Joya de Nicaragua Dr.Cuenca and his son

Joya de Nicaragua: Die nicaraguanische Ikone

Keine andere nicaraguanische Zigarrenfabrik ist älter, keine enger mit Land und Leuten verbunden und keine hat mehr dazu beigetragen, um den Weg für Nicaraguas heutige Position als wichtigster Zigarrenhersteller der Welt zu ebnen. „Wir sind eine lebende Geschichtsstunde“, meint Alejandro Martínez Cuenca, seit 1994 Inhaber der Fabrik und vormals Minister innerhalb der nicaraguanischen Regierung. Wir sitzen in seiner tropischen Gartenanlage in Managua, Deckenventilatoren drehen sich sanft über uns und Rauchschwaden von reichhaltigen, kräftigen Antaño Gran Reserva-Zigarren hängen in der schwülen Nachmittagsluft. 

„Als ich die Fabrik gekauft habe, genoss ich es, Zigarren zu rauchen, aber mir war nicht bewusst, wie komplex ihre Herstellung ist“, erzählt er. „Ich kannte JdN, denn zu meiner Zeit als Minister für Außenhandel bat man mich, bei der Erschließung neuer internationaler Märkte für Zigarren zu helfen. Im Zuge der Reparationen nach der Revolution wurde das Unternehmen den Angestellten angeboten, die aber kaum Erfahrung in Verkauf und Marketing hatten. Also kamen sie zu mir und fragten, ob ich mich beteiligen würde.“ Es dauerte über ein Jahr, Alejandro Martínez Cuenca zu überzeugen. 

Aristo, Joya de Nicaragua

Photo: Nick Hammond | Aristo, bekannt für sein strahlendes Lächeln, ist einer der ältesten Arbeiter in der Fabrik und auch Manager des Joya-Softballteams, das im Vorjahr drei Trophäen gewonnen hat

Schwere Zeiten in der Fabrik

Als er eine Bestandsaufnahme machte, stellte er fest, dass das Unternehmen am Rande des Ruins stand. Es produzierte zwar herrliche Zigarren, konnte diese aber nirgendwo verkaufen und saß auf einem Schuldenberg. Die Arbeiter hatten seit Monaten keine Gehälter mehr erhalten und waren auf Kredite und Gaben von Freunden und ortsansässigen Ladenbesitzern angewiesen, um sich und ihre Familien ernähren zu können. Dennoch standen sie jeden Morgen auf und machten sich auf den Weg zur Arbeit. Das ist auch das wahre Wunder dieses Ortes: Seine Leute und das, was sie durchgemacht haben. Sowie die Tatsache, dass rund ein halbes Dutzend der Führungskräfte – heute in der ganzen Fabrik verteilt, um jeden Schritt der Zigarrenherstellung zu beaufsichtigen – diesem Fleckchen Erde, das sie ihr Zuhause nennen, treu geblieben sind. Viele von ihnen arbeiten schon ihr ganzes Leben lang hier. 

Man kann durchaus behaupten, dass nicaraguanische Zigarren ohne JdN heute ganz anders wären – und bei weitem nicht so bekannt in aller Welt. Das Unternehmen war das erste, das zwangsläufig neue internationale Märkte erschloss, als die USA, sein größter Abnehmer, durch das 1985 von Reagan verhängte Embargo abgeschnitten wurde. 

„Wir sind schon sehr lange in Europa vertreten und unsere Zigarren werden weltweit in vielen Ländern geschätzt – von Russland bis Italien, von Japan bis Finnland“, informiert Juan Martínez, Martínez Cuencas jüngster Sohn, der 2013 als Executive President die Führung bei JdN übernahm. „Diese langjährigen Beziehungen bedeuten, dass wir bereits einen Schritt voraus waren, als anderen erst bewusst wurde, dass es wichtig ist, im Rest der Welt Fuß zu fassen.“ Er räumt jedoch ein: „Bei diesem Jubiläum geht es nicht um uns Besitzer, sondern um sie“ – und deutet auf die Rolleretage hinter uns, wo die Arbeiter ihre Holzsessel aufeinanderstapeln und sich auf den Heimweg machen. „Ihre gemeinsame Geschichte ist einzigartig und sie blicken optimistisch in die Zukunft. Nicaraguaner tun das: Wir arbeiten zusammen für eine bessere Zukunft unserer Freunde und Familien.“ 

Die Geschichte von Joya de Nicaragua 

Joya de Nicaragua, die erste Premiumzigarrenfabrik des Landes, wurde 1968 unter dem Namen Nicaragua Cigar Company gegründet. Später ließ Präsident Anastasio Somoza Debayle eine eigene Anlage in Estelí dafür errichten. Er galt als Eigentümer, nachdem er das Unternehmen von den Gründern, den kubanischen Pionieren Simon Camacho und Juan Francisco Bermejo, „erworben“ hatte. Der Name Joya de Nicaragua, den ursprünglich nur eine der Zigarren trug, wurde in der Branche bald bekannt. „Bürgerkrieg, Revolution, US-Embargo, Blutvergießen, Elend, Treue und Familie – all das hat Joya de Nicaragua zu dem gemacht, was es heute ist“, meint Martínez Cuenca, während es Abend wird und der dunkle, gereifte Einlagetabak der Antaño Reserva langsam abbrennt. „Damals beschloss ich, ihnen (den Fabrikarbeitern) zu helfen und ein hoffentlich rentables Geschäft aufzubauen. Dabei habe ich mich erneut in Zigarren verliebt.“ 

Die berühmte, alte Fabrik ist ein wahrlich besonderer Ort – und das trotz der dunklen Kapitel ihrer Geschichte: Sie diente sowohl den Sandinisten als auch den Somoza-Anhängern als Stützpunkt, war Ziel von Luftangriffen und angeblich Schauplatz standrechtlicher Exekutionen. Heute herrscht hier kein Schrecken mehr, sondern ein Gefühl von Freude und Optimismus. Die Leute verrichten gute, traditionsreiche und harte Arbeit und kümmern sich um einander. 

Dr.Cuenca and Panchita

Photo: Nick Hammond |
Dr. Cuenca und Panchita verbinden besondere Bande: Als eine der ersten Arbeiterinnen in der Fabrik gehörte sie zu jener Gruppe, die Cuenca in den frühen Neunzigern überredete, diese zu retten

Auf meine Frage, was JdN für sie bedeutet, antwortet Francisca Gonzáles, die in der Fabrik liebevoll Panchita genannt wird, leise und schulterzuckend: „Mein Leben.“ Wir sitzen im kleinen Garten hinter der Fabrik, wo sie das halbe Jahrhundert, das sie hier verbracht hat, Revue passieren lässt : Von ihren Anfängen als 12-Jährige, als sie auf der Suche nach einem Job war, um ihre Familie zu unterstützen, bis zu ihrer derzeitigen Position als Leiterin der Qualitätskontrolle. Sie steht jeden Morgen um 4.30 Uhr auf und kümmert sich um ihre Enkelkinder, bevor sie Richtung Fabrik aufbricht. An die schlechten alten Zeiten kann sie sich gut erinnern: An Leichen auf den Straßen auf ihrem Weg zur Arbeit, an eine Schießerei in einer Bank zur Mittagszeit, an Präsident Somoza, der persönlich in der Fabrik auftauchte, Anstecknadeln verteilte und die Arbeiter anwies, zur Wahl zu gehen und für ihn zu stimmen. Dennoch hat sie es nie in Erwägung gezogen, sich einen anderen Job zu suchen. „Wir haben so viele harte Zeiten erlebt, aber es käme mir nie in den Sinn, wegzugehen. Die Leute hier sind meine Familie.“ Und zu Alejandro Martínez Cuencas Intervention meint sie mit einem Lächeln, das unser Plätzchen im Garten zum Leuchten bringt: „Er ist mein Schutzengel. Ohne ihn hätten wir heute gar nichts. Die Fabrik würde einfach nicht existieren.“ 

Zukunftspläne

An der Vergangenheit festzuhalten ist für das Unternehmen jedoch keine Option; man strebt nach Innovation. „Wir haben das jüngste Geschäftsführungsteam in der nicaraguanischen Tabakbranche, blicken stets in die Zukunft und beschreiten neue Wege der Kommunikation“, sagt Martínez. „Wir haben erkannt, dass es mehr als einen einzigen Ansatz braucht. Was in einem Land funktioniert, geht in einem anderen vielleicht gar nicht. Deshalb sagen wir unseren Vertriebspartnern nicht, was sie tun sollen und wie, sondern verlassen uns darauf, dass sie uns das sagen und stellen ihnen daraufhin die nötigen Mittel zur Verfügung.“ 

Die Herstellung von hervorragenden Zigarren für andere ist ein wichtiger Teil des Geschäfts, selbst wenn man wenig darüber hört. So werden hier z. B. die Blends von Steve Saka (vormals CEO bei Drew Estate) sowie die Tobacco Lords von Robert Graham und die La Sagrada Familia-Linien geschaffen. 

Und wie sieht die Zukunft aus? „Wir haben einiges vor“, meint Martínez mit einem Augenzwinkern. „Näheres darf ich noch nicht verraten, aber Sie können sich darauf verlassen, dass wir eine Vorreiterrolle einnehmen werden. Unsere Leidenschaft treibt uns Tag für Tag an, die besten Zigarren zu machen und erfinderisch zu sein – auf die für Joya typische Art und Weise.“ 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahrs-Ausgabe 2018 veröffentlicht. Mehr

Nick Hammond ist ein preisgekrönter Autor aus dem Vereinigten Königreich. Er schreibt für renommierte internationale Publikationen über Zigarren, Reisen, Getränke, Essen, Hotels, Luxus und mehr. Nick ist seit 2010 für das Cigar Journal tätig.


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