George Sosa

Die Straßencowboys der Branche: Mit Zigarren um den Globus

Viele von uns haben schon an dem einen oder anderen Tasting teilgenommen, Veranstaltungen in Zigarrengeschäften oder Messen besucht. Diese Events machen Spaß, denn sie bieten uns die Chance, Gleichgesinnte zu treffen, miteinander ein oder zwei Gläschen zu trinken, feine, handgerollte Zigarren zu genießen und dabei mit Repräsentanten jener Unternehmen zu plaudern, die diese hergestellt haben. Aber wenn Sie nach einem schönen Abend zufrieden nach Hause kommen und Ihren Kopf aufs Kissen legen, dann denken Sie doch auch kurz an diese Straßencowboys der Branche. Denn während Sie Ihren Schönheitsschlaf nachholen, sind diese vermutlich bereits unterwegs zu ihrem nächsten Event. 

George Sosa

Photo: Volker Schäffner | „Sobald ich heimkomme muss ich mein Gleichgewicht wiederherstellen“ – George Sosa

„Ich bin seit fünf Wochen nicht mehr zu Hause gewesen“, erzählt mir George Sosa gähnend beim Frühstück in Nottingham, England, wo gestern Nacht ein Event stattfand. Heute Nacht wird er schon beim nächsten in London sein. Und die Nacht darauf … wer weiß? Er reist als Alec-Bradley-Botschafter quer durch die USA und Europa. „Ich muss Wäsche waschen, meine E-Mails beantworten, die nervige Spesenabrechnung machen und ein wenig Zeit daheim verbringen“, erzählt er mir zwischen ein paar Bissen Speck und Eier. Das Zuhause des Vizepräsidenten für Verkauf bei Alec Bradley Cigars ist Miami und er checkt laufend auf seinem Handy, ob es News gibt. Denn als er die Stadt verließ, wurde sie von Stürmen und Überschwemmungen heimgesucht.

„Sobald ich heimkomme, muss ich mein Gleichgewicht wiederherstellen“, meint er, als ich mich laut frage, wie man so viel reisen kann, ohne dabei den Verstand zu verlieren. „Ich gebe die Wäsche in die Maschine und schalte sie ein, schaue, ob ich dringende E-Mails oder Nachrichten erhalten habe und erledige wichtige Anrufe. Dann nehme ich eine Schlaftablette und schlafe die nächsten 24 Stunden wie ein Murmeltier. So kann ich meine innere Uhr wieder in Takt bringen. Danach bin ich für neue Herausforderungen gerüstet.“ Sosa ist nur einer von vielen Globetrottern in der Branche, die durch die Straßen ziehen, jede Menge Flugmeilen sammeln, Geld für Hotelzimmer ausgeben und Zigarren bei Events an junge Enthusiasten verteilen. 

Rick Rodriguez CAO

Photo: CAO Cigars | „Unterwegs zu sein ist herrlich, manchmal verrückt, manchmal einsam, aber ich liebe es“ – Rick Rodriguez

„Unterwegs zu sein ist herrlich, manchmal verrückt, manchmal einsam, aber ich liebe es“, sagt Rick Rodriguez von CAO. Ich habe ihn schon ein paar Mal zuvor in Amerika und Rotterdam getroffen und er wirkt stets munter und vergnügt. Doch das Leben eines Handelsreisenden in der Zigarrenwelt ist nicht immer ein Zuckerschlecken. „Als Botschafter und Blender von CAO habe ich die Möglichkeit, coole Städte, Länder und Zigarrengeschäfte zu besuchen“, erzählt mir Rodriguez. „Und ich lerne wunderbare Menschen kennen. Wenn es die nicht gäbe, wäre es hart. Denn Reisen ist nicht mehr so toll wie es einmal war, und Flughäfen sind ätzend. Ich überlebe dank meiner Music Playlist.“

Twitter, Facebook und Instagram mögen den Eindruck vermitteln, dass im Leben eines Zigarren-Roadies so richtig die Post abgeht, aber die Realität sieht anders aus. „Manchmal vergisst man, wo man sich gerade befindet“, meint Sosa. „Und es bleibt nicht immer genug Zeit zum Wäschewaschen, was echt ärgerlich ist, denn nach Zigarren-Events muss die Kleidung gereinigt werden. Die unterschiedlichen Zeitzonen machen einem zu schaffen. Und man muss stets in Plauderlaune sein, weil es ja nichts bringt, bei der eigenen Veranstaltung wie ein Mauerblümchen in der Eckezustehen.“ 

Der einsame Aufenthalt auf einem fernen Flughafen ist für einen müden Globetrotter nicht lustig, seine Abwesenheit aber auch für die Familie zu Hause nicht einfach. „Meine Frau Susan, meine Tochter Sara und unser Hund Ziggy vermissen mich“, sagt Rodriguez. „Für mich ist es leichter, denn ich bin meistens von Freunden umgeben, wenn ich unterwegs bin. Aber ich versäume viel, wie etwa Geburtstagsfeiern, Jubiläen und Familientreffen. Gott sei Dank bin ich seit 31 Jahren mit einer Frau verheiratet, die mich unterstützt und versteht, was mein Job bedeutet.“

Was ist also das Geheimnis eines erfolgreichen Geschäftsreisenden? „Zuerst einmal muss man ein bisschen verrückt sein“, witzelt Sosa. „Außerdem braucht man Ausdauer, muss ein geselliger Mensch sein und Zigarren lieben!“ Laut Rodriguez ginge es darum, sich für seine Marke und die Leute zu engagieren, die diese unterstützen. „Glauben Sie mir: Das ist harte Arbeit und nicht immer lustig. Aber es lohnt sich!“ Wenn Sie also das nächste Mal einem müde aussehenden Zigarren-Globetrotter bei einem Event begegnen, dann geben Sie ihm doch einen Drink aus und fragen Sie ihn, wie es ihm geht. Vielleicht haben Sie ja Glück und er verrät ihnen mehr über sein Leben aus dem Koffer. 

Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Frühjahrs-Ausgabe 2018 veröffentlicht. Mehr

Nick Hammond ist ein preisgekrönter Autor aus dem Vereinigten Königreich. Er schreibt für renommierte internationale Publikationen über Zigarren, Reisen, Getränke, Essen, Hotels, Luxus und mehr. Nick ist seit 2010 für das Cigar Journal tätig.


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