In der Ökonomie rund um die Zigarre geht es um weitaus mehr als nur um Angebot und Nachfrage. Wie wir bereits wissen, gibt es beim Tabakanbau bedeutende Faktoren, die die Kosten in die Höhe treiben, darunter Prozess, Arbeit und spezielle Geräte. Aber was noch? Ich habe das Wissen von Larry Palombo, vormals Vice President of Tobacco bei Altadis USA und Veteran mit über 45 Jahren Erfahrung im Premiumtabak-Geschäft, angezapft, um die Wertbestimmung von Tabak besser zu verstehen.
Kultivierung höchster Klasse
„Deckblätter stellen bei weitem die teuersten Komponenten einer Premiumzigarre dar“, erzählt mir Larry. Von Blättern mit Deckblatt-Qualität, die in Connecticut, Nicaragua und Indonesien unter Stoffbahnen angebaut werden, um sie vor der Sonne zu schützen, wird erwartet, dass sie optisch ansprechend, konsistent und makellos sind. Der Prozess ist langsam, arbeitsintensiv und teuer. Im Fall von Connecticut Shade wird dieser nur für Deckblätter eingesetzt, die unter Anwendung spezifischer Methoden kultiviert werden, um die höchste Qualitätsstufe zu erzielen.
Hersteller rechnen damit, zwischen USD 25,- und 45,- pro Pfund (EUR 23,- bis 41,- pro 0,45 kg) für ihre Deckblätter zu bezahlen. Je nach Stärke des Deckblatts werden zwischen sechs und zehn Pfund (2,7 bis 4,5 kg) pro 1000 Zigarren benötigt.
Faktoren für den Preis von Tabaken
Fünf weitere Faktoren können die Kosten von Tabak in die Höhe schnellen lassen:
DIE LAGE – Sonnengereifte Blätter aus Afrika sind hervorragend, aber allein der Transport des Tabaks von entlegenen Farmen in Kamerun zu seinen Abnehmern ist eine kostspielige Herausforderung.
DIE ERNTE – „Der Kaufpreis von Connecticut Broadleaf bei den Tabakbauern ist zwar nicht sonderlich hoch, aber die Verarbeitungskosten und schlechte Ernten machen ihn zu einem der teuersten Tabake, die bei der Herstellung von Premiumzigarren verwendet werden“, informiert Larry.
DIE NACHFRAGE – Sehr gefragt sind die höheren Primings von Ecuador Habano, besonders das kubanische Saatgut. Es ist kräftig, stark und würzig – und sehr beliebt.
DIE BESCHAFFUNG – Es gibt zwei Möglichkeiten, Tabak zu beziehen: Entweder man kauft den Tabak, den man gerade möchte, was die teurere Variante darstellt. Oder man finanziert eine Plantage ein Jahr im voraus und verwendet nach der Ernte den Tabak, den man braucht. Der Tabakbauer verkauft das, was übrig bleibt, an eine andere Tabacalera.
DIE ZEIT – Zigarren mögen aus großartigen Tabaken bestehen, doch die Investition dafür kann im Zuge des Prozesses oft jahrelang auf Lager liegen, bevor sie geraucht werden. Bei Drew Estate wird Liga Privada-Tabak über 18 Monate – oder länger – in Pilónes (Stapeln) fermentiert, womit Tabak im Wert von USD 250.000,- bis 400.000,- (EUR 228.000,- bis 364.000,-) gebunden ist.
Ganz oben auf der Preisliste stehen Connecticut Shade- und Connecticut Broadleaf-Deckblätter. Und erstaunlicherweise auch der in Ecuador aus Connecticut-Samen gezogene Tabek, vom dem ich gedacht hätte, dass er billiger wäre. „Das sollte es auch sein“, meint Larry, „denn es wird nicht unter Stoffbahnen angebaut. Außerdem sind die Kosten für Arbeit und Anbauflächen wesentlich geringer. Zudem beinhaltet ein Pfund Ecuador Connecticut mehr Tabakblätter als echter Connecticut, der bei der Produktion von Zigarren somit kostspieliger ist.“
Rausgeworfenes Geld
Löcher und Brüche führen zu einer drastischen Wertminderung jedes Tabakblatts. Nachdem die Farmer bei Shade-Grown-Pflanzen versuchen, nur Tabak mit Deckblattqualität zu gewinnen, ist jede – von der Natur oder vom Menschen verursachte – Beschädigung fatal für die Zukunftsaussichten dieser Blätter. Deutlich beschädigter Deckblatt-Tabak wird einfach auf den Feldern liegen gelassen. Denn, wie mir gesagt wird, „macht es finanziell keinen Sinn, diesen Tabak zu trocknen, zu fermentieren und zu sortieren“.
Mit sechs bis sieben Pfund (2,7 bis 3,2 kg) Connecticut Shade kann man 1000 Zigarren produzieren, während für die selbe Stückzahl etwa 20 Pfund (rund 9 kg) guter Broadleaf-Deckblätter benötigt werden – drei Mal so viel Gewicht und drei Mal so teuer.
Obwohl der Kaufpreis von Broadleaf relativ gering ist – je nach Qualität und Nachfrage zwischen USD 6,- und 8,- pro Pfund (EUR 5,50 bis 7,30 Euro pro 0,45 kg) –, kommt es bei der Verarbeitung zu einer wahren Kostenexplosion. Im Zuge einer Sortierung und Klassifizierung werden die Blätter mit Deckblatt-Qualität ausgewählt und daraufhin für eine einheitliche Farbgebung und einen einwandfreien Abbrand bis zu einem Jahr fermentiert. Wie mir Larry erzählt, geht dabei viel der Investition verloren, weil die vollständig fermentierten Deckblätter in der Fabrik nur sehr geringe Erträge einbringen: „Teile davon werden für Bundle-Zigarren oder als Umblätter verwendet. Da die Blätter so groß und adrig sind, gibt es ungeheuer viel Abfall. Mit einem gleichmäßigen Blatt kann man nur zwei Premiumzigarren machen … es ist unglaublich, wie viel weggeworfen wird.“
Der Markt wird wohl immer die Preise diktieren, und während sich Trends abzeichnen, Vorlieben entwickeln und die Geschmäcker sich ändern, müssen die Tabakbauern weiterhin die Fixkosten tragen, um uns mit den Zigarren zu versorgen, die wir lieben.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Sommer-Ausgabe 2017 veröffentlicht. Mehr