Der kubanische Zigarrenhersteller Corporación Habanos, S.A. hatte gegen die Bezeichnung von Zigarren aus nicht-kubanischem Tabak mit „Kuba“ und anderen kubanischen Herkunftsbezeichnungen geklagt. Nachdem das Landgericht München I der Klage vollumfänglich stattgegeben hatte und das OLG München in zweiter Instanz die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hatte, hat nunmehr der Bundesgerichtshof die von der Beklagten eingelegte Beschwerde gegen die vom Oberlandesgericht München nicht zugelassene Revision zurückgewiesen. Das Urteil des Oberlandesgerichts München ist damit rechtskräftig.
Anlass und Gegenstand des Rechtsstreits war die Verwendung von Begriffen wie z.B. „Habano Seed“, „Piloto Cubano“, „Habano Deckblatt“, „Habano Ecuador Deckblatt“, „Habano-Samen Deckblatt aus Ecuador“, „Cubra – das edle Feuer von kubanischem Criollo“ oder „Binder Habano Jalapa – Nicaragua“ für aus nicht-kubanischen Tabaken hergestellte Zigarren / Zigarillos. Kern des Rechtsstreits war also die Frage, ob die geographischen Herkunftsangaben „Cuba“ oder „Habano“ – oder daraus abgeleitete Angaben – für nicht-kubanische Tabake verwendet werden dürfen, insbesondere wenn zugleich „ent-lokalisierende“ Angaben wie zum Beispiel Ecuador oder Nicaragua für das Herstellungsland der so gekennzeichneten Tabake verwendet werden.
Das Oberlandesgericht München (Aktenzeichen 6 U 120/22) hatte bestätigt, dass solche Angaben unzulässig sind, und zwar auch dann, wenn die außerhalb von Kuba angebauten Tabake ihren Ursprung auf Kuba gehabt hätten, weil die Samen von dort nach der kubanischen Revolution in andere Länder mitgenommen worden wären. Ob solche strittigen Behauptungen stimmen, hatte das Gericht offengelassen, denn in seiner Beurteilung kann ein ursprünglich auf Kuba gezogener Samen, der an einem anderen Ort über mehrere Vegetationszyklen vermehrt wurde, nicht ohne weiteres mit einem auf kubanischem Gebiet gezogenen Tabak gleichgestellt werden. Vielmehr können jenseits genetischer Eigenschaften unter anderem auch Boden- und Klimaverhältnisse – das jeweilige „Terroir“ – die Eigenschaften und Qualität des Tabaks beeinflussen, zumal die einjährige Tabakpflanze zu jeder Erntesaison neu ausgesät werden muss.
Zum besonderen Ruf von „Kuba“ und „Havanna“ hatte bereits die Vorinstanz, das Landgericht München (Aktenzeichen 33 O 9392/20) der Sache nach ausgeführt, dass die Insel Kuba und seine Hauptstadt Havanna einmal für ein Lebensgefühl, aber auch stellvertretend für Zigarrengenuss stehen. Daher haben nach Auffassung des Landgerichtes München I die Bezeichnungen ,,Havanna“ und ,,Kuba“ in Bezug auf Zigarren und ihre Bestandteile auf Grund der Qualität und Auswahl der verarbeiteten Tabake und auf Grund der Art der Herstellung ein entsprechendes Ansehen hinsichtlich der Qualität. Der Käufer solcher Zigarren verbinde – ebenso wie ein erheblicher Teil der Nichtraucher – mit den Bezeichnungen ein besonderes Prestige.
Das Oberlandesgericht München hatte diese Feststellung im Ergebnis bestätigt und ausgeführt, dass es dem jeweiligen Verbraucher nicht einmal bewusst sein muss, woraus konkret sich die Qualität kubanischer Tabakprodukte ergibt, ausreichend ist vielmehr die allgemeine – tatsächlich bestehende – Vorstellung, dass derartige aus Kuba stammende Produkte eine besondere Qualität aufweisen. Damit hat das Oberlandesgericht München den besonderen Ruf der geographischen Herkunftsangaben „Kuba“ und „Havanna“ ausdrücklich und erneut bestätigt.
Die Beklagte hat sich weiterhin mit dem Argument zu verteidigen versucht, die geographischen Herkunftsangaben hätten sich zu nicht geschützten Gattungsbezeichnungen oder Sortenbezeichnungen entwickelt. Wie das Landgericht hat auch das Oberlandesgericht München der Sache nach festgestellt, dass eine solche Denaturierung mit dem entsprechenden Verständnis als Gattungsbezeichnung in den maßgeblichen Verkehrskreisen, nämlich insbesondere – gelegentlichen – Rauchern von Zigarren oder Nichtrauchern, die Zigarren als Geschenk kaufen, nicht gegeben ist.
Nach Ansicht beider Instanzen beeinträchtigen Bezeichnungen wie zum Beispiel „Habano Seed“, „Piloto Cubano“ oder „Habano Deckblatt“ den besonderen Ruf der geographischen Herkunftsangaben „Kuba“ und „Havanna“ ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise. Zusätzliche Angaben wie „aus Ecuador“ oder „Jalapa – Nicaragua“ änderten nichts an diesem Ergebnis. Mit den Worten des Oberlandesgerichts München: die Beklagte begibt sich durch ihre Verwendung der streitgegenständlichen Bezeichnungen in die Sogwirkung der geschützten geographischen Herkunftsangaben „Kuba“ und „Havanna“, um von deren Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und damit im Wege eines Imagetransfers die hiermit verbundenen Gütevorstellungen auf die eigenen Waren zu verlagern.
Das Oberlandesgericht München hat die Revision gegen sein Urteil zum BGH nicht zugelassen. Dagegen hatte die Beklagte Beschwerde eingelegt und ausgeführt, dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu den von der Beklagten vorgebrachten Einwänden notwendig sei. Die Einwände befassten sich mit den Fragen, ob ein angebliches wettbewerbswidriges Verhalten der Klägerin einem Erfolg der Klage entgegenstehe, ob die fraglichen Herkunftsbezeichnungen zu einer Gattungsbezeichnung degeneriert seien, ob ein grundsätzliches Freihaltebedürfnis an deren Verwendung für nicht-kubanische Tabake bestehe und ob erläuternde Zusätze – wie ein Sternchen-Zusatz mit Verweis auf Tabakanbau außerhalb Kubas – beachtlich seien. Das Oberlandesgericht München hatte all diese Einwände als unbeachtlich angesehen.
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die von der Beklagten vorgebrachten Rügen nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch im Übrigen nicht erfordert (Aktenzeichen I ZR 74/23).
Das Urteil des Oberlandesgerichts München ist damit rechtskräftig.