Während sich unser tägliches Leben immer mehr auf der Überholspur abspielt, neigt Darren Cioffi dazu, den umgekehrten Weg zu gehen. Er ist Weltrekordhalter im langsamen Zigarrenrauchen. Beim Qualifikationsturnier für die Cigar Smoking World Championship (CSWC), das im Sommer in Paris stattfand, brauchte Darren zwei Stunden, 50 Minuten und neun Sekunden für eine Macanudo Inspirado Mareva (42 x 5 1/8). Doch obwohl er den Weltrekord hält und 2014 World Champion wurde, trug beim CSWC-Finale im September 2016 der Schweizer Mirko Giotto den Sieg davon und Cioffi landete auf dem dritten Platz.
Er meint, das Finale sei sehr stressig gewesen, die Zigarren äußerst dicht und er hätte schon zehn Minuten nach Beginn gewusst, dass er wohl kaum gewinnen würde. Der entscheidende Faktor im Wettbewerb sei es, so Cioffi , aufmerksam zu sein. „Darunter versteht jeder etwas anderes. Man kann einer Sache angemessene Aufmerksamkeit schenken und dabei eine gute Zeit haben oder die zwei, drei Stunden, die heutzutage notwendig sind, um zu gewinnen, auf eine Zigarre starren. Diese kann sich jeden Moment verabschieden, weshalb es wirklich absolute Konzentration erfordert, jede Sekunde aus ihr herauszuholen. Das macht viel Spaß, ist zugleich aber auch die langweiligste Beschäftigung der Welt.“
Obwohl Cioffi nach wie vor Weltrekordhalter ist, wird er in der kommenden Saison quasi in Teilzeit-Rente gehen und sich auf die Förderung der Cigar Smoking World Championship konzentrieren, für die es Qualifikationsrunden in aller Welt gibt, vorwiegend in Europa, drei davon aber auch in den Vereinigten Staaten.
„Wenn du Leuten zum ersten Mal von der CSWC erzählst, dann verstehen sie nicht wirklich, worum es geht. Aber sobald sie teilnehmen, sind sie Feuer und Flamme. Deshalb mag ich auch die Qualifikationsturniere, denn Ortsansässige machen einfach spaßhalber mit. Sobald sie ausgeschieden sind, reden sie sofort darüber, was sie das nächste Mal anders machen werden. Menschen wetteifern von Natur aus. Die CSWC ist insofern besonders, da sie das, was wir bereits so gerne mit anderen teilen, um einen noblen Wettkampfaspekt bereichert.“
Mit der Förderung der CSWC verfolgt Cioffi allerdings zwei Ziele: Zum einen möchte er mehr Menschen zur Teilnahme am Wettbewerb bewegen und zum anderen Aufmerksamkeit auf seine Marke Principle Cigars lenken. Das in Nashville ansässige Unternehmen Principle Cigars bedient vorwiegend den europäischen Markt, aber die Zigarren sind auch bei einigen ausgewählten Händlern in den USA, darunter Biggs in Chicago, erhältlich.
Hinter den Zigarren steckt eine interessante Geschichte: An der Highschool entdeckte Cioffi sein Faible für antike Papiere und Dokumente, begann diese zu sammeln und zu verkaufen. Sein spezielles Augenmerk lag hier auf früher Zigarrenlabel-Kunst und Vintage-Zigarren. Während seiner College- und Universitätszeit reiste er um die Welt, um diese Kunstobjekte aufzuspüren, und rauchte jede ausgefallene Zigarre, die er finden konnte. 15 Jahre lang kreierte er Zigarren für sich selbst, Freunde und Familie, überzeugt, dass er mit den Ergebnissen nicht glücklich wäre, wenn er diese auf kommerzieller Basis produzieren würde.
Doch dann traf er 2013 Hendrik Kelner jr. – Sohn des bekannten Tabakgurus Henke Kelner, der durch Davidoff Berühmtheit erlangte –, der kurz davor seine eigene Fabrik [Kelner Boutique Factory (KBF)] in der Dominikanischen Republik eröffnet hatte. Hendrik versicherte Cioffi, dass er die Qualität auch bei einem größeren Zigarrenvolumen beibehalten könne, selbst wenn er weiterhin nur eine kleine Auswahl von ganz speziellem Tabak verwendet. Principle Cigars war geboren.
Der Firmenname stammt von Cioffi selbst, der sich als Mann mit Prinzipien bezeichnet. „Ich las irgendwann einmal ein Zitat, demzufolge die Intelligenten Pläne haben und die Weisen Prinzipien. Ich fand den Namen großartig, denn er ist rein und spiegelt meine Haltung zu allem, was ich tue, wider.“ Cioffi weist auch auf die fantastische Partnerschaft mit Kelner hin: „Hendrik arbeitet hart, und alles, was aus seiner kleinen Fabrik kommt, ist besonders. Er hat wesentlich dazu beigetragen, für uns einzigartigen, hervorragend gereiften Tabak zu finden. Er ist fast schon übertrieben konservativ und das passt perfekt zu unseren winzigen Produktionsserien.“
Cioffi informiert, dass die Aviator-Serie weiterhin produziert wird, aber durch den Einsatz von seltenem Tabak zwangsläufig limitiert ist. Dabei handelt es sich um die komplexesten und dynamischsten Blends von Principle Cigars. Die einzelnen Aviator-Vitolas ähneln einander zwar in Geist und Stil, weisen allerdings verschiedene Blends auf. Der Grund dafür sei, so Cioffi , reine Logik: „Man kann nicht einfach sagen, ich mag diese Robusto jetzt im Format 6 x 60, und davon ausgehen, dass es funktioniert. Sobald man das Verhältnis – von Einlage über Umblatt zu Deckblatt – ändert, muss man die Blends ohnehin justieren, besonders wenn so geschmacksintensive Tabake im Spiel sind. Ist es also nicht sinnvoller, für jede Vitola einen speziellen Blend zu entwickeln, der das gewünschte Erlebnis zum Ausdruck bringt, als das Rezept einer anderen Zigarre anzupassen?“
Von jedem Zigarrenformat werden weniger als zehntausend Stück pro Jahr produziert. Die Envoi ist eine Robusto (5 x 50), die Vainqueur mit Maßen von 6 1⁄2 x 56 das Flaggschiff der Linie und die Cochon Volant eine Figurado (5 x 65), die laut Cioffi einem „Flying Pig“ gleicht, da sie eine übertrieben konische Form und einen geschlossenen Fuß hat. Darüber hinaus gibt es noch eine weitere Aviator: die Grande Pyramide (7 1⁄2 x 60), mit USD 25,- (EUR 22,-) pro Stück die teuerste, aber zugleich auch sehr limitierte Zigarre der Linie. Sie besteht aus einem Blend von Tabaken aus fünf Ländern, pro Tag werden nur zehn Stück hergestellt. Diese rollt der Manager der Kelner Boutique Factory höchstpersönlich.
Zudem hat Principle Cigars eine zweite, traditionellere Linie namens Accomplice, wo bei den einzelnen Vitolas der gleiche Blend zum Einsatz kommt. Innerhalb der Accomplice- Serie gibt es vier Formate, die jeweils mit wunderschönen Satin-Ringen in verschiedenen Farben ausgestattet sind: violett steht für den Corojo-Blend, grün für Maduro, weiß für Habano und blau für Connecticut.
Was die Zukunft betrifft, konzentriert sich Cioffi auf langsames Wachstum. „Wir freuen uns sehr, bei J.J. Fox und Harrods im Vereinigten Königreich vertreten zu sein, die ein Synonym für Luxus in diesem Teil der Welt sind.“ Er schließt nun internationale Partnerschaften mit ähnlichen Händlern und will den Fokus im nächsten Jahr noch mehr auf den europäischen Markt richten. So stellte er kürzlich in Dortmund die Frothy Monkey, geschaffen für die gleichnamige berühmte Kaffeehauskette in Nashville, vor. Verwendet wird ein exklusives dominikanisches Cotui-Deckblatt, das der Zigarre ihren frischen Geschmack mit Zitrus- und Schokoladenoten verleiht.
Das Frothy Monkey-Aushängeschild ist eine Zigarre im Format 5 x 40 mit einem Affenschwanz am Kopfende und kostet USD 5,- (EUR 4,50). Principle Cigars richtet den Blick aber auch auf Asien, wo das Unternehmen langsam seine Präsenz in Indien, Singapur und anderen Ländern ausbaut. Das sei, so Cioffi , „spannend, denn hier gibt es enorme Wachstumschancen in Märkten, in denen Zigarrenraucher gerade erst beginnen, die außergewöhnlichen nichtkubanischen Optionen, die ihnen zur Verfügung stehen, schätzen zu lernen“.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Winter-Ausgabe 2016 veröffentlicht. Mehr