Für seine Jugend hat Christian Eiroa eine beeindruckende Zigarrenkarriere vorzuweisen. Wenn man sich vor Augen führt, dass der 44-Jährige seine erste Zigarre (eine La Fontana aus väterlichen Betrieb) erst im Alter von 20 Jahren beim familiären Thanksgiving Dinner anzündete, kann man unschwer erahnen, dass Christian Eiroa nie Zeit zu verschwenden hatte. Auch wenn er schon als Kind auf den elterlichen Farmen eifrig mitgearbeitet hat, seine Zigarrenkarriere startete er erst nach dem Studium. Camacho hat er zu einer der bekanntesten und renommiertesten Zigarrenmarken gemacht … und 2008 an Oettinger Davidoff verkauft. Seinen wahrscheinlich tiefsten Fußabdruck in der Welt der Zigarre verdanken wir seiner Vorliebe für Corojo-Tabak. Christian hat die Tabaksorte in eine neue Blütezeit geführt. Und mit seinen jüngsten Marken wie Eiroa, CLE oder Asylum ist er – zurückhaltend formuliert – sehr erfolgreich unterwegs. All das geschah in atemberaubender Geschwindigkeit.
Es ist gerade einmal 22 Jahre her, als die Eiroas die damals in Nicaragua produzierte Marke Camacho von der Familie des verstorbenen Simon Camacho gekauft hat – das war 1995. Drei Jahre später, Christian Eiroa war 26 Jahre alt, übernahm er die Leitung des Familienunternehmens namens Caribe Imported Cigars und machte sich daran, mit neuen Blends für Camacho zu experimentieren. Er gewann die Eigentümer von Two Guys Smoke Shop dafür, sie bei ihren Kunden zu testen. David Garofalo erinnert sich gern daran: „Ja, wir waren die Versuchskaninchen für Camacho. Es war spannend und eine Ehre zugleich. Ein ganzes Jahr lang haben wir verschiedene Formate, Ringe, Kistendesigns und Verpackungsgrößen, kräftige und weniger kräftige, aber nie milde Blends sowie verschiedene Preisniveaus dem Urteil unserer Kunden unterzogen. Danach wurde Camacho national wie auch international mit überwältigendem Erfolg gelauncht.“ Diesen Durchbruch kann man an einem Datum festmachen: es war die RTDA-Show 2000 in San Antonio.
Christian Eiroa amüsiert sich noch heute: „Wir boten eine Camacho Habano und eine Camacho Corojo an. Sie sollten im Geschäft 1,95 und 2,95 US-Dollar kosten und waren im Handumdrehen ausverkauft. Als ich gegenüber meinem Geschäftspartner Sal (Salvatore Fontana) meinte, wir hätten Mist gebaut und zu billig verkauft, zog er sich ins Büro zurück. Nach einer Weile kam er triumphierend zurück und erklärte das Problem für gelöst. Er hatte kurzerhand alle Händler durchgerufen und ihnen klargemacht, dass es sich bei den Preisen um Druckfehler handelte. Im Endeffekt zahlten alle um einen Dollar mehr.“ Der Durchbruch am Markt war aber nicht ausschließlich dem Preis zuzuschreiben. Es war der Corojo, den Christians Vater mit viel Liebe kultiviert hatte und der den Jungunternehmer faszinierte. „Corojo ist nicht sehr ergiebig. Die Pflanze ist kleinwüchsig, wird vielleicht 170 Zentimeter hoch, ist anfällig für Blauschimmel und man bekommt davon nur 20 bis 30 Prozent Deckblätter. Deshalb hat man die Sorte in Kuba seit 1987 nach und nach ersetzt. Von den neuen Hybridsamen wie Corojo ’99 und ’06 kriegst du zwar die doppelte Ausbeute, aber der authentische Samen produziert eben einen unvergleichlichen Geschmack, ist kräftig, süß im Abgang, einfach sehr angenehm. Deshalb liebe ich ihn so sehr.“ Der Corojo-Samen wurde übrigens von einem gewissen Diego Rodriguez auf dessen Farm Santa Ines del Corojo nahe San Luis in der Provinz Pinar del Rio entwickelt und seine Deckblätter galten lang als die besten der Welt.
Die Familie verließ Kuba wegen Castros Revolution. Der Enkel des Farmers und enge Freund von Christians Vater, überließ diesem den wertvollen Samen zur weiteren Verwendung. Christian Eiroa setzte den Corojo so gut in seinen neuen Zigarren ein, dass es zu einem wahren CorojoHype kam. Camacho sprengte einen Verkaufsrekord nach dem anderen, erzählt er: „Von 2001 bis zum Verkauf der Marke im Jahr 2008 erlebten wir eine 82 Monate lange Erfolgssträhne. Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat schrieben wir mehr Aufträge als davor – sieben Jahre lang.“ Der Erfolg hatte aber auch seinen Preis. Mit dem Wachstum (auf zuletzt rund zwölf Millionen Zigarren und 1300 Mitarbeiter) stiegen die Aufgaben wie auch das Maß an Verantwortung. Christian Eiroa spulte bis zu 90.000 Meilen mit dem Auto ab, dazu kamen fast 200 Flugstunden pro Jahr. Er war kaum mehr zu Hause bei Familie und Kindern anzutreffen und realisierte schließlich, dass er aufgebraucht war. Dieser Umstand wird den Entschluss, die Marke Camacho zu verkaufen, wohl begünstigt haben. Christian blieb noch einige Jahre bei Oettinger Davidoff, bis die Integration der Marke beim neuen Eigentümer abgeschlossen war. Danach folgte Zeit für die Familie, fürs Fischen, Fliegen, Golf …
Vor fünf Jahren kehrte Christian Eiroa zurück ins Zigarrengeschäft, und zwar mit einer zentralen Überlegung: „Was würdest du anders machen, wenn du nochmals beginnen könntest?“ Er gründete CLE Cigars, die Initialen stehen für Christian Luis Eiroa, in Honduras und – gemeinsam mit dem langjährigen Freund Tom Lazuka – Asylum Cigars in Nicaragua. Vor allem mit Asylum befriedigt Christian seinen Drang, verrückt und bisweilen etwas kindisch sein zu dürfen. „Ich liebe es zu experimentieren, Fehler zu machen, spontan zu sein und durchgeknallte Ideen umzusetzen“, enthüllt er. Und wieder gelang es ihm, Zigarrengeschichte zu schreiben, diesmal mit abstrusen Formaten wie 6×60, 7×70 und 8×80. Und wieder hat er damit einen Trend im Markt losgetreten, der andere Hersteller quasi dazu zwingt, zu folgen. Ohne Umschweife bekennt er, dass der Erfolg ein unerwarteter Glückstreffer war: „Für das traditionellere Projekt CLE habe ich rund vier, fünf Monate an Planung investiert. Asylum Cigars hingegen war in drei Stunden geboren.“
Im Vorjahr produzierte Christian Eiroa etwa dreieinhalb Millionen Zigarren, also um fast 20 Prozent mehr als 2015. „Wir sind ein gesunder Betrieb mit solidem Wachstum“, zeigt er sich zufrieden. „Natürlich könnte man auch mehr machen, aber dann musst du auch Abstriche in Kauf nehmen, etwa bei der Produkt- oder deiner Lebensqualität. Ich fühle mich sehr wohl mit unserer Firmengröße.“ Während der Hauptmarkt für seine Produkte natürlich in den USA liegt, ist er gleichzeitig davon überzeugt, dass Europa und Asien künftig immer wichtiger werden. Frankreich ist für CLE Cigars jetzt schon ein sehr guter Markt, ebenso wie Spanien. Dank des Engagements von Hanspeter Hagmann, den Christian schätzen lernte, als der noch Topmanager bei Oettinger Davidoff in Basel war, sind seine Zigarren heute auch in Deutschland, der Schweiz, Österreich, den Niederlanden, Schweden, Großbritannien, Rumänien, Litauen und Lettland vertreten, um nur einige zu nennen. CLE Cigars produziert hauptsächlich zwei Marken: CLE mit derzeit sieben Linien und Eiroa mit drei Linien, wobei Eiroa mit seinen handverlesenen Blättern, extra langer Reifelagerung und teilweise speziellen Holzkisten aus kontrolliertem Anbau am oberen Ende der Preisskala rangieren.
Die Eiroa 4 x 48 war übrigens die Zigarre des Jahres 2015 im Cigar Journal. Die jüngste Eiroa-Serie mit dem Beinamen The First 20 markiert Christians ersten 20 Jahre im Zigarrenbusiness, die Betonung liegt offenbar auf erste … Christian Luis Eiroa ist zweifellos eine der prägenden Persönlichkeiten des Zigarrenbusiness … und gleichzeitig ein äußerst gewinnender Zeitgenosse. Das Arbeitstier in ihm ist energisch, ungeduldig, rastlos und rebellisch, jedenfalls aber davon getrieben zu wetteifern und zu gewinnen. Privat ist er eher still und die Ruhe liebend. Am meisten genießt er es, sich allein in seinem Heimkino bei einem guten Film oder einer Sportübertragung zurückzuziehen. Dann schenkt er sich ein Glas Jack Daniels ein, zündet eine Zigarre an und verliert sich gern in Gedanken, wenn er den flüchtigen Rauchschwaden folgt. Die zweiten 20 Jahre haben begonnen …
INFORMATION
100+ Jahre Tabaktradition
Im späten 19. Jahrhundert emigrierte Generoso Eiroa von Spanien nach Kuba mit dem Traum nach einem besseren Leben. Um 1913 kam er beruflich erstmals mit Tabak in Verbindung – als Schiffskapitän für die Cuban Land and Leaf Tobacco Company. Im Jahr 1915 kaufte er 40 Hektar Land im Vuelta Abajo-Tal. Die Farm benannte er später zu Ehren seiner Frau und Christians Großmutter „La Victoria“.
Die CLE Collection
CLE Azabache (TAA Exclusive 2016)
5 x 50, 6 x 54, 6 x 60 (medium-full)
CLE Chele (box-pressed)
5 x 50, 6 x 46, 6 x 52, 6 x 60 (medium-full)
CLE Connecticut
5 x 50, 5 3⁄4 x 46, 6 x 60, 6 1⁄4 x 54 (medium)
CLE Corojo
5 x 50, 5 3⁄4 x 46, 6 x 60, 6 1⁄4 x 54 (medium-full)
CLE Habano
5 x 50, 5 3⁄4 x 46, 6 x 60, 6 1⁄4 x 54 (medium-full)
CLE Prieto (box-pressed)
5 x 50, 6 x 46, 6 x 52, 6 x 60 (medium-full)
CLE Signature
5 x 50, 5 1⁄2 x 46, 6 x 52, 6 x 60 (medium)
Alle Kisten à 25 Stück. Die Linien Chele und Prieto werden in der Fabrik NACSA in Estelí, Nicaragua, gerollt, alle anderen Zigarren kommen aus der Eiroa-Fabrik Aladino in Danlí, Honduras.
Asylum Cigars
Asylum Cigars werden – mit einigen Ausnahmen – in Estelí, Nicaragua, bei NACSA hergestellt. Aus der Eiroa-Fabrik Aladino in Danlí, Honduras, kommen die Linien Asylum 13 Corojo und Connecticut, Asylum Insidious und Insidious Maduro sowie Asylum Nyctophilia. Die drei Linien Insidious (mild), Insidious Habano (medium) und Insidious Maduro (medium+) werden als Einsteiger-Zigarren propagiert. Die Größen reichen vom kleinen Corona-Format über Robusto und Lancero bis hin zur gigantischen 8 x 80 | 203 x 32 mm.
Die Asylum Schizo-Linien sind besonders preiswerte Bundle-Zigarren (Mixed Filler), die ebenfalls in Nicaragua produziert werden.
Copyright Fotos: Juan Carlos Reina