Das Ende von Davidoff Vintage-Zigarren?

Wir erleben das Ende des Vintage-Davidoff-Marktes. So lautet die erschreckende Behauptung eines Mannes, der weiß, wovon er spricht. Mitchell Orchant, Geschäftsführer von C.Gars Ltd. und Veranstalter der weltweit größten jährlichen Zigarrenauktionen, glaubt, dass wir die letzten hervorragenden Verkäufe von enorm teuren kubanischen Vintage-Davidoff’s bereits gesehen haben. „Ihre besten Zeiten sind vorbei“, erzählte er dem Cigar Journal nach der jüngsten Versteigerung in London.

Wie bereits in früheren Veröffentlichungen dieser Kolumne betont, erzielten in Kuba hergestellte Davidoff-Zigarren (bevor das Unternehmen 1991 beschloss, die Produktion in die Dominikanische Republik zu verlegen, aufgrund ihrer Qualität und Seltenheit) im Laufe der Jahre erstaunliche Preise. Nach der letzten Vintage-Auktion 2016, bei der ein unglaublicher Betrag von 475.000,– Pfund (EUR 558.658,–) erreicht wurde, traf ich Orchant, um mit ihm die derzeitige Marktlage zu diskutieren. Da ließ er die Bombe platzen – und mir wäre vor Schreck fast meine Por Larrañaga aus der Hand gefallen.
„Wir sehen einfach nicht mehr die früheren Standards“, fuhr er fort. Mir verschlug es indes den Atem.

„Es gab bei dieser Auktion zwar ein paar Lose, aber nichts, das man mit den Beständen vergleichen könnte, die wir in der Vergangenheit hatten, und ich glaube wirklich, dass wir das Beste bereits gesehen haben. Falls es nicht irgendwo riesige Vorräte gibt, von denen ich nichts weiß, bis sie jemand versteigern lässt, dann sind wir am Ende der Straße angelangt.“ Aber sie würden doch zu gegebener Zeit sicher wieder auf den Markt kommen, stammelte ich. „Einige vielleicht“, erwiderte Orchant nachdenklich. „Aber ich glaube, dass die meisten davon nicht gelagert, sondern schon geraucht worden sind.“

Kurzum: In nur wenigen Jahren – genauer seit dem Beginn der Auktionen von C.Gars Ltd. im Jahr 2009 – wurden die Zigarren des Vintage-Davidoff-Markts gekauft, verkauft und geraucht. Ich war ziemlich entsetzt und es dauerte eine Weile – so lange wie der Genuss meiner Petit Corona –, bis ich meine Fassung wiedergewann. Daraufhin folgten lange Diskussionen.

Aufgrund des steigenden Interesses an Vintage-Zigarren – nicht zuletzt hervorgerufen durch Orchants Auktionen und Leute wie mich, die sich Gedanken machen und darüber berichten, was eine Vintage-Zigarre ausmacht – sind immer mehr Sammler und Raucher auf den „Heiligen Gral“ aufmerksam geworden. Jene, die sich diese Vintage-Stücke leisten können, haben sie gekauft und schließlich mit Freunden und Kollegen geraucht.

Es ist interessant, Zeit im „Kontrollzentrum“ von C.Gars Ltd. zu verbringen. Unter dem wachsamen Auge der langjährigen Generaldirektorin Michelle Adler läuft das Zigarrengeschäft des Unternehmens rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr – parallel zu den aufstrebenden Zigarrenauktionen, die, seit sie ins Leben gerufen wurden, Umsätze in der Höhe von rund 6 Millionen Pfund (EUR 7,57 Mio.) verzeichnen. Sobald sich eine neue, leere Ecke im Lager findet, wird diese mit den jüngsten Vorräten bestückt. Der Raum ist bis in den letzten Winkel mit Zigarren und damit verwandten Objekten gefüllt. Im vorweihnachtlichen Rausch glich er einer kleinen Santa Claus-Grotte, in der C.Gars-Elfen mit Säcken voller Köstlichkeiten herumschwirrten. Nachdem es Orchant gelang, das Gebäude nebenan zu mieten, ließ er einen neuen Walk-in-Humidor mit einer niedrigeren relativen Luftfeuchte von 65% bauen, um die sanft schlummernden Zigarren aus längst vergangenen Zeiten zu schützen. Dieser ist nun ebenfalls bis zur Decke mit einigen der kostbarsten Geschenke aus der Welt der Zigarren bestückt. Wenn Sie sich die Fotos anschauen, wird Ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen.

„Seit unserem Einstieg ins Vintage-Geschäft hat sich ziemlich viel geändert,“ informiert Orchant. „Anfangs sind wir ein wenig naiv gewesen und haben Anrufe von Leuten entgegengenommen, die eine Kiste von diesem oder jenem hatten und unbedingt eine Bewertung von uns haben wollten. Als wir diese dann schließlich in Augenschein nehmen konnten, stellten wir fest, dass es sich um von Motten zerfressene, ausgetrocknete alte Stücke handelte, die praktisch wertlos waren! Im Laufe der Zeit haben wir also gelernt, für alle Fälle gerüstet zu sein, um mit den Leuten sowie ihren alten, delikaten Zigarren richtig umzugehen.“

Wie gelangt eine Sammlung von Vintage- Kisten üblicherweise zur Versteigerung? „Meistens erhalten wir einen Anruf. Daraufhin bitten wir um ein Inventar der Sammlung. Wir benötigen in der Regel Fotos, um einige der Stempel und kleinen Details, die nur einem Vintage-Zigarrenhändler bekannt sind, zu entschlüsseln“, erklärt Orchant. „Generell raten wir dem Verkäufer, die Stücke in eines unserer Geschäfte im Land zu bringen, von wo sie dann an mich geschickt werden. Sollte das nicht möglich sein, organisieren wir einen Botendienst oder ich fahre, wenn ich kann, selbst zu den Besitzern, um eine Einschätzung vorzunehmen. Ich den letzten Jahren bin ich quer durch die USA, Europa und Asien gereist, um meine Meinung zu einigen feinen Sammlungen abzugeben. Sobald wir die Zigarren in der Hand haben, überprüfen wir deren Zustand und geben Preisempfehlungen ab. Danach ist es ganz dem Klienten überlassen, wie er weiter vorgehen möchte.“

C.Gars Ltd. verlangt eine Pauschale für den Kauf und Verkauf von Vintage-Zigarren eine Provision von 15%, egal ob die Zigarren bei einer Auktion oder durch einen Privatvertrag verkauft werden. Letzteres bedeutet, dass Verkäufer und Käufer zusammengeführt werden und der Verkauf außerhalb des Rahmens einer Versteigerung erfolgt. „Das ist ein transparentes Verfahren. Käufer und Verkäufer können den Prozess verfolgen und müssen sich auf einen fairen Preis einigen. Bei einer Auktion hingegen erzielen Zigarren einfach was sie erzielen. Es handelt sich also um einen wahren Markttest von Angebot und Nachfrage, und das ist etwas, das mich immer schon interessiert hat“, sagt Orchant.

Zurück zu den Davidoffs. Was wir tatsächlich erleben, während die Vorräte zur Neige gehen, ist das Ende einer Marktphase und der Beginn einer anderen. Ich frage mich, was mit den „neuen“ Davidoffs oder Dunhills von morgen sein wird. „Ich habe zwar einige Ideen, wie ich das wohl auch sollte, aber so ganz genau kann das niemand sagen“, meint Orchant. „Was ich Ihnen aber sagen kann, ist, dass die Käufer bei unseren frühen Auktionen möglicherweise einige sehr gute Deals gemacht haben.“

Stöbern Sie also zu Hause in Ihrem Humidor. Wer weiß, vielleicht verbirgt sich darin die nächste Davidoff Dom Pérignon.

Information

 C.Gars-Auktion
November 2016
Bulgari Hotel, Knightsbridge

• Eine Kiste mit H. Upmann Berlios aus Prä-Embargo-Zeiten erzielte einen Rekordpreis von GBP 39.500,- (EUR 46.432,-).

• Eine Kiste mit 50 La Flor de Cano Short Churchills aus dem Jahr 1992 kam für GBP 5100,- (EUR 5995,-) unter den Hammer.

• Eine Kiste mit 100 Romeo y Julieta Coronations de Luxe Cabinet Seleccion wurde für GBP 12.500,- (EUR 14.694,-) versteigert.

• Die Gesamteinnahmen der Auktion betrugen GBP 475.000,- (EUR 558.658,-)

Nick Hammond ist ein preisgekrönter Autor aus dem Vereinigten Königreich. Er schreibt für renommierte internationale Publikationen über Zigarren, Reisen, Getränke, Essen, Hotels, Luxus und mehr. Nick ist seit 2010 für das Cigar Journal tätig.


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