einem kleinen Dorf namens Pesquera de Duero, weniger als acht Kilometer nördlich von Peñafiel.
Emilio Moro ist ein großes Weingut in Familienbesitz, das seit drei Generationen einige der bekanntesten Weine aus Ribera produziert, wie zum Beispiel den Malleolus. Außerdem ist der momentane Besitzer, José Moro, ein Zigarrenliebhaber und Embajador del Habano (Botschafter der Habano). Im Zuge der Führung erfahren die Gäste mehr über den Herstellungsprozess, die Geschichte des Weinguts sowie die verschiedenen Sorten und Reifungsprozesse. Abschließend wird im oberen Stockwerk eine Weinverkostung dargeboten.

Dank des Weintourismus kann die gastrono- mische Kultur und der Wein in Spanien direkt an der Quelle genossen werden
Das Angebot an Aktivitäten rundum den Wein ist sehr vielfältig und umfasst Besichtigungen, Speisemenüs, Weinproben und mehr – alle Preise können auf der Webseite nachgelesen werden. Wer auf mehr aus ist als eine einfache Besichtigungstour, muss unbedingt reservieren. Auch Firmenfeiern und Versammlungen stehen bei Emilio Moro auf dem Programm. Voriges Jahr zum Beispiel wurde das internationale SalesTreffen von La Aurora Cigars dort veranstaltet.
In Gumiel de Mercado, 13 Kilometer nordwestlich von Aranda de Duero, befinden sich die Bodegas Valduero. Ein Ausflug dorthin ist allein wegen ihrer außergewöhnlichen Konstruktion schon sehr empfehlenswert. Denn die Bodega ist in einem Haus aus dem 15. Jahrhundert untergebracht, und gleich nebenan liegt ein Hügel, in dem eine ein Kilometer lange Tunnelstrecke geschaffen wurde, um die Weine in 40 Metern Tiefe reifen zu lassen. Auf der Hälfte der Tunnelstrecke befindet sich die Membresía la Tenada (das MitgliederKorral), dort sind jene Barricasausgestellt, für die Einzelpersonen oder Firmen die Patenschaft übernommen haben. Darunter trifft man auch auf die Zigarrenmarke Condega und ihren Hersteller, La Casa Del Tabaco. Das in das Gut integrierte Museum zeitgenössischer Kunst ist ebenfalls einen Besuchwert. Dort sind die Werke der Teilnehmer des jährlich abgehaltenen Kunstwettbewerbs El Arte de Valduero ausgestellt. Alle Kunstwerke nehmen mehr oder weniger Bezug auf die Welt des Weins und ihre Komponenten. Und schließlich soll der Speisesaal des herrschaftlichen Guts nicht unerwähnt bleiben. Dort wird neben erstklassiger spanischer Küche und Weinverkostungen auch ein unvergesslicher Ausblick über die Ebene von Castilla geboten. Dieses Plateau im Zentrum Spaniens scheint schierunendlich und ist von Weinreben bevölkert, so weit das Auge reicht. Um Valduero zu besuchen oder dort zu speisen, ist eine Reservierung erforderlich.

Eine der meistbesuchten Bodegas in Ribera del Duero: Emilio Moro
WIE, WANN, WO
Kastilien und Léon, die Region Spaniens, in der sich das Ribera del Duero erstreckt, wurde vom Tourismus lange übersehen, obwohl das Angebot an Geschichte und Kultur schon beinahe konkurrenzlos ist in Spanien. Am besten bereist man die Region im Frühling oder Ende des Sommers, Mai oder September, wenn das Klima mild und für gewöhnlich recht trocken ist. Regnen kann es natürlich immer. Im Winter ist es auf der spanischen Hochebene sehr kalt, dafür kann es im Sommer extrem heiß werden.
Die Hauptstadt Riberas, Aranda de Duero, ist ein bezauberndes spanisches Städtchen mit rund 32.000 Einwohnern und bietet adäquate Unterbringungsmöglichkeiten für jedes Budget. Von Madrid aus braucht man nur knapp eineinhalb Stunden auf der Autobahn. In dieser Stadt, die wie ein großes Dorf wirkt, ist das Weintrinken beinahe schon Pflicht und genauso unumgänglich wie die lokale Spezialität: gebratenes Lamm mit Sa lat (Cordero asado con ensalada). Leider lassen die spanischen Gesetze es nicht zu, dass im Inneren der Lokalitäten geraucht wird. Doch wenn das Wetter es gestattet, findet man in den Fußgängerzonen von Aranda de Duero schöne Terrassen, wo Zigarrenraucher, solange sie auch Wein trinken, stets willkommen sind. Bestellen Sie nur bloß kein Wasser, nicht einmal als Hommage an den Duero.
Fotos: Javier Blanco Urgoiti