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J. C. Newman Cigar Co. – Amerikas älteste Cigar Family

Mit 117 Jahren ist die J. C. Newman Cigar Co. das älteste Premium-Zigarrenunternehmen in den USA, das noch immer im Besitz der Gründerfamilie ist. Die Marken Cuesta-Rey, Diamond Crown und Brick House sind weltweit in aller Munde.

 

Der markante Uhrturm lässt sich schon von weitem ausmachen, wenn man sich auf der Interstate 4 dem Zentrum von Tampa nähert. Und seit einer gründlichen Renovierung vor zehn Jahren schlägt das Uhrwerk auch wieder zu jeder Stunde – genauso wie damals zu seiner Entstehung. Edward Regensburg errichtete hier im Jahre 1910 seine Zigarrenfabrik für 1500 Roller und „El Reloj“ (span: die Uhr) bestimmte fortan den Tagesrhythmus im heutigen Stadtteil Ybor City.

Tampa war in den 1920er-Jahren die Welthauptstadt der Zigarrenindustrie mit einer Jahresproduktion von bis zu 500 Millionen Zigarren in etwa 200 Fabriken. Tausende Einwanderer aus Kuba und Spanien folgten den Jobs, die mit der Errichtung immer neuer Manufakturen zu kriegen waren. Die Entwicklung war rasant, wenn man bedenkt, dass die ersten Zigarren hier nicht viel früher als 1886 gerollt wurden, also etwa zu jener Zeit, als sich im fernen Koroncó (im Königreich Ungarn) die Familie Newman dazu entschlossen hatte, nach Amerika auszuwandern.

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Photo: J. C. Newman Cigar Company

Unter ihren fünf Kindern befand sich auch Julius, der 1888 als 13-Jähriger in Cleveland, Ohio, ankam und nach einer mehrjährigen Lehrzeit am 5. Mai 1895 eigentlich notgedrungen seine Ein-Mann-Zigarrenmanufaktur startete. Als einer von damals 42.000 in den USA und 300 in Cleveland, Ohio, registrierten Zigarrenherstellen schaffte er sich auf diese Weise sein Einkommen kurzerhand selbst. Arbeit war nach dem Ausbruch der Wirtschaftskrise, 1893, nämlich Mangelware. Damit war der Grundstein für das Unternehmen gelegt, dessen Geschicke er bis zu seinem Tod im Jahr 1958 leitete.

Zu seinem zweiten Vornamen kam J. C. Newman übrigens durch reinen Zufall: ein Beamter der US-Einwanderungsbehörde bestand auf einen doppelten Vornamen und nannte als „Beispiel“ den römischen Staatsmann und Feldherrn, der bekanntlich Gaius Julius Caesar hieß. Aber so genau wusste das der Staatsangestellte offenbar nicht und trug in das Wählerregister kurzerhand Julius Caeser ein – samt Schreibfehler. Die Anleihe aus der Geschichte gefiel dem jungen Mann so gut, dass er fortan nur noch die Initialen J. C. verwendete.

Rückkehr in den Premium-Markt

Die Geschäfte des jungen Entrepreneurs liefen zwischen den Kriegen und Wirtschaftskrisen recht gut. Er brachte seine eigenen Markenzigarren heraus, errichtete immer größere Fabriken und investierte in die ersten Maschinen, die Zigarren fabrizierten. Das größte Problem der Zigarrenbranche in den 1920er-Jahren war die rasant ansteigende Beliebtheit der Zigarette. Diese Entwicklung spitzte sich derart zu, dass 1927 nur noch zwei Zigarrenhersteller in Cleveland existierten: J. C. Newman und Grover Mendelsohn. Sie wurden als M & N Cigar Manufacturers Partner und Newman leitete das Unternehmen. Einen erheblichen Beitrag zum wirtschaftlichen Überleben trug wahrscheinlich die Entscheidung bei, die Produktion auf maschinengefertigte Zigarren umzustellen.

Zur Untermalung: 1926 betrug der Anteil maschinengefertigter Zigarren am US-amerikanischen Gesamtmarkt gerade einmal 18 Prozent; zehn Jahre später waren es 75 Prozent. Bei M & N produzierten 200 Zigarrenmaschinen-Arbeiter sechs Tage die Woche und in zwei Schichten täglich 120.000 Stück der Marke Cameo … immer noch nicht genug, um die Nachfrage zu befriedigen.

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Photo: J. C. Newman Cigar Company

„Auch nach dem 2. Weltkrieg waren unsere best verkauften Marken Cameo und Student Prince“, erklärt Eric M. Newman, der Enkel des Firmengründers und heute Präsident des Familienunternehmens. „Beide kosteten fünf Cent – einen Nickel, wie wir sagen. Das klingt heutzutage wenig, damals war das quasi der Standardpreis für eine Zigarre. Natürlich waren diese Zigarren maschinengefertigt, aber mehr konnte und wollte der Durchschnittsbürger anno dazumal eben nicht bezahlen.“ Diese Zigarren gingen zuhauf über den Ladentisch.

Das Problem war nur: die fünf dominierenden Zigarrenfabriken in den USA produzierten diese „Nickel- Zigarren“ in riesigen Mengen und kontrollierten auch den Rohtabakmarkt. Eric M. Newman: „Sie versuchten, kleine Hersteller wie unseren Großvater vom Markt zu verdrängen.“ Und das ging so: Den Löwenanteil des benötigten Tabaks produzierten diese Firmen selbst, für etwa drei Dollar je Pfund. „Den Rest kauften sie am freien Markt ein und boten dafür sechs Dollar an. So trieben sie die Preise in die Höhe und manövrierten kleine Manufakturen ins Out.“

J. C. Newman war nahe daran, nach fast 60 recht erfolgreichen Jahren seine Fabrik zu schließen. „Es sei denn, wir finden eine Nische, in der uns die Großen nichts anhaben können“, stellte er die Familie vor eine entscheidende Frage. Das in Betracht kommende Marktsegment waren Premiumzigarren, die zu jener Zeit nur noch in Tampa, Florida, hergestellt wurden. Zehn einschlägige Familienbetriebe gab es dort, die allesamt ausschließlich kubanischen Tabak verarbeiteten. Eric Newman: „Im Alter von 78 Jahren übersiedelte mein Großvater das gesamte Unternehmen von Cleveland nach Tampa an unseren heutigen Stammsitz. Am 5. Juli 1953 nahm mein Vater Stanford hier den Betrieb auf.“

Die Ära des Stanford J. Newman

1938 verkaufte Grover Mendelsohn die M & N Cigar Manufacturers komplett an J. C. Newman. Er war wieder der alleinige Eigentümer und sein Sohn Stanford, der sich in der Firma schon seine Sporen als Verkäufer verdient hatte, trat nach Abschluss seines Studiums voll ins Unternehmen ein. Auf seinen Reisen zu den wichtigsten Tabakregionen in Kuba und Connecticut lernte Stanford J. Newman viel und rasch dazu.

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Photo: J. C. Newman Cigar Company

In Connecticut absolvierte er ein achtmonatiges Training in der Tabakverarbeitung und -sortierung sowie auf den Feldern. Unter Stanfords Federführung erlangte das Unternehmen nationale Bedeutung im großen Markt der Vereinigten Staaten. Die Distribution wurde an die besten Firmen in den großen Ballungszentren ausgelagert, die Zigarren wurden in allen Landesteilen bekannt und verkauften sich gut.

Nach dem Tod seines Vaters J. C. im Jahre 1958 trat ein anderer Mentor ins Leben des Stanford Newman: Karl Cuesta. Dessen Vater, Angel LaMadrid Cuesta (ein Spanier, der nach Kuba und später in die USA ausgewandert war), gründete gemeinsam mit Peregino Rey 1884 die Marke Cuesta-Rey. Und: er war ein enger Freund des damaligen spanischen Königs Alfonso XIII. – ein Umstand, der der Zigarrenmarke wahrscheinlich zu seiner weltweiten Bedeutung verhalf. Immerhin war Cuesta-Rey die offizielle Zigarre des spanischen Königshauses.

Seine beiden Söhne Karl und Angel junior wurden enge Freunde Stanfords und verkauften ihm 1958 die Marken Cuesta-Rey, La Unica und White Heather. Das Angebot, auch gleich ihre anderen kubanischen Labels wie El Rey del Mundo und Sancho Panza zu übernehmen, lehnte Newman allerdings ab. In seiner Biographie schrieb er später darüber: „Ich gebe zu, das war ein Fehler.“ Die erste Cuesta-Rey, die unter Stanford Newmans Eigentümerschaft produziert wurde, war die „95“ (das Gründungsjahr der J. C. Newman Cigar Company). Mit einem Preis von 35 Cent war sie eine der teuersten am Markt. Und sie war ein Verkaufsschlager. Natürlich bestand sie zu 100 Prozent aus kubanischen Tabaken. Aber wie lange noch?

Aufregende Zeiten

Das Embargo gegen Kuba war eine Hiobspost für die Zigarrenindustrie in Tampa. Auch wenn die Vorräte eine zeitlang reichten, irgendwann würden sie zur Neige gehen. „Ja, wir haben noch Havanna-Tabak“, war einer der Werbeslogans des Herstellers Garcia Vega, der die Kunden möglichst lang beruhigen sollte.

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Photo: J. C. Newman Cigar Company

Die Strategie dahinter war aber nur allzu leicht zu durchschauen: Man lagert seinen letzten Ballen Kuba-Tabak im Keller und rühmt sich damit. „Niemand behauptete tatsächlich, weiterhin Havanna in den Zigarren zu verarbeiten“, schreibt Stanford Newman darüber in seinen Memoiren. Natürlich schlummert auch im Keller der Newmans noch ein Ballen Havanna-Blätter vor sich hin. Es ist allgemein bekannt, dass Stanford J. Newman der Vorreiter in der Branche war, der die Vorzüge des Tabaks aus Kamerun als erster erkannte. Auch wenn die Deckblätter aus Afrika bald doppelt so teuer waren wie jene aus Kuba vor dem Embargo, war Stanford Newman von ihrer Qualität überzeugt. Der Erfolg gab ihm recht. Um 1970 war Cuesta-Rey die führende Premium-Marke in den Vereinigten Staaten.

„In den 1980er-Jahren ging das Zigarrenbusiness insgesamt den Bach hinunter. Die Verkäufe gingen zurück, die Kosten hingegen stiegen an und die Konkurrenz aus den aufstrebenden neuen Zigarrenländern wie Nicaragua, Honduras, Ecuador und der Dominikanischen Republik legte ordentlich zu“, erinnert sich Robert C. Newman, der jüngere Sohn Stanfords und heute Vize-President von J. C. Newman an diese Jahre. Er ist seit 1975 im Unternehmen tätig; alle nennen ihn Bobby.

Das entscheidende Jahr 1986

Einen Meilenstein in der Firmengeschichte markiert der 14. Februar 1986. An jenem Valentinstag kauften der damals 70-jährige Stanford Newman und seine beiden Söhne Eric und Bobby alle Firmenanteile der übrigen Familienmitglieder auf.

Auszeichnungen

Stanford J. Newman wurde im Jahre 2006 (posthum) mit der Cigar Trophy Lifetime Achievement unseres Magazins für sein Lebenswerk geehrt.

Im Jahre 2008 wurde die Marke Cuesta-Rey mit der Cigar Trophy Best Value für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aller dominikanischen Zigarren ausgezeichnet.

2010 nahmen Eric M. Newman und Carlos Fuente Jr. die Cigar Trophy der Kategorie Charity & Community für ihre gemeinsame Cigar Family Charitable Foundation entgegen.

„Wir borgten uns dafür eine Riesensumme von den Banken“, lacht Eric heute über das Wagnis. „Manche Entscheidungen im Leben trifft man mit dem Hirn, andere mit dem Herzen. Das war so eine Situation. Und lange dachte ich, das Herz hätte hier dem Verstand den Weg versperrt. Aber heute bin ich froh über unsere Wahl.“

Nur drei Wochen nach der Übernahme sollte sich die Zukunft der Newmans grundlegend verändern.

Carlos Fuente, der inzwischen seine Fabrik in Santiago in der Dominikanischen Republik etabliert hatte und in Tampa seine Manufaktur für maschinengefertigte Zigarren schließen wollte, unterbreitete seinem Freund Stanford einen Businessplan. Wie heute hinlänglich bekannt ist, einigten sich die beiden darauf, dass die Newman-Familie die Maschinenproduktion der beiden Familienbetriebe übernahm, während die Familie Fuente im Gegenzug die handgerollten Zigarren beider Firmen in der Dominikanischen Republik fertigte.

Die erste Marke der Newmans, die aus der Tabacalera Fuente stammte, war La Unica Dominican Primeros – übrigens die erste Premium-Marke, die jemals in Bundles verkauft wurde. Heute ist sie in den USA eine der meistverkauften Premiumzigarren in Bundles.

Cigar Family – eine Erfolgsgeschichte

Anlässlich des 100. Jubiläums der Firmengründung entwickelte Stanford Newman gemeinsam mit Carlos Fuente die Marke Diamond Crown, die erste Zigarrenlinie mit einem einheitlichen Ringmaß von 54 (bis dahin war 52 die dickste Zigarre am Markt). Ein weiterer Meilenstein.

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Photo: J. C. Newman Cigar Company

„Der Zigarrenboom war mittlerweile in vollem Schwung und alle Welt riss sich um unsere Zigarren“, erinnert sich Bobby an die goldenen Jahre. Jeder Erfolg stellte den vorigen in den Schatten, auch noch, als die Boomjahre längst wieder vorüber waren.

Es folgten Linien wie die Diamond Crown Maximus und schließlich die Diamond Crown Julius Ceaser. „Das ist ein Projekt von Drew, dem Sohn meines Bruders Eric, das er anlässlich des 135. Geburtstages von J. C. und gleichzeitig zum 115. Jahrestag der Firmengründung durchgezogen hat. Auf dem Zigarrenring ist sein Urgroßvater mit Olivenkranz auf dem Haupt zu sehen … ganz im Stil Julius Cäsars, aber dennoch unser Julius Caeser“, erläutert Robert.

 Die Zukunft: Perla del Mar & Ponce de León

„Mittlerweile ist das Zigarrenportfolio kräftig gewachsen und deckt viele Geschmacksrichtungen und Preisklassen ab“, erklärt Shanda Lee, Vize-President Marketing bei J. C. Newman. Die beliebte Marke Quorum ist mittlerweile schon in 81 Ländern vertreten, die Brick House in 21, Luis Martinez in mehr als 40 Märkten.

„Seit zwei Jahren arbeiten wir nun an einem Blend namens Perla del Mar“, verrät Eric Newman und Shanda Lee ergänzt: „Die neue Zigarre mit Connecticut Seed-Deckblatt aus Ecuador wird diesen Sommer in vier Formaten auf den Markt kommen. Es ist die erste Neuerscheinung aus Nicaragua seit der Brick House vor drei Jahren und wird auch in der gleichen Preisklasse angesiedelt sein – also viel Geschmack zu einem sehr günstigen Preis. Und es ist unsere allererste box-pressed Zigarre.“

Und das nächste Projekt? Am 27. März 1513 sichtete Juan Ponce de León zum ersten Mal Nordamerika (genauer gesagt: Florida). Der Eroberer hatte zuvor schon an Christoph Kolumbus’ zweiter Amerika-Expedition im Jahre 1493 teilgenommen. Zum 500. Jahrestag, 2013, wollen die Newmans gemeinsam mit Tabacalera Fuente eine Marke gleichen Namens herausbringen. „Wir arbeiten mit Volldampf daran“, verspricht Eric Newman und schmunzelt beim Einwand, dass doch Nicaragua das Zigarrenland ist, wohin jeder Hersteller derzeit tendiert. „Mein Vater sagte uns immer: Wenn alle in die eine Richtung gehen, geht in die andere.“

J. C. Newman Cigar Co.
Portfolio 2012

jc newman portfolio 2012 selection sheet 1

Photo: Wolfgang Hametner

jc newman portfolio 2012 selection sheet 2

Photo: Wolfgang Hametner

 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Sommer-Ausgabe 2012 veröffentlicht. Mehr

His journalistic career began in 1979 as a freelancer for German-language newspapers in the US, and later for Austrian media including Die Wochenpresse and Das Wirtschaftsblatt. For ten years he also produced programs for over 60 radio stations around the world. In 1994, Reinhold C. Widmayer devoted himself to all things cigar, publishing technical articles in cigar magazines. He began working for Cigar Journal in 2001 and became editor-in-chief in 2005; under his auspices the journal has established itself as the world’s leading cigar magazine.


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